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wuming schrieb am 20.7. 2010 um 20:18:37 Uhr über

Brokkoli

Brokkoli-Patent
Geschütztes Gemüse
Die Patentierbarkeit von Pflanzenzüchtungen kommt auf den Prüfstand. Am Dienstag und Mittwoch verhandelt die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes in München über dasBrokkoli-Patent“.
Von Friedrich Schmidt

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Einem britischen Unternehmen wurde 2002 das sogenannte Brokkoli-Patent gewährt
20. Juli 2010 Gegen »Patente auf Pflanzen und Tiere« wird an diesem Dienstag vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München demonstriert. Und schon am Montag beschäftigte sich, ebenfalls in München, eine Tagung mit Patenten auf Saatgut. So wollen sich Umweltschutzorganisationen wie »Greenpeace«, »Kein Patent auf Leben«, »Save Our Seeds« und weitere Gegner der Biopatente Gehör verschaffen. Denn drinnen, in dem großen Bau am Ufer der Isar, werden sie nicht das Wort ergreifen können, wenn Patentinhaber und Beschwerdeführer vor der Großen Beschwerdekammer des Amts streiten. Deshalb wird die Diskussion um die Patente Nummer EP 1069819 (»Brokkoli«) und EP Nummer 1211926 (»Tomate«) um technische Fragen kreisen - obwohl diese Patente, geht es nach ihren Gegnern, ethische Grundfragen sowie die Zukunft der Landwirtschaft berühren.

Das sogenannte Brokkoli-Patent wurde 2002 dem britischen Unternehmen Plant Bioscience gewährt. Es schützt ein Auswahlverfahren, mit dem der Anteil des Stoffs Glucosinolat, der Krebs vorbeugen soll, in den Pflanzen erhöht werden kann, indem es die für den Stoff verantwortlichen Gene im Brokkoli-Erbgut ermittelt und mit »Marker-Genen« kennzeichnet. Die Pflanzen mit dem Stoff werden für die Zucht ausgewählt. Das Patent gilt auch für Brokkoli-Samen und -Pflanzen, die mit Hilfe des Verfahrens gewonnen werden. Es werden also konventionelle Zuchtverfahren mit einem gentechnischen Schritt kombiniert. So ist es auch beim sogenannten Tomaten-Patent, das 2000 vom israelischen Landwirtschaftsministerium angemeldet wurde; es bezieht sich auf ein Zuchtverfahren, mit dessen Hilfe Tomaten mit geringem Wassergehalt gewonnen werden können.


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Patentamt: Folgenabschätzung ist Aufgabe des Gesetzgebers


Demonstranten vor dem Europäischen Patentamt in München
Um patentierbar zu sein, muss ein Verfahren »technisch« sein, darf nicht »biologisch« sein. Bisher hat das EPA die Selektionsmethoden, die sich auf »Marker-Gene« stützen, als technische und damit patentierbare Verfahren eingestuft. Die Beschwerdeführer gegen die beiden Patente - zwei Unternehmen aus Frankreich und der Schweiz sowie der niederländische Unilever-Konzern - wandten jedoch 2003 beziehungsweise 2004 ein, dass es sich bei den geschützten Methoden um »im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzensorten und Tierrassen« handele, die nach dem Europäischen Patentübereinkommen von 1973 nicht patentierbar sind. Die zuständige Technische Beschwerdekammer legte diese Frage wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung 2007 der Großen Beschwerdekammer des EPA vor, die entschied, beide Fälle zusammen zu behandeln.

Nun teilt das EPA vorsichtshalber mit, »die Frage nach der Patentierbarkeit von Pflanzen und Tieren steht nicht zur Diskussion«. Zu klären sei, ob ein Zuchtverfahren, »das aus Schritten der Kreuzung und Selektion von Pflanzen besteht«, nur dann unter das Patentierungsverbot falle, »wenn diese Schritte Phänomene widerspiegeln oder Phänomenen entsprechen, die in der Natur ohne menschliches Zutun auftreten könnten«. Und, fügt das Amt hinzu, »eine soziale, ökonomische oder ökologische Folgenabschätzung« liege nicht in seiner »Kompetenz und Möglichkeit«. Das sei eine Aufgabe des Gesetzgebers, wird gleichsam entschuldigend mitgeteilt.

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Denn Einwände gegen Biopatente werden schon längst auch außerhalb des Umweltschützer-Lagers erhoben. Befürchtet wird, dass die Patentierung von Zuchtmethoden lediglich ein Umweg, eine Hintertür ist, um Patentschutz für Tiere und Pflanzen zu erreichen. Christoph Then, der Greenpeace im Bereich der Biopatente berät, sagt, die Marktkonzentration sei beim Saatgut schon stark fortgeschritten - drei bis vier Konzerne dominierten den Markt. Anfang dieses Monats kam ein Gutachten des Beirats für Biodiversität und genetische Ressourcen beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu dem Schluss, dass Biopatente den Rückgang der Artenvielfalt verstärken könnten. Laut dem Präsidenten des Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, droht ein »Stillstand durch die Schaffung von Monopolen«. Und der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter fordert, dass die Kombination biologischer und technischer Selektionsschritte keinen Anspruch auf ein Herstellungsverfahren begründen dürfe, das die Produkte umfasst.

Die Entscheidung wird frühestens im Oktober erwartet
Auch nach Auffassung des Bundeslandwirtschaftsministeriums ist die Reichweite der Biopatente ein Problem. Denn anders als das Sortenschutzrecht, das Züchtern Zugang zu dem Saatgut geschützter Pflanzen bietet, gewährt das Patentrecht dem Erfinder exklusiven Schutz - während zwanzig Jahren vom Tag der Anmeldung an. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte, zwar seien Patente biotechnischer Verfahren »für den Schutz des geistigen Eigentums notwendig. Kritisch wird es aber, wenn ein Verfahrenspatent auch für die damit erzeugten Tiere und Pflanzen und vor allem deren Nachkommen Gültigkeit hatDie Schöpfung gehöre allen. »Wir dürfen nicht Personen oder Unternehmen exklusive Rechte oder gar die Kontrolle über Nutztiere und Nutzpflanzen einräumenAm 9. September sollen die europäischen Länder auf einem Symposion des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Brüssel die Frage der Reichweite von Biopatenten erörtern.

Denn ein nationaler Alleingang wäre aus Sicht des Ministeriums wenig effektiv, weil die große Masse der Anmeldungen im Bereich der Biopatente über das EPA erfolgt. Nach Angaben des Amts sind derzeit schon rund hundert Patente erteilt worden, die, wie bei »Brokkoli« und »Tomate«, konventionelle und technische Schritte kombinieren - achtzig betreffen Pflanzen, zwanzig Tiere, Tendenz steigend. Das Milchleistungspatent etwa betrifft die Identifizierung und Isolierung eines Gens bei Kühen, das mit einer erhöhten Milchleistung in Verbindung gebracht wird; der Schutz umfasst auch die Nachkommen der entsprechend gezüchteten Tiere. Das sogenannte Schweinepatent, gegen das im April vorigen Jahres vor dem EPA demonstriert wurde, schützte ein Verfahren, mit dem ein Gen aufgespürt werden kann, das Schweine schneller fett werden lässt. Weil der Patentinhaber, ein amerikanisches Unternehmen, nicht auf den Einspruch der Biopatente-Gegner reagierte, gilt dieses mittlerweile als widerrufen.

»Brokkoli« und »Tomate« bleiben indes bis auf weiteres gültig: Die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des EPA wird frühestens im Oktober erwartet.



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