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Vik schrieb am 22.5. 2016 um 09:41:36 Uhr über

Künstlertum

Als Künstler werden heute meist die in der Bildenden Kunst, der Angewandten Kunst, der Darstellenden Kunst sowie der Literatur und der Musik kreativ tätigen Menschen bezeichnet, die Kunstwerke schaffen.

Im Kontext der deutschen Geistesgeschichte ist dagegen das Künstlertum nicht nur lapidar ein Beruf, sondern eine menschliche Daseinsform. Für Goethe und Schiller war der Künstler der Inbegriff eines gebildeten Menschen.[1][2] Diese philosophische Auffassung zieht sich als roter Faden von der Klassik über Wilhelm von Humboldt, zu Thomas Mann und vielen weiteren. Die allgemein-gesellschaftliche Reduzierung des umfassenden Begriffs des Künstlers als kreatives, gebildetes Individuum der Lebenskunst zur alleinigen Berufsbezeichnung fand erst im letzten Jahrhundert statt.

Inhaltsverzeichnis

1 Heutiges Berufsbild
1.1 Gesetzliche Definition in Deutschland
1.2 Gesetzliche Definition in Österreich
1.3 Künstlerin
2 Ausbildung
3 Künstlerische Berufe
4 Selbstverständnis bildender Künstler im historischen Wandel
5 Zeitgenössische Künstler
6 Siehe auch
7 Literatur
8 Weblinks
9 Einzelnachweise

Heutiges Berufsbild

Die Abgrenzung künstlerischer Tätigkeit zu Handwerk und Kunsthandwerk ist fließend. Dabei kann der Grad der Originalität einer künstlerischen Idee, eines Entwurfs, einer Ausführung oder einer Darstellung entscheidend sein. Ebenso ist die Grenze zur „nutzbringenden“ Technik nicht immer eindeutig feststellbar.

Abgesehen von reinen freischaffenden Künstler/innen sind Auftraggeber für künstlerische Arbeit neben Privatleuten oft staatliche Stellen, Kirchen, Firmen oder Mäzene, zum Teil über Förderpreise und Stipendien. Daneben kann der Künstler auch fest beschäftigt sein (Regisseure des Schauspiels, Berufsmusiker, historisch auch der Hofmaler).

Auftraggeber, die Kunstfreiheit nicht achten, fordern oft, dass Künstler/innen religiöse oder politische Vorgaben erfüllen und ikonologische und modische Eingriffe hinnehmen sollen.

Gesetzliche Definition in Deutschland

Das Künstlersozialversicherungsgesetz in Deutschland bestimmt:

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.“

– § 2 Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten

Das Gesetz orientiert sich an typischen Berufsbildern: Ein Grafik-Designer oder Musiker gilt als Künstler, ein Möbeltischler als Handwerker.[3] Die deutsche Künstlersozialkasse nennt vier Berufssparten, die ihre Leistungen erhalten: Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Musik und Wort. Visuelle Kommunikation und Design werden zur bildenden Kunst gezählt. Schriftsteller mit oder ohne Kunstanspruch sind im Bereich Wort publizistisch Tätige. Der Umsatzsteuersatz für Künstler und Freischaffende beträgt in Deutschland 7 %.[4]

Gesetzliche Definition in Österreich

Den Begriff definiert das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz:

Künstlerin/Künstler im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in den Bereichen der bildenden Kunst, der darstellenden Kunst, der Musik, der Literatur, der Filmkunst oder in einer der zeitgenössischen Ausformungen der Bereiche der Kunst auf Grund ihrer/seiner künstlerischen Befähigung im Rahmen einer künstlerischen Tätigkeit Werke der Kunst schafft.“

– § 2 (1) Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz

Die Rechtssetzung fasst den Begriff durch die Formulierung „zeitgenössischen Ausformungen“ offen auf und ist insgesamt sehr werkorientiert:

Künstler ist, wer kunstschaffend ist.

Eine künstlerische Tätigkeit[5] istnach der steuerlichen Rechtsprechung – „immer dann gegeben, wenn eine persönlich eigenschöpferische Tätigkeit in einem umfassenden Kunstfach aufgrund künstlerischer Begabung entfaltet wird.“[6] Der Begriff eigenschöpferisch wird bei Musikern, Dirigenten, Schauspielern und Regisseuren auch auf reproduzierende Tätigkeiten als künstlerisch ausgedehnt.[7] Weiters ergänzt aber der Abs. 2 Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz:

Wer eine künstlerische Hochschulausbildung erfolgreich absolviert hat, weist jedenfalls die künstlerische Befähigung für die Ausübung der von der Hochschulausbildung umfassten künstlerischen Tätigkeiten auf.“

Damit fallen auch beruflich als Künstler einschlägig ausgebildete unter den Begriff künstlerische Tätigkeit, was im Besonderen die Lehrtätigkeit mitumfasst.

