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Mitteilung von Die Leiche (21.2.2012 14:52:50):
>mcnep über »Sellerie-mit-einölen«

>[zum Original-Text]
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>> Eigentlich hatte ich heute, am vorletzten Tag meiner İstanbulreise, die touristischen Begehungen von Baudenkmälern als abgeschlossen betrachtet und trieb nur träge im immerwachen Strom der Passanten auf der grossen Einkaufsmeile. Aber als ich auf einmal am Eingang einer christlichen Kirche vorbeikam, die mein Reiseführer als die grösste İstanbuls beschrieben hatte, erwachte doch wieder der Kulturpirschtrieb und ich trat ein. İn der Bausubstanz scheinbar nicht sonderlich alt, aber mit einem beeindruckend breiten und hohen Mittelschiff ausgestattet, erfasste mich drinnen dann doch ein Schauer, denn mir wurde plötzlich klar, dass sie dem heilıgen Antonius von Padua gewidmet war. Und so kaufte ıch zwei der grössten Opferkerzen und stellte sie in die beiden Seitenschiffe, direkt neben die Muttergottes und den Christus, mit ihren Gewändern in den Farben bunter Tropfsteinhöhlen. Zwei Kerzen, eine für jede nachgegebene Versuchung, für jedes weggelassene Gummi, für jedes aşkım, das nicht meinem Liebsten gewidmet war. Anschliessend setzte ich mich etwas mühsam auf die harte Holzbank und verweilte noch einige Minuten in stiller Andacht, wie man wohl so sagt. Bei allem Unglauben und Bewusstsein für die empirische Unwahrscheinlichkeıt eines nachprüfbaren Effektes dieser Handlung schlich ich dennoch etwas erhobener von dannen. Auch der Hunger war erwacht und ich kehrte in einer freundlich wirkenden Gaststätte ein. Die deutsche Version ihrer Speisekarte war sehenswert, und obgleich ich an anderer Stelle die touristısche Unsitte des Belachens fehlerhafter Deutschkenntnisse von hierfür ja auch nicht bezahlten Gastronomen angeprangert habe, entrang sich doch auch mir ein Schmunzeln über Bezeichnungen wie 'Bratdarm', 'Weibskäse' und vor allem 'Sellerie-mit-einölen'. Und die am Ende bestellten 'Schafnieren von Grillen' waren überaus schmackhaft.
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Im seinerzeit einzigen Italiener in Meiningen – einer Dependence eines in Fulda sehr gut angesehenen Pizzabäckers, der in Meiningen seine Fuldaer Küchenabfälle kraft Monopolstellung überteuert an die Zonendödel verhökern konnte – gab es auch jahrelang auf der Karte den Vorspeisensalat »mit Advocados«, den ich aufgrund seinerzeit dort ausgeübten Adovcatenberufs natürlich stets gerne bestellt, aber aufgrund der Minderwertigkeit seiner Zutaten nur recht ungerne gegessen habe. Aber was sollte man machen ?