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Willi schrieb am 3.8. 2009 um 10:16:45 Uhr über

Abhärtung

Meine Stiefmutter hätte es am liebsten gesehen, wenn ich das ganze Jahr hindurch kurze Hosen getragen hätte. Wenn es wenigstens Lederhosen gewesen wären, das hätte ich sogar mitgemacht. Aber ich musste extra kurze dünne Shorts tragen, die zwei Nummern zu klein gekauft wurden, damit sie stramm saßen. Mutters zweites Hobby war nämlich, dass sie mich liebend gern und wegen jeder Kleinigkeit mit dem Rohrstock verdrosch, und die Hiebe zogen auf den Shorts natürlich besser durch. Die Hosen musste ich nicht runterziehen, weil Mutter sehr prüde war. Ich habsie nie nackig gesehen. Meinem Vater war es egal was sie mit mir machte. Den Rohrstock nahm er selbst gern zur Hand wenn er von der Maloche kam, aber in meine Bekleidung mischte er sich nicht ein. Von Dezember bis Ende Februar durfte ich zwar eine Trainingshose überziehen, aber nur auf dem Schulweg und draußen. In der Schule zog ich sie, als ich etwas älter war, trotz Verbots nicht aus, aber daheim musste ich es.

Mutter war in einem Damenkegelklub. Ich war 12 als sie eines Abends heim kam und sagteIn der Wirtschaft fehlt ein Kegeljunge. Das kannst du machen und dir Taschengeld verdienen.“ Den Vorschlag fand ich gut. Bis jetzt hatte ich 1 Mark pro Woche gehabt. Jetzt waren es 50 Pfennig pro Abend, und ich sollte an vier Abenden helfen. Der Wirt verlangte von den Kegeljungen „Dienstkleidung“ – weiße Turnhosen und ein rotes Polohemd, woGut Holz“ draufstand auf der Bahn. Und Mutter befahl, dass ich mich schon zu Hause umzog und auch im Winter so zur Arbeit ging. Aber das waren nur 10 Minuten, wenn man sich warm rannte. Auf der Bahn war es im Winter hinten auch saukalt. Nur vorn war geheizt.

Der andere Kegeljunge auf der zweiten Bahn war der Sohn vom Wirt. Der zeigte mir das Bilderaufstellen. Manchmal half er mir auch, wenn seine Bahn leer war. Wenn ich beim Bilderkegeln selbst mal was falsch machte oder wenn er mir absichtlich einen Streich spielte, wurde immer ich angeschrieen und nach vorn gerufen. Mutter hatte einen Rohrstock auf der Kegelbahn deponiert, und sie verdrosch mich dann vor all den Frauen, die sie auch noch anfeuerten.

In vielen Arbeiterfamilien ging es damals nicht zimperlich zu. Aber nur wenige mussten so frieren wie ich. Geprügelt wurden viele von meinen Kumpels. Doch die Stiefmutter hatte richtig Spaß daran. Ich selbst hätte meine Jungs später auch gern mit Gürtel und Rohrstock verhauen, aber das war nun verboten. Und in richtig kurzen Hosen konnte man sie auch nicht mehr auf die Straße schicken. Jetzt waren dämliche Bermudas Mode. Und die auch nur im Sommer!



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