|
Auf dem Markt erspähte ich neulich einen Gewürzhändler, der ein Salz anbot, von dem eine 500-Gramm-Tüte zwölf Euro kosten sollte. Es war von den Hügeln des Gilead oder einem heiligen Berg in Indien, irgend so etwas, doch ohne vom Neid geküsst zu sein oder meine Zähne in den spröden Rand des Hungertuchs schlagen zu müssen, schrak ich von dem Kauf zurück und fragte mich, was das wohl für Menschen sein mögen, die für ein alltägliches Würzmittel einen solchen Batzen Geldes hinlegen. Es müssten Leute sein, so spann ich mir den Gedanken weiter, die aller ungesunden Angewohnheiten ledig und so sehr um Langlebigkeit bemüht sind, daß sie nur Möhren essen, die sie selber mit der Flasche großgezogen haben. Diese Leute benutzen keine Parfums, die zuvor an Kaninchen getestet wurden, riechen deshalb immer etwas nach Pastinaken (ich weiß nicht genau, wie Pastinaken riechen, sie klingen aber so, als ob man vor ihnen zwar nicht gleich davonlaufen müsste, aber im ersten Moment doch ein wenig die Nase runzelt) und haben deshalb auch nur Freunde, die genauso leben wie sie, und das sind naturgemäß eher wenige. Deshalb verläuft ihr Leben einförmig und ohne stimulative Höhepunkte, die über das gemeinsame Brotbacken auf einem Mittelalterfest hinausgehen, und da sie auch nur naturbelassene Musik hören, sind ihre Beine schon ganz entmuskelt, denn wer tanzt schon Tuva? Ein bißchen einsam und durch den fehlenden Abgleich bedingt wunderlich werden sie mit den Jahren, und wenn sie fast ein wenig neidvoll auf ihre ungesunden Zeitgenossen blicken, die gerade wieder mit einem bromgefärbten Designerhemd oder einer krebsstarrenden Lammkeule aus einer der zahllosen elektrosmogstarrenden Einkaufspassagen schreiten, dann denkt der Pastinak: »Ich will mich auch mal gehen lassen! Will in Luxus schwelgen, unvernünftige Dinge tun, nicht auf meinen gebatikten Brustbeutel schauen!« aber am Ende reicht es dann doch nur zu einem Beutelchen Natursalz für 12 Euro die Packung.
|
