148 GEORG BUCHNER
MARIE Meinetwegen. Das muß, schön Dings sein. Was der Mensch Quasten hat! Und die Frau hat Hosen! (Beide geh n in die Bude.)
TAMBOURMAJOR Halt, jetzt! Siehst du sie? Was ein Weibsbild!
UNTEROFFIZIER Teufel! Zum Fortpflanzen von Kürassierregimentern!
TAMBOURMAJOR Und zur Zucht von Tambourmajors!
UNTEROFFIZIER Wie sie den Kopf trägt! Man meint, das schwarze Haar müßt sie abwärts ziehn wie ein Gewicht. Und Augen -
TAMBOURMAJOR Als ob man in ein' Ziehbrunnen oder zu einem Schornstein hinunter guckt. Fort, hintendrein! -
DAS INNERE DER HELLERLEUCHTETEN BUDE
MARIE Was Licht!
WOYZECK ja, Marie - schwarze Katzen mit feurige Augen. He'kl was ein Abend!
DER BUDENBESITZER ein Pferd vorfübrend Zeig dein Talent! Zeig deine viehische Vernünftigkeit! Beschäme die menschliche Sozietät! Meine Herren, dies Tier, was Sie da sehn, Sdiwanz am Leib, auf seine vier Hufe, ist Mitglied von alle gelehrte Sozietät, ist Professor an unsre Universität, wo die Studen'te bei ihm reiten und schlagen lernen. - Das war einfacher Verstand. Denk jetzt mit der doppelten Raison! Was machst du, wann du mit der doppelten Raison denkst ? Ist unter der gelehrten Socie't6 da ein Esel? (Der Gaul schiittelt den Kopf.) Sehn Sie jetzt die doppelte Raison? Das ist Viehsionomik. ja, das ist kein viehdummes Individuum, das ist ein Person, ein Mensch, ein tierischer Mensdi - und dodi ein Vieh, ein B@te. (Das Pferd fährt sich ungebübrlich auf.) So, besdiäme die Socie'te'. Sehn Sie, das Vieh ist noch Natur, unideale Natur! Lernen Sie bei ihm! Fragen Sie den Arzt, es ist sonst höchst schädlich! Das hat geheißen: Mensch, sei natürlich! Du bist geschaffen aus Staub, Sand, Dreck. Willst du mehr sein als Staub, Sand, Dreck? - Sehn Sie, was Vernunft: Es kann r@nen und kann doch nit an den Fingern herzählen. Warum? Kann sidi nur nit ausdrucken, nur nit explizieren, ist
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WOYZECK
jel Uhr es ist!
ein verwandelter Me"d,. sag den Herren, -lev
r@ F-in Uhr?
Wer von den Herren und Damen hat ein Uh . und gemessen
UNTEFOFFIZIER Eine Uhr> (Zieht großartig
che:) Da, mein Herr!
eine Uhr aus der Tas klettert auf den ersten Plat;,;
MARIE Das muß ich selin. (Sie
Unteroffizier bilfl ihr.) eibsbild!
TAMBOURMAJOR Das ist ein W
MARIENS KAMMER
Marie. Tambourrnajor.
TAMBOURMAJOR Marie!
MARIE ihn ansehend, mit Ausdruck Geh einmal vor dich ,
' in Pind und ein Bart wie ein Löw. SO ist
über die Brust wie
keiner! - ich bin stolz vor allen Weibern! erst den großen
TAMBOURMAJOR Wenn ich am Sonntag
Federbusch hab und die weiße Handsduh, Donnerwetter! Der
: Mensch, Er ist ein Kerl!
Prinz sagt immer d, was i _ (Tritt vor ihn hin.) Mann!
MARIE spöttisch A t auch ein Weibsbildt Sapper-
TAMBOURMAJOR Und du bis s anlegen. He@
",nt, wir wollen eine Zudt von TambourmajOr Er unfaßt sie.')
MARIE verstt'-rnt Laß rfli(»-«
TAMBOURMAJC)UR wild Tier!
MARIF- heftig Rühr mich an! en@
TAMBOURMA.JOR Sieht dir der Teufel aus den Aug -
les eins!
MARIE Meinetwegen! Es is al
MARIENS KAMMER
MARIE sitzt, ih,4Kind auf dem Schoß, ein Stiickchen Spiegel i
bat ihm befohlen, und er.hat gehen rnü
der Hand Der a@ Was die Steine glän e@nl'Ws sind's fü
sen! - (Bespiegelt sich.) Drück die Auge zu, fes
Was hat er gesagt? _ - Schlaf, Bub!
e gen hinter den Händen.) Noch feste
(Das Kind versteckt di A
Bleib so - still, oder er holt dich! (Singt:)
Mädel, mach's 1-adel zu,
Is kommt e Zigeunerbu,
Führt dich an deiner Hand
Fort ins Zigeunerland.
hin! -
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