Einkommensteuerrechtlich kann ein Künstler sowohl im Rahmen eines Dienstverhältnisses (Arbeitnehmer) tätig sein als auch selbständig, und rechnet dann im Allgemeinen auf Werkvertragsbasis ab.[8] Umsatzsteuerrechtlich ist der Begriff dahingehend relevant, dass freischaffende Künstler in Österreich nur 10 %[9] Umsatzsteuersatz verrechnen.
Die Malerinnen Molly und Helene Cramer in ihrer Malschule 1900
Künstlerin

Künstlerinist im alltäglichen Sprachgebrauch, unterstützt durch Forderungen der feministischen Linguistik, eine selbstverständliche Berufsbezeichnung und wird in staatlich bestimmten Zusammenhängen gleichgestellt zuKünstlerverwendet, so in Deutschland,[10] oder oben zitiertem österreichischen Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz. In diesem Fall ist geschlechtergerechte Sprache zu Alltagskultur geworden. Damit soll der Anteil der Leistungen von Frauen in der Kunst sichtbarer, ihre verdrängte Geschichte in der Kunst bewusster, und die beruflich teils andere Situation von Künstlerinnen leichter darstellbar werden. Dagegen sind Formulierungen wieweiblicher Künstlerdie Ausnahme.
Ausbildung

Oft wird der Grad einer Befähigung Künstler zu sein, stereotypisch anhand einer Ausbildung bemessen; so wirdreine Kunsteher in einem Studium an Hochschulen bzw. Kunsthochschulen gelehrt, während kommerzielle, pragmatische Kunstaspekte eher an Fachhochschulen vermittelt werden. Weiter gefasst spielt eine Ausbildung zum Künstler jedoch keine Rolle; es finden sich zahlreiche Autodidakten in der Kunstszene, die Wert darauf legen keine Ausbildung zu besitzen. Wer als Künstler angesehen wird, hängt entscheidend vom vorherrschenden oder individuellen Kunstbegriff ab.
Künstlerische Berufe

Typische Kunstberufe nach Kunstfach sind:

Bildende Kunst: Bildhauer (z. B. Steinbildhauer oder Metallbildhauer) – Maler – Medailleur – Medienkünstler – Grafiker – Konzeptkünstler – Graffiti-Künstler
Visuelle Kommunikation: Comiczeichner – Grafiker – Illustrator – Grafikdesigner – Mediengestalter
Darstellende Kunst einschließlich Filmkunst: Dramaturg – Opernsänger – RegisseurSchauspielerTänzerFilmemacher – Visual JockeyArtist - im weiteren Sinne auch Pornodarsteller
Musik: MusikerSängerKomponistDirigentDJ
Literatur: Schriftsteller – Romancier – Essayist – Lyriker
Angewandte Kunst, einschließlich Design und Mode: ArchitektFotografKunstschmied – Graveur – Keramiker – Maskenbildner – Kostümbildner – Bühnen-/Szenenbildner – DesignerModeschöpfer
Kleinkunst: ZauberkünstlerPuppenspieler – Kabarettist

Selbstverständnis bildender Künstler im historischen Wandel

Anhand von Selbstporträts seit der Renaissance lässt sich nachzeichnen, wie sich der Stand der malenden Künstler, ihre Haltung zur Gesellschaft und zu sich selbst im Laufe der Jahrhunderte verändert haben. Während bis zum ausgehenden Mittelalter der bildende Künstler namentlich unbekannter Handwerker war, er sich dann zuerst noch zurückhaltend in assistenza selber zeigt, wie Botticelli oder Dürer, kann man bis hin in die Gegenwart das sich verändernde Selbstbild nachweisen, das nach der Einführung des Genie-Begriffs und dem Divino artista im Verlauf der Renaissance, folgender barocker Selbstsicherheit bis hin zu Vincent van Gogh der kritischen Selbstüberprüfung voller Zweifel weicht.[11]
Zeitgenössische Künstler

In der Zeitgenössischen Kunst sind Künstler, die im internationalen Kunstbetrieb wahrgenommen werden, nicht auf traditionelle Kunstsparten zu reduzieren. Ihre Rolle verändert sich durch interdisziplinäre Herangehensweisen, durch Bezüge zu geisteswissenschaftlichen oder naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, durch neue Kunstformen in neuen Medien, siehe Digitale Kunst, und durch die ständigen Veränderungen auf dem Kunstmarkt und im Kunstbetrieb. Literatur, Film, Musik, Theater und Bildende Kunst gehen in Neuen Medien ineinander über und die Grenzen zwischenreiner Kunst“, Lart pour lart, engagierter Kunst und Kunstkommerz sind durchlässig.

