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gats schrieb am 20.5. 2003 um 02:22:28 Uhr über

Freundschaft


Deutsch-amerikanische Freundschaft

Goedart Palm 18.05.2003

Nachkriegspolitik zwischen beleidigten Staatsoberhäuptern und einem
harmonieverdächtigen UN-Sicherheitsrat

Der US-Präsident ist über Kanzler Schröders schnöde Kriegsabsage noch immer
beleidigt. Während also US-Außenminister Colin Powell in Berlin weilt, um die
strapazierten Beziehungen zu entspannen und für Washingtons neue UN-Resolution
zu trommeln, trifft Bush den gerade in Washington weilenden hessischen
Ministerpräsidenten Koch - zufällig, rein zufällig. Der Kanzler will an derlei
welthistorische Zufälligkeiten, an die schlechteren Treppenwitze der Weltgeschichte,
nicht glauben. Kurz angebunden und verstimmt soll er auf Powells Mission reagiert
haben.






Foto: Bundesbildstelle




Irgendwie will es mit der deutsch-amerikanischen Freundschaft seit dem Ende der
uneingeschränkten Solidarität nicht mehr so recht klappen. Freundschaftsbeteuerungen
folgen Brüskierungen und umgekehrt. Und das Telefon des US-Präsidenten schweigt
vorwurfsvoll. Souveräne Politik großer europäischer Nationen ist für Bush unerträglich.
Und so setzt es also diplomatische bzw. undiplomatische Ohrfeigen für den
Spielverderber und Drückeberger Schröder. Nicht zuletzt wird sich Bush aber wohl auch
an die Ergebenheitsadressen der CDU so wohlig erinnert haben, allen voran die von Frau
Merkel ( Petze beim Großen Bruder und Christian Homeland Security),
die keine hiesige Unpopularität scheute, um Bush artig in den Antischurkenkampf zu
folgen.




Nun ist die Instrumentalisierung des Beleidigtseins eine Kategorie weltpolitischen
Handelns, die wohl dem Anschauungsunterricht des Kindergartens entlehnt ist und die
Frage nach der Rationalität dieses Handelns ebenso schlüssig beantwortet, wie sich die
Inhalte der US-Politik selbst beschreiben. Es gibt also nicht nur eine Arroganz der Macht,
sondern auch ihre Stillosigkeit, die nach den bisherigen Akten der bitteren Posse und dem
persönlichen Zuschnitt der Akteure indes niemanden mehr verwundern sollte. Colin
Powell, der Mann für's Moderate, wird daher auch an diese mesquine Front der
präsidialen Sprachlosigkeit geschickt, weil man sich den Dauerzwist mit Alteuropa
schließlich doch nicht leisten kann.

In einem SZ-Interview kommentiert der US-Außenminister seine German Good Will Tour
so: "In der vergangenen Zeit haben Deutschland und Frankreich eng zusammen gearbeitet,
um unserer Politik zu schaden. Wenn jemand eine Wahl getroffen hat, dann waren es die
beiden. Die USA verlangen von niemandem, dass er wählen muss." Der letzte Satz wird
erst so rund: Niemand soll glauben, dass er gegen die USA eine Wahl zu treffen hätte.
Damit das ja nicht missverstanden wird, hat Powell auch noch ausdrücklich den über den
Wolken schwebenden Falkenkurs gutgeheißen, notfalls wieder ohne Konsens der
Weltgemeinschaft zu handeln.

Die Politik der USA nimmt also Schaden, wenn einer nach den Kriegsgründen fragt und
auf Antwort wartet. Bis auf den heutigen Tag sind trotz massiver Anstrengungen der
US-Truppen während und nach dem Krieg, die noch nachhaltiger als die Maßnahmen der
UN-Inspektoren waren, keine Massenvernichtungswaffen gefunden worden (
Auf der Suche nach den Kriegsgründen). Dazu gibt es keine vernünftige
Erklärung der Regierung in Washington. Kein Wort des Bedauerns. Keine Entschuldigung,
wo inzwischen allenfalls eine Abbitte gegenüber den Kritikern dieses Kriegs von Stil
zeugen würde. Stattdessen assistiert nun Hessens Chef-Koch auch noch Bush mit der
ministeriellen Unterwerfungserklärung, es sei nun Schröders Aufgabe, den ersten Schritt
zu tun. Verkehrte Welt.

