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Mitteilung von Die Leiche (26.8.2011 12:13:57):
>>Peter K. über »Geisteswissenschaftler«

>>[zum Original-Text]
>>
>>> Zu meiner Uni-Zeit in den achzigern und neunzigern pflegen wir Juristen und Ökonomen gemeinsam mit den Medizinern, Theologen und Naturwissenschaftler auf die zu diesem Zwecke sogenannten und in Gänsefüsschen zu schreibenden »Geisteswissenschaftler« mit abgrundtiefer Verachtung herabzublicken. Und dabei hatten sie schon längst die Lufthoheit über die Parlamente und Verwaltungen übernommen. Wie dumm wir doch waren !
>>
>>Das mit den Theologen hält mich vom Pluspunktgeben ab. Warum ausgerechnet mit Theologen?
>
>Das tertium comparationis war für uns der Anspruch des Studiums – die geradezu unglaublich geringe Menge an Wissen, mit denen ein »Geisteswissenschafter« auskommt, der unglaublich niedrige Grad an materieller Bildung, der für die Qualifikation zum Intellektuellen ausreichend ist – wobei zugestanden werden muß, daß Juristen und Mediziner sich häufig als katastrophale Fachidioten gerieren, die ausserhalb ihrer Disziplin keinen Buchstaben lesen und keinerlei geistige Interessen zeigen.
>
>Im wesentlichen ist es die Arroganz des fleißigen Paukers – alle »anständigen« Studiengänge verlangen enorme Lernleistungen von dem Adepten, bevor es ihm gestattet wird, den Mund aufzumachen. »Geisteswissenschaftler« jedoch erwerben ihren Durchblickerschein regelmässig schon während der ersten beiden Semester.

Kleiner Nachtrag: Zur Illustration die Lage in den seinerzeitigen Seminaren:

In den juristischen Seminaren waren seinerzeit die Graduierten unter sich: vom Referendar über Rechtsanwälte, Amtsrichter und Verbandssyndici bis zum Oberstaatsanwalt oder Ministerialdirektor war alles vertreten, häufig schon mit Doktortitel. Die zwei, drei Studies, die sich in jene erlauchte Gesellschaft begeben hatten, wurden garnicht recht ernst genommen, über ihre gestammelten Referate mit höflicher Nonchalance hinweggegangen, bevor man sich wieder mit äusserstem mentalen Aufwand auf »Ausgewählte Probleme des Zivilprozessrechts« oder die »Rechts- und Verfassungsgeschichte des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken« stürzte. In den ebenso miterlebten Seminaren in der »Philfak« indessen laberten sich die Rotzlöffel straflos ihre Altklugheiten über Gesellschaft und Staat zusammen, daß man nur die Hände überm Kopf zusammenschlagen konnte: für eine komplette Seminararbeit war die Literaturliste so lange, wie bei uns Juristen für einen Absatz. Eine juristische Seminararbeit lag seinerzeit etwa 3-4 m über dem Niveau einer Hauptseminararbeit an der PhilFak. Im übrigen siehe: Schwanitz, Dietrich: Der Campus.