Welche Werke und Künstler am Kunstmarkt begehrt sind, hängt von vielen Faktoren ab. Nicht immer sind allein künstlerische und kunsthistorische Qualitäten ausschlaggebend. Die mediale Darstellung des Künstlers und seiner Kunst können die Wertschätzung stark beeinflussen. Deshalb arbeiten Künstler oft im Verbund mit professionellen Vermittlern, wie Kunsthändlern, Galeristen und Kulturmanagern. Der Name eines Künstlers kann in solchen Vermarktungszusammenhängen zur Handelsmarke werden und seine mediale Präsenz zu Kapital. Die Orientierung an bekannten Künstlernamen und ihre ständige Erwähnung (engl.: namedropping) gehört daher zu den Eigenheiten des Kunstbetriebs, ähnlich dem Starkult in der Musik. Dagegen steht das Ideal, sich als Betrachter unvoreingenommen auf Kunstwerke einzulassen und von ihrer Qualität ausgehend eine Künstlerin oder einen Künstler zu entdecken.
Siehe auch

Die Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Betrachter
Divino artista
Frauen in der Kunst
Kunsthochschule
Kunstkompass
Künstlerroman
Lampenfieber
Liste von Bildhauern
Liste von Künstlermuseen
Liste von Malern

Literatur

Kürschners Handbuch der Bildenden Künstler Deutschland, Österreich, Schweiz, 2 Teilbände (Redaktion Andreas Klimt), 2. Jahrgang, de Gruyter Saur, München 2007, ISBN 978-3-598-24737-8 (mit biographischen Daten, Adresse, Lehrtätigkeit, ausstellenden Galerien u. a. von 6.700 lebenden Bildenden Künstlern: Malerei, Grafik, Bildhauerei, Buchkunst, Aktions- und Medienkünsten und (in Auswahl) Architektur, Fotografie und Kunsthandwerk).
Oskar Bätschmann: Ausstellungskünstler. Kult und Karriere im modernen Kunstsystem. DuMont, Köln 1997.
Stefan Borchard: Heldendarsteller. Gustave Courbet, Edouard Manet und die Legende vom modernen Künstler. Berlin 2007.
Alessandro Conti: Der Weg des Künstlers. Vom Handwerker zum Virtuosen. Wagenbach, Berlin 1998.
Anne Marie Freybourg (Hg.): Die Inszenierung des Künstlers, JOVIS Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-86859-031-9.
Ernst Kris/ Otto Kurz: Die Legende vom Künstler. Frankfurt am Main 1995 (jüngste Auflage).
Wolfgang Ruppert: Der moderne Künstler. Zur Sozial- und Kulturgeschichte der kreativen Individualität in der kulturellen Moderne im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1998.
Martin Warnke: Der Hofkünstler. Zur Vorgeschichte des modernen Künstlers. 2. Auflage Köln 1996.
Olaf Zimmermann/ Gabriele Schulz: Traumberuf Künstler. Bildung und Wissen Verlag, Nürnberg 2002, ISBN 978-3-8214-7618-6.

Weblinks
Wiktionary: Künstler – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: KünstlerZitate
Wikibooks: Zweideutigkeit als System - Thomas Manns Forderung an die Kunst: Der Künstler und die Gesellschaft – Lern- und Lehrmaterialien

Linkkatalog zum Thema Bildende Künstler bei DMOZ

Einzelnachweise

Interview mit Schiller. Abgerufen am 4. Juni 2013.
Schiller: „Die KünstlerGedicht, 1789. Abgerufen am 4. Juni 2013.
Das Wichtigste zur Künstlersozialversicherung in Kürze (PDF; 225 kB). Infoblatt der Künstlersozialkasse
Künstler, Medienprofis und ihre Steuern. Auf künstlerberaten.de, abgerufen am 4. Juni 2013.
Steuer- und Sozialversicherungsrecht für Künstler. FAQ´sJetzt erst Recht! Basics for artists/Tipps für Künstler. In: kultur steiermark. Kultur Service Gesellschaft Steiermark, Land SteiermarkAmt der Steiermärkischen Landesregierung, abgerufen am 2. Januar 2015.
Quantschnigg/Schuch: Einkommensteuerhandbuch. Wien 1993, S. 829 ff.‌ Zitat: Künstlerische Tätigkeit – gewerbliche Tätigkeit. In: FAQ´s. Kultur Service, Land Steiermark, abgerufen am 2. Januar 2015.
VwGH 14. November 1990. 90/13/0106, zit. ebd.
Nicht selbständige Tätigkeitselbständige Tätigkeit. In: FAQ´s. Kultur Service, Land Steiermark, abgerufen am 2. Januar 2015.
Umsatzsteuersatz. In: FAQ´s. Kultur Service, Land Steiermark, abgerufen am 2. Januar 2015.
Renommiertester Kunstpreis für Bildende Künstlerinnen über 40. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, abgerufen am 5. August 2009 (Anwendungsbeispiel).
vgl. Klant, Schulze-Weslarn, Walch (Hg.). Grundkurs Kunst 1. Schroedel 1988. S. 8-9


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