In der nächsten UN-Resolution geht es nur noch ums Öl und andere
Geschäftsinteressen

Amerikas Hegemonialpolitik setzt sich nun im Nachkriegsprogramm für den Irak fort. Fast
wie eine Neuauflage des Ringens um die UN-Kriegsresolution erscheint dabei das Streben
nach einer Friedensresolution für den Irak. Allein das Pathos und die Plakate fehlen
diesmal, wo es jetzt nicht länger um kostbares Blut, sondern nur noch um billig
sprudelndes Öl geht. Amerika bastelt also eifrig an der UN-Resolution, bessert hier und
dort ein bisschen nach, hofiert ein wenig in diese und jene Richtung. Denn diesmal soll es
ein 15 : 0 Ergebnis im Sicherheitsrat geben. Der Sicherheitsrat als Postwar-Abnickverein
- better late than never.

Den Kritikern der Resolution stößt auf, dass Amerika den völkerrechtswidrigen Krieg (
Der Wille zum Krieg triumphiert über das Recht) nun mit Hilfe des
Sicherheitsrats nachlegitimieren will. Auch die nachgebesserte Resolution räumt den USA
und Großbritannien weit reichende Rechte in der Verwaltung des Landes ein. Zentral
dabei ist der Streit um die Aufhebung der UN-Sanktionen. Frankreichs und Russlands
Forderung nach einer Rückkehr der Waffeninspektoren vor Aufhebung der Sanktionen
wird von den USA strikt abgelehnt. Die USA wollen bekanntlich die Handelssanktionen
sofort fallen lassen, um das Öl möglichst schnell in die richtigen Hände fließen zu lassen.
Auch der missvergnügte Kanzler hat nun immerhin erklärt, dass die Sanktionen keinen
Sinn mehr machen und so schnell wie möglich aufgehoben werden sollten. Das ist zwar
nicht der ganz korrekte Kotau, um Bushs Verärgerung zu besänftigen, aber immerhin ein
Schritt in die richtige Richtung.

Die Arbeit der Waffeninspektoren - das ist allen klar - wäre in der Tat nur ein Spielzug
der Macht bei der Frage, welche Rolle der UNO zukommt. Die Vorstellungen, was nun
jenseits der sinnlosen Suche nach Massenvernichtungswaffen eine vitale Rolle der UNO
beim irakischen Wiederaufbau sein könnte, gehen weiter auseinander. In dem
überarbeiteten Resolutionsentwurf der USA bleibt es dabei, dass die Mitglieder der
Kriegskoalition die Entscheidungsgewalt über die Geschicke des Irak bis zur Bildung
einer irakischen Regierung nicht aus den Händen geben wollen. Und dieser Prozess kann
sich in einem politisch, ethnisch und religiös zerstrittenen Land noch erhebliche Zeit
hinziehen. Vermutlich jedenfalls so lange bis die Weichen der irakischen Demokratie so
gestellt sind, dass Washington auch wirklich die Regierung bekommt, die es sich verdient
hat.

Hinter dem Resolutions-Gerangel regieren die unverhohlenen Geschäftsinteressen.
Insbesondere Russland als Nichtteilnehmer an der Koalition der Willigen sieht die mit
Saddam Hussein vereinbarten Öl-Deals in Gefahr und will zudem auch Schulden in Höhe
von zig Milliarden Dollar eintreiben. Eine Schuldentilgungsregelung ist nun in dem
kosmetisch überarbeiteten Resolutionsentwurf vorgesehen, wenngleich deren
Konkretisierung noch diverse Unklarheiten birgt.

Doch diesmal könnte Amerika mehr Glück in der UNO haben. Denn in UNO-Kreisen gilt
wohl, dass man den Leviathan nicht noch mehr reizen will. Überflüssig, nach Gründen zu
fragen, wo doch jeder weiß, dass auf die Koalition der Willigen noch viele Aufgaben
warten und amerikanische Freundschaft das politisch wertvollste Gut in Zeiten
nachwachsender Schurken ist.
















Kommentare:
kollateralschaden ... (liquidnight2, 19.5.2003 2:27)
Alpha Tiere und die, die ihnen nachäffen... (Kesha, 19.5.2003 2:17)
gutheißen ok, aber zu welchem zweck ? (liquidnight2, 19.5.2003 1:38)
mehr...










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last modified: 18.05.2003
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