?  
  Hoch: [8]
Links: [4]Liste: [5]Rechts: [6]
Runter: [2]
Mitteilung von Bobby (28.1.2012 03:08:51):
>>Hölderlin

>>Es war zu später Stunde – die Morgendämmerung brach fast ein – als ich Papier und Blei genommen hatte um einige Zeilen niederzuschreiben.
>>
>>"Oh welch geistreichen Ergüsse soll ich nur niederschreiben? ich habe derer so viele im Haupte." dachte ich als ich das Datum niedergeschrieben hatte.
>>
>>Doch gerade als ich mich auf eine Zote besinnen wollte so klopfte es an der Türe zur Stube.
>>
>>"Wer mag es sein der hier zu so später Stunde noch sein Unwesen treibe? Mit grausen erdachte ich mir unheilvolle Offenbarungen – durch einen Zwerg in Uniform vorgetragen der in fremden Zungen sprach.
>>
>>"Doch – halte ein!" sagte ich zu mir selber – »die Zwerge wurden doch im Dreissigjährigen Krieg von den Preussen besiegt, so kann es doch nicht sein daß dort ein Zwerg vor deiner Pforte ausharre!«
>>
>>Voller Mut öffnete ich die Stubentüre. Ich besann mich noch kurz auf den Gedanken die Armbrust von der Ballustrade zu holen, doch es war bereits zu spät – meine Augen vernahmen bereits den seltenen Gast der sich zu später Stunde anmeldete.
>>
>>"Oh Herr, bitte verzeihen Sie mein auftreten zu solch später Stunde, aber der Kaiser entsandte mich um Ihnen die Kunde zu bringen."
>>
>>"Der Kaiser?" erwiderte ich forsch. »Was scheret sich denn der Herr Kaiser um einenLebemann wie mich?«
>>
>>"Oh Herr," sprach da der Fremde – »Er sandte mich aus – einen einfachen Boten – um euch zu berichten von der Freude die es ihm bereitet eure heiteren Gedichte zu lesen.«
>>
>>"Und das ist die Botschaft des Kaisers?" fragte ich den Boten mit einem fordernden Ton in der meinigen Stimme
>>
>>"Ja mein Herr, das ist die Botschaft in der Gänze. Dies war die Botschaft. So hat Sie mir der Herr aufgetragen zu euch zu überbringen." antwortete der Bote in einer unterwürfigen Tonlage.
>>
>>"Oh da könnet ihr dem Kaiser ausrichten daß ich nicht an seinem Geschwätz interessiert seie. Er möge es sich für die Zofen aufheben." entwich es mir rasch.
>>
>>
>>"Sehr gerne richte ich dem Kaiser euere Worte aus" sprach da der Bote.
>>
>>"Nicht so schnell." schrie ich den Boten an. »Euer Preis für die späte Störung ist noch nicht beglichen. Ich fordere euren Kopf.«
>>
>>Trotz des verdutzten Blickes den mir der Bote entgegnete zog ich mein Breitschwert und köpfte ihn auf der Stelle. In geübter Gestik zog ich seine Brieftasche aus seinem Gewand und warf die Leichenteile aus dem Fenster.
>>
>>"So dieser Spitzbube wir mich nimmer stören!" sagte ich zufrieden zu mir selbst und begab mich zurück zu Papier und Blei.
>>
>>
>>"Ode an die Freude" will ich mein nächstes Gedicht benennen.
>
>Ich finde Hölderlin ja allgemein Zugänglicher, als den Rest der Hardcoreriege der Deutschen Frühromantiker (lies mal den Roman von Friedrich Schlegel, 'Lucinde', du wirst dich mit Abscheu abwenden!), trotzdem muss ich sagen, dass ich Hyperion 'sehr schnell' gelesen habe, sprich, öfter mal eine, zwei oder fünf Seiten übersprungen habe. An dieser literarischen Mode ist die Theorie dahinter eigentlich interessanter als die aus Ihr entstandenen Werke (hier wieder abgesehen von Schlegel, der, auch hier wieder, meiner Meinung nach unlesbar ist!) – insofern ist das ganze genuin modern.
>
>Ich habe den Fehler gemacht, das ich das für meine mündliche Universitätsabschlussprüfung genommen habe. Schrecklich, ein Desaster. Ich habe versucht, mich an irgendwelche Wendungen aus den Tagebüchern von Novalis zu erinnern. Alles nur ein wirrer Brei. Wer den 'Ofterdingen' liest, fasst sich ja auch erstmal an den Kopf.
>
>Schöne Gedichte haben Sie aber natürlich alle geschrieben, die 'Langform' dagegen, eher mein Metier, naja... Dass fast der einzige der Kollegen, der richtig alt wurde, Wilhelm Tieck wae (nicht zu verwechseln mit Wilhelm Pieck!) kann meiner Meinung nach auch kein Zufall sein. Oder sagen wir so: es ist stimmig, auch wenn es am Ende, wie es eben so ist, doch ein Zufall war.
>Wenn Martin das liest könnte er hierzu vielleicht noch irgendwas schlaues sagen.

Yo, mcnep als bekennender Düsseldorfer würde da sicherlich sofort was einfallen und bestimmt würde er bemerken daß meine Ausführung außer dem namen Hölderlin nicht viel von ihm in sich trägt. Ich bin ja auch kein bekennender Hölderlin Leser. Ich glaube aber da ist es mit einem Lippenbekenntnis zu Hölderlin auch getan. Das ist ja so wie mit den Mao Tse Tung fans, die meisten haben sein rotes Buch ja auch nach den ersten 3 Seiten weggeschmissen oder es einfach nur als »Talisman« mit sich rumgetragen, wirklich lesen kann man sowas sicherlich nur in einer sehr seltenen Stimmungslage. Hölderlin ist da sehr ähnlich. Man kann ihn als Waffe verwenden, als Schlagzeile oder einfach als Gassenhauer, aber wirklich lesen sollte man ihn nur in Maßen. Mit Hölderlin Werken ist es wie mit Atomwaffen – es reicht ja sie zu besitzen, ernsthaft einsetzen will sie eigentlich keiner.