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voice recorder schrieb am 11.1. 2003 um 02:40:26 Uhr über

Mainstream

Fünfzig-Fünfzig zu chaotisch, aber zwei Drittel ist die demokratische Zahl schlechthin. Wer kann etwas gegen zwei Drittel sagen? Selbstverständlich weiß weder Glotz noch jemand anderes, wie viele sich tatsächlich für den digitalen Kapitalismus zuverlässig engagieren. Denn wie Stanislaw Jerzy Lec meinte: »Es ist schwer erkennbar, wer freiwillig mit dem Strom schwimmt.,@
Mit sozio-ökonomischen Argumenten ist kein »Zweidrittelblock« zu begründen und selbst Glotz gibt zu, daß die eigentliche Macht »bei einem schmalen halben Prozent« liegt. Stützt man sich auf statistische Daten, kann man kaum bestreiten, daß Verlierer in der überwiegenden Mehrheit sind. Die labilen Lebensumstände einer wachsenden Mehrheit der Beschäftigten (sinkende Löhne, befristete Arbeitsverträge, Abbau jeglicher Schutzregulierung) unterscheiden sich kaum von der prekären Existenz der »Vernetzungsverlierer«. Eigentlich besteht der "harte Kern« der neuen Arbeitswelt aus Menschen, die stets zwischen ausbeutungsintensiven Jobs und Phasen der orientierungslosen Arbeitslosigkeit pendeln. Darum greift Glotz, trotz aller Vorliebe für »ökonomische Gesetzlichkeiten-, nicht auf objektiv meßbare Tatsachen, sondern auf subjektive Haltungen:
»Das Interessante ist nun, daß es den oberen Tausend und ihren Symbolanalytikern ziemlich problemlos gelingt, die Kernbelegschaften des reifen Industriekapitalismus bzw. des frühen digitalen Kapitalismus zu kooptieren, an sich zu binden
Würde Glotz über die Sklaverei im 19. Jahrhundert schreiben, dann würde er wahrscheinlich feststellen, daß die Großgrundbesitzer die Mehrheit ihrer Neger »ziemlich problemlos« an die Plantagen binden konnten - also wurde die Mehrheitsgesellschaft bloß von einer kleinen Schicht von Verweigerern gestört.
Ein gewöhnlicher @ick ist es auch, der MainstreamGesellschaft allgemeine Werte zuzuschreiben, die an sich als wünschenswert empfunden werden. »Deshalb

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plädiere ich dafür, Geistesgegenwart, Anpassung keit, Reaktionsschnelligkeit, experimentelle Ges und Beweglichkeit höher zu bewerten, als das a europäischen Kontinent und vor allem in Deuts üblich istDoch über solche Qualitäten verfüge glückliche Arbeitslose. Es bedarf einiges an Gei genwart und Reaktionsschnelligkeit, um den v beitsamt zugemuteten Jobs geschickt zu entko Anpassungsfähigkeit ist gar unsere Hauptfor Die Gesellschaft sollte sich endlich damit abfind Vollbeschäftigung nicht mehr machbar ist un Lösungen jenseits der Arbeit dringend nötig sin rimentelle Gesinnung und Beweglichkeit sind das, was Arbeitslosen verweigert wird. Versuc doch, Ihren Sachbearbeiter zu überreden, daß Si Monate reisen oder mit neuen Lebensformen exp tieren können!
Das Ungeheuerliche an der von Glotz ve Weltanschauung ist, daß der Gesellschaft ein ei ches Tempo zugemutet wird, einer Autobahn gl Mercedes-Fahrer sich stets über langsamere F aufregen. Eine ganze Bevölkerung, die in die Richtung und im gleichen Schritt läuft: Dies bislang für ein Merkmal totalitärer Systeme g Es wäre zum Beispiel töricht, einen allgemeinen mus der mittelalterlichen Gesellschaft festst wollen. Bauern richteten sich nach der zyklisc der Natur, lüoster und Hof folgten jeweils einer fest geregelten Chronologie, und für die Händle tete sich schon die kumulative Zeit des Kapital Glotz' beschleunigte Windmühlenflügel ha Kundera am besten charakterisiert: »Ein Mann der Straße. Plötzlich will er sich etwas ins Ge rufen, doch die Erinnerung versagt. In diesem verlangsamt er automatisch seine Schritte. Um beschleunigt jemand, der versucht, einen gera ten schmerzlichen Vorfall zu vergessen, unbewu

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