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Tommy der Träumer schrieb am 14.7. 2009 um 22:48:58 Uhr über

Jenseits

Diese Assoziation ist der vierte Teil eines kleinen Zyklus, die ersten drei Teile behandeln die Stichwörter »Sündenfall«, »Gral« und »Prophet«, sie sind hier zu finden:

http://www.assoziations-blaster.de/blast/S%FCndenfall.3.html

http://www.assoziations-blaster.de/blast/Gral.17.html

http://www.assoziations-blaster.de/blast/Prophet.28.html


Man muß sie nicht vorher lesen für diesen Text, aber ich fände es zumindest schön.

Und es geht weiter:

Nachdem ich die Stadt verlassen hatte, umfing mich plötzlich ein scharfer Wind, und schlagartig setzte starker Regen ein, der aber schon sehr bald in Schneefall überging. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, daß man so frieren könnte, niemals geglaubt, daß sich in so rasender Eile eine geschlossene Schneedecke bilden könnte. Und doch war es so.
Der Niederschlag hörte auf; zitternd lief ich durch die weißgewordene Landschaft. Recht unvermittelt und für mich überraschend tauchte vor mir ein Junge auf, dessen Alter ich auf 12 Jahre schätzte. Er war schwarz gekleidet: sowohl seine Jeans, seine Schuhe als auch sein T-Shirt waren schwarz. Obwohl er noch dünner als ich angezogen war und auch keine Jacke anhatte, schien er nicht zu frieren.
»Hallo Tommy«, sprach er mich an, wobei ich es sehr seltsam fand, daß er meinen Namen kannte.
»Hallo«, erwiderte ich nur, denn ich begann mich an die seltsamen Vorkommnisse zu gewöhnen, und ich fror ohnehin zu sehr, als daß ich Lust gehabt hätte, lange Fragen zu stellen.
»Du irrst wohl schon eine ganze Weile ziellos umher, wie mir scheintmeinte er sanft.
»Ganz recht«, bestätigte ich nur.
»Komm mit mir, ich werde dir den richtigen Weg zeigen. Du wirst ihn nicht gemeinsam mit mir zu Ende gehen, aber auf dem letzten Abschnitt wirst du meine Führung auch nicht mehr benötigen. Folge mir
Ich tat, wie geheißen und lief eine Weile hinter diesem sonderbaren Jungen hinterher. Wir gelangten zu dem Ufer eines Flusses, dessen Wasser noch nicht gefroren war. Dort hatte ein kleines Boot angelegt, das offenbar schon eigens auf uns gewartet hatte.
»Steig ein«, sagte der Junge zu mir. Ein düster wirkender Fährmann, der im Boot saß, sah mich mißtrauisch an und sagte, als ich meinen Fuß in das Bott setzte: »Was macht der hier? Er lebt
In diesem Moment konnte ich den Fährmann erst richtig erkennen und sah, daß er nur noch aus Knochen, die in eine Mönchskutte gehüllt waren, bestand.
»Es hat seine Richtigkeit, daß er mitfährt. Sträube dich nicht dagegen«, sagte der Junge mit einer Strenge, die ich von ihm nicht erwartet hätte.
»Ja, Herr«, sagte der Fährmann, und da er seinen Kopf senkte, vermutete ich, daß er sogar beschämt war.
»Wer bist dufragte ich daraufhin den Jungen.
»Ich bin der Tod«, antwortete er, »ich werde dir noch einmal gegenübertreten, aber erst in vielen Jahren. Ich wähle gern diese Gestalt, wenn ich mit den Menschen spreche, damit sie sich nicht unnötig vor mir fürchten
»Und wo führst du mich hin
»Zum Konstrukteur, oder zumindest zu dem Weg, der zu ihm führt,. Er wird dich nach Hause bringen. Aber zuvor müssen wir mein Reich durchqueren.«
Wir legten am anderen Ufer an. Der Tod lief vorneweg, ich folgte ihm. »Wir müssen zu meiner Schattenstadt, und diese mußt du durchqueren und durch die hintere Pforte verlassen. Durch die vordere Pforte geht ein jeder, dessen Lebenszeit zu Ende gegangen ist
Er hatte kaum ausgesprochen, als die von ihm erwähnte Pforte auch schon sichtbar wurde. Eine lange Schlange von Menschen stand dort und wartete auf den Einlaß. Der Tod ging aber links an der Schlange vorbei, wobei sich alle Wartenden vor ihm verneigten; ich folgte ihm.
Wir betraten nun eine Halle, in der ebenfalls zahlreiche Menschen saßen und offenbar warteten. Plötzlich schallte ein Name, den ich nicht richtig verstand, durch den Raum, und einer der Wartenden erhob sich.
