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Mitteilung von Freno d'Emergenza (2.8.2015 23:55:30):
>>Yadgar über »Tourismus«

>>[zum Original-Text]
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>>> Er wird verschwinden. Wo es der IS nicht schafft, sorgen Klimakatastrophe, Ozonloch (das ist keineswegs ausgestanden!) und Bevölkerungsexplosion mit der damit einhergehenden Destabilisierung ganzer Kontinente für ein Ende des Reisens. 2030 wird nicht nur jegliches Reisen als lebensgefährlich und unverantwortbar gelten und folglich unter schwere Strafen gestellt werden, sondern auch jeglicher ungenehmigter Aufenthalt außerhalb geschlossener Räumlichkeiten. Warum? Wegen der Musels! Wegen der Wölfe! Wegen der Hitze! Wegen der Kälte! Wegen der Gewitter! Wegen der Stürme! Wegen der Sonne! Wegen dem Regen! Wegen der Kinderschänder! Wegen der Asozialen!
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>>> Leben wird sich dann nur noch drinnen abspielen, unter ständiger Beobachtung durch Videokameras mit automatischer Gesichtserkennung und Verhaltensvorhersage (schließlich gibt es ein Supergrundrecht auf Sicherheit!), Versorgung mit Lebensmitteln und sonstigen Konsumgütern wird mittels Rohrpostsystemen und autonomer Flugdrohnen stattfinden, und eigene Meinungen wozu auch immer sind als Intoleranz oder sogar Extremismus verpönt, wir werden in bonbonfarbenen Strampelanzügen auf Polstermatten bei konstant 22,3°C im Kreis sitzen und singen »Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb!«, während das Internet im Wesentlichen nur noch aus Coca-Cola-Werbung besteht. Schöne neue Welt... aber nicht meine!
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>>Du bist süss ! Einfach nur süss, Baby !
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>Ich denke, diese Prophezeiung (was das Reisen betrifft) ist im wesentlichen schon eingetroffen! Wahrscheinlich war es aber auch schon immer so. Ich persönlich würde den Teufel tun, die wohlgehegten Grenzen der zivilisierten Welt zu verlassen um z.B. nach Indien oder Kolumbien oder so zu reisen! Ich hatte da diesen Bekannten, der hat nach seinem Uni-Abschluss und bevor er von da ab sein Leben als Angestellter eines großen Unternehmensberatungsunternehmens (wer berät eigentlich die Unternehmensberatungen?) fristete, seine ganzen Ersparnisse auf den Kopf gehauen, um einmal quer um die Welt zu reisen. Alleine! China, Südamerika, Nordafrika und so. Ich habe, ein Glas Gin in der Hand, nur fassungslos gesagt: »und was, wenn du unter die Räuber kommst? In der Fremde? Und meilenweit kein gut-deutsches Konsulat in der Nähe? Na, was dann?« Er hat gar nicht geantwortet, sondern nur den Kopf geschüttelt und die Augen nach oben verdreht. Was ich damals als eine höchlich üble Respektlosigkeit gegenüber meiner Person verbucht habe. dabei war es zu der Zeit erst zwei Jahre oder so her, dass ein Mitstudent von ihm in Marokko (!) verschleppt wurde!!! Er hat die Geschichte auf einer Party erzählt, es war HAARSTRÄUBEND: irgendjemand hat sich ihm wohl als »guide« durch die Altstadt von Rabat oder so angeboten, und dann »Ach naja, sie haben mir mein Geld, Pass, American Express abgenommen etc. Ich bin dann in der nacht aus dem Fenster gesprungen und zu irgendeiner Polizeistation oder so...« Die Erzählung des hochgradig Wahnsinnigen, der so tat, als ob das alles nichts sei, hat mir die Schweißperlen auf die Stirn getrieben!!! Das letzte Mal, dass ich im Urlaub war, auch wenn ich mich an meine Maxime gehalten habe, nur in entwickelte Länder zu reisen, war schon schlimm genug! Ich war, es ist Jahre her (fast ein jahrzehnt), alleine in Irland, in Dublin (Deutsch: Döblin), um genau zu sein. Es war fürchterlich! Obwohl ich in der englischen Sprache einigermaßen Firm zu sein meine, hatte ich die ärgsten Verständigungsschwierigkeiten! Die Sonne hat auf alles runtergebrannt, als ob es kein morgen mehr gäbe! Ich bin, nach einem furchtbaren Flug mit Ryan Air, nach dem einchecken in einer Art Jugendherberge, erst mal zu diesem martello tower aus der eingangsszene von Ulysses. Da gibt es eine Art »blue plaque«, die auf die literarische Bedeutung dieses Orts hinweist. Der Turm selbst beherbergt so eine Art Museum, aber es war natürlich, ich habe den Turm einmal umrundet, geschlossen. Toll! Ich bin dann wie ein Idiot erst mal zwei Stunden am Strand in sengender Sonne gesessen und habe desillusioniert auf die irische See geblickt. Den Rest der Woche habe ich mehr oder weniger finster brütend in der Jugendherberge verbracht (die Stadt ist wirklich kein Hingucker...). Am Tag vor der Abreise wurde ich fast noch von einer Rotte betrunkener, Adidashosen-tragender Jugendlicher zusammengeschlagen. ich habe gejubelt, als das Flugzeug in Tegel gelandet ist, ich habe, zum großen Ärger einiger Mitpassagiere, das DEUTSCHLANDLIED angestimmt! Habe dann den Text auf »Hoch auf dem gelben Wagen« abgeändert. Auch das war einigen nicht recht. Man kann es niemanden recht machen auf der Welt. Das ist mein erschütterndes Resumée nach 35, morgen 36 Jahren auf dieser Welt...

Och ... ich habe einige schöne Reisen unternommen in meinem Leben, sogar die weiteste Reise, die mir möglich war, nach »down under«: ich habe einen flüchtigen Verbrecher in Australien besucht. Nicht in der Wüste, nur in Adelaide, aber hochgradig spannend war das natürlich auch schon. Aber so doll muß man es garnicht treiben. Eine enorm impressive Reise war mal die mit dem Motorrad von Meiningen nach Berlin. Ich wollte wissen, was da ist, zwischen Meiningen und Berlin. Wenn man auf der Autobahn hochdüst, sieht man ja nüschdt. Also bin ich mal mit dem Motorrad auf der B2 hochgefahren, und habe gesehen, was es wirklich gibt, zwischen Meiningen und Berlin: nüschdt. Die Lüneburger Heide ist übervölkert dagegen. Ich habe viele schöne Sexurlaube in Südfrankreich hinter mir, nein, nicht in Cap d'Adge, im Département du Gard, im Tal der Cèze, ein Geheimtipp damals. Da habe ich erfahren, daß sich die französische Sexualkultur zur Deutschen verhält, wie ein 7-Gänge-Menue von Boucuse zur Currywurst mit Pommes. Man hätte es sich ja denken können – aber trotzdem: nicht nur reisen, auch rumsauen bildet ! Ich freue mich auch auf die Reise ins Allgäu, die im Oktober ansteht. Da habe ich endlich ne 4-wöchige Reha-Kur bewilligt bekommen, und freue mich auf die Gelegenheit, zum Grabe Monsignore Kneipps zu pilgern. Am Grabe Arno Schmidts in Bargfeld habe ich schließlich auch schon gestanden, und am (leeren) Grab Machiavellis in der Kirche St. Maria della Croce um die Ecke in Florenz. Die Wallfahrt zur Berggasse 19 in Wien kommt dann nächstes Jahr.