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Mitteilung von Schmidt (16.8.2011 23:24:10):
Brotkrumenmargarineschimmel

Schmidt hatte eine Eigenschaft um die er vielfach beneidet wurde, eine winzige Eigenschaft, doch immerhin irgendwie nützlich, ein wenig nützlich. Ein ganz klein wenig nützlich. Er konnte Margarinebrote schmieren. Das alleine meine ich nicht, das kann ja fast jeder den ich kenne, aber Schmidt hatte dabei eine besondere Fertigkeit entwickelt. Sie wissen doch wie das ist, wenn man Margarinebrote schmiert, immer hat man zuviel oder zuwenig Margarine auf das Messer geladen, man nimmt noch etwas und noch etwas, man hat zuviel genommen, schmiert etwas in die Schachtel zurück, das was man in die Schachtel zurückschmiert hat eventuell Brotkrümel darin was bei längerem Lagern der Margarine zu Schimmel führt, jedenfalls, fast niemand nimmt auf Anhieb die richtige Menge Margarine aus der Margarineschachtel um damit genau zwei Brote zu schmieren. Außer Schmidt.

Und jetzt kommt das Erstaunliche. Nicht das Schmidt bei der Entnahme irgendwie zögerlich ist, er schätzt nicht etwa mit dem Auge die Größe der Brotscheiben ab und nimmt dann bedächtig, abmessend eine bestimmte Menge Margarine aus der Schachtel, nein, er fährt ohne zu Zögern mit dem Messer hinein, wenn man ihn dabei betrachtet, glaubt man er lege gar keinen Wert auf die Menge. Dann fängt er an zu schmieren, und das unglaubliche Wunder aller Wunder geschieht: Zu Anfang glaubt man noch, das kann niemals passen, das geht schief, wie könnte es passen, aber dann, je näher die Schmierung dem Ende zugeht, je mehr das Brot mit der weissen bis hellgelben Schicht bedeckt ist, umso mehr wird sichtbar, Schmidt hat wieder einmal Recht gehabt, es ist Schmidt ein weiteres Mal gelungen die Menge Margarine bis auf das Milligramm genau abzuschätzen und mit einem Schwung, was sag ich, mit einem Stich aus der Schachtel herauszuholen.
Schmidt ist ein weiteres Mal wirklich stolz auf sich.

Und weil ich nichts für mich behalten kann und weil ich glaube Schmidt’s Geheimnis bei der ganzen Sache zu kennen werde ich ein weiteres Geheimnis der größten Zauberer lüften. Es ist wirklich ziemlich banal: Natürlich kennt Schmidt durch jahrelange Übung im Broteschmieren in etwa die richtige Menge Margarine. Die Menge muß also nur in etwa stimmen. Den Rest besorgen wir durch die Löcher im Graubrot. Dorthinein nämlich verschwindet immer eine nicht unbeträchtliche Menge aller verschmierten Margarine. Ist die entnommene Menge zu knapp, so übt man etwas Druck mit der querstehenden Klinge auf das weiche löchrige schon beschmierte Brot aus und schon quillt etwas Margarine aus den Löchern hervor die ausreicht den Rest des Brotes zu bedecken. Bei etwas zu viel Margarine schmiert man einfach großzügig in die Löcher des Graubrots hinein. Die Sache ist natürlich umso unauffälliger je besser man vorher sowieso schon geschätzt hat und bei ein wenig Übung, kann man ohne zu quetschen oder ohne auffällig hineinzuschmieren die Sache so aussehen lassen, als ob man ganz entspannt mit dem letzten Rest Margarine nun gerade die letzte Ecke des Brotes erreicht. Dabei benutzt man die beschriebenen Techniken des Herausdrückens und Hineinschmierens während der gesamten Schmierphase.

Schmidt ist nun völlig entzaubert, aber einen Vorteil hat die Sache. Man weiss nun, falls man doch einmal Margarine mit Brotkrümeln zurück in die Schachtel geschmiert hat, soll man am nächsten Tag auf Butter verzichten und genau diese zurückgeschmierte Margarine entnehmen und verbrauchen, denn in ein paar Wochen nur kann darauf selbst im Kühlschrank ein heftig fressender Brotkrumenmargarineschimmel sich bilden. Schmidt hat sowas schon öfter erlebt, und man kann zwar die Margarine gegenüber des Schimmels in der Schachtel noch essen, aber irgendwie ist es doch besser diese Biokulturen im Eigenanbau weitgehend zu vermeiden.