»Wohin geht erfragte ich den Tod leise, denn es schien mir nicht angemessen zu sein, hier laut zu sprechen.
»Er geht zur Einweisungsstelle. An dieser kommen wir auch vorbei, also folgen wir ihm einfachDer Aufgerufene lief durch einen kurzen Korridor und betrat dann eine weitere Halle, in der zahlreiche Tische aufgebaut waren; außerdem gab es Galerien, in denen zahlreiche grau gekleidete Frauen und Männer saßen, deren Gesichtern aber Augen, Nasen und Münder fehlten, nur Ohren besaßen sie. Vor jedem Tisch stand einer der Verstorbenen, hinter jedem Tisch standen zwei Personen, die wie richtige Menschen aussahen, eine in schwarz, eine in weiß gekleidet. Jeder Mann stand vor zwei Männern, jede Frau vor zwei Frauen. An allen Tischen sprach eine der beiden Personen; immer, wenn eine weiße Person das Wort ergriff, nickten die grauen Gesichtslosen, was Zustimmung auszudrücken schien, wenn eine schwarze Person zu reden begann, schüttelten sie, anscheinend mißbilligend, die Köpfe.
»Was geschieht hierfragte ich.
»Jedem verstorbenen werden hier alle Taten seines Lebens vorgelsen, die guten wie die bösen. Die weißen Gutachter erwähnen die guten Taten, die schwarzen die bösen. Das kann natürlich eine Weile dauern. Anschließend wird dem Neuankömmling sein Haus in meiner Stadt zugewiesen.«
»Und sonst geschieht nichts? Es gibt also keine weitere Belohnung oder Strafe
»Das Verlesen der Taten selbst, noch dazu in Anwesenheit der grauen Zeugen, ist selbst Lohn oder Strafe, denn keine Tat wird ausgelassen, keine Schuld, keine Verantwortung. Dies ist der Ort des Lobes, aber auch der Ort des Tadels und der grenzenlosen Beschämung. Denn denke nur einmal an die gefürchteten Despoten der Geschichte: sie werden hier an jeden Menschen erinnert, dessen Tod sie zu verschulden haben, an jeden einzelnen. Deshalb ist die Einweisung der meisten von ihnen auch noch gar nicht beendet. Einige von ihnen werden noch 50.000 Jahre, manche sogar noch viel länger vor einem dieser Tische stehen, und sie werden wenig gutes über sich hören und sehr viel schändliches. Dies ist dem Konstrukteur Strafe genug
»Und was geschieht nach der Einweisung
»Dann bewohnen die Leute die Häuser, in die sie eingewiesen wurde. Die Häuser der guten Menschen sind etwas konfortabler, aber ansonsten gibt es keinen großen Unterschied. Es sind vor allem Orte der inneren Einkehr, und natürlich auch weitere Aufenthalte des Wartens
»Und worauf warten sie
»Das kann dir der Konstrukteur sicherlich besser erklären
Wir gingen weiter durch die Halle, und im Augenwinkel sah ich einen kleinen Jungen, der gerade sehr zerknirscht aussah, während der schwarze Mann sprach; doch offenbar war seine Einweisung in diesem Moment auch abgeschlossen, denn er reichte anschließend beiden Gutachtern die Hand und verließ seinen Platz. Ich begann darüber nachzudenken, was ich in meinem Leben bisher alles verkehrt gemacht hatte und begann mich vor diesem Einweisungsraum zu fürchten. Wie lange würde bei mir dereinst der schwarzgewandete Gutachter sprechen?
Während solche Gedanken durch meinen Kopf geschwirrt waren, waren wir ins Freie gelangt. Dort standen die Häuser der Toten, und sie sahen von außen betrachtet tatsächlich alle gleich aus. Wir gingen nun eine Straße lang, die bisweilen von Einwohnern überquert wurde, was aber nur selten vorkam. Schließlich wurde die hintere Pforte sichtbar, die aus purem Gold zu bestehen schien.
»Unsere Wege trennen sich hier, Tommy«, sagte der Tod. »Wir werden uns einst an der vorderen Pforte erneut begegnen. Gehe nun hindurch, und steige die Treppe hinauf, dann wirst du zum Konstrukteuer gelangen
Wir schieden freundlich voneinander, dann schloß er die Pforte auf, und ich durchschritt sie und fand mich nun in der Tat vor einer Treppe wieder, die nach oben führte. Hinter mir konnte ich hören, wie die Pforte wieder geschlossen wurde.


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