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Mitteilung von Die Leiche (2.8.2012 19:45:07):
>>>>>>>>>>>>>>>>>tootsie über »Übergewicht«

>>>>>>>>>>>>>>>Ich freu' mich für Dich. Schön, daß es Dir gut geht.
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>>>>>>>>>>>>>>Also ich finde ja auch, daß es tootsie spürbar besser geht, seit er von seiner Arbeitssucht runter ist. Der Entzug war sicherlich schlimm für ihn – wir können es (fast) alle mitfühlen, denke ich. Der Junge von nebenan dürfte ja der einzige Arbeitssüchtige im Blaster sein – er wird sehen, was er davon hat. Da er auch noch hetero lebt, fängt er sich garantiert demnächst auch noch 27 Jahre Unterhalt ein, und freut sich am Ende noch darüber. Bis zum Frustfressen ist es dann nicht mehr lang bei ihm. Aber diesen Horrofilm hat unser tootsielein ja hinter sich gelassen !
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>>>>>>>>>>>>>Das Einzige, wovor ich dieser Tage wirklich Angst habe ist, mal so verbittert und eintönig zu werden wie der Typ, der sich hinter »Leiche« verbirgt. Ich meine, OK, im Alter ist man nun mal nicht mehr so wendig, weder körperlich, noch im Geiste. Was ja auch seine Berechtigung hat. Aber in so einer präsenilen Dauerschleife festzuhängen stelle ich mir – zumindest für die mich Umgebenden – dann doch schauerlich vor. Die ganze Zeit von meinem verblichenen Leben erzählen. Wie viel Spaß ich da doch hatte, wie cool ich doch als Schüler (»Schöler«!) schon war, als elitärer (wohlgemerkt!), wie krass ich's getrieben habe (nur mit den allerhübschesten Jungs und Mädels!), wie viel ich gelesen habe (in altgriechisch, latenisch, englisch, deutsch) und wie toll ich mir die Welt mit Arno Schmitt erklären kann, jaja. Und dann noch den Zeigefinger heben, um der verkommenen Jugend aufzuzeigen, daß ich ja ganz genau weiß, förmlich riechen kann, daß das Ende der Menschheit nahe ist, weil, ich bin ja so dermaßen humanistisch gebildet und vom alten Schlage, (OLD SCHOOL sozusagen!) daß mir aber auch gar nichts verwunderlich oder gar aufregenswert vorkommt; ich weiß quasi alles – und überdies besser.
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>>>>>>>>>>>>>Aber die fehlende Gegenwart tät' mich schon irritieren. Als Alterspräsident eines heruntergekommenen Online-Projekts voller gestörter Teenager, gestrandeter Drogenkarrieren und notgeiler Hartz-IV-Selbstverwirklicher nach Bestätigung zu suchen, das kann man ja wohl nicht im Ernst als erfüllend bezeichnen für einen Mann mit angeblich so heiterer Vergangenheit und so massiver Bildung. Ich würde mich irgendwann zu fragen beginnen, was mir das eigentlich bringt, wenn ich tagein, tagaus mir geistig weit (WEIT!) unterlegene Menschen mit meinen hoch (HÖCHST!) anspruchsvollen traktatartigen Ergüssen überziehe und dabei voller erbitterten Zynismus zwischen Herabwürdigung und Selbstverherrlichung pendele. Ich mein': Klar, der Blaster zieht Prediger dieser Coleur an wie Scheiße die Fliegen. Ob das die Flagellanten sind, die ihre Dauerschleife abspulen, ob das dieser Mobbing-Typ ist, der eine Anke Bandolie tot sehen will oder ob das Andreas Graf mit seiner gesprungenen Furzgas-Schallplatte ist – das spielt eigentlich gar keine Rolle. Erstaunlich eben bloß, daß während man den Letztgenannten fehlenden Horizont getrost attestieren kann, »Die Leiche« sich beinahe überschlägt zu betonen, einer der Allerhellsten zu sein. Da muß biographisch wirklich was ganz schön schief gelaufen sein.
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>>>>>>>>>>>>"Du tust mir echt leid."
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>>>>>>>>>>>>Also – diese apostrophierte Wendung ist doch immer wieder genußwürdig: Ein Ausdruck des Mitleids als ultimative Formel der Verfluchung
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>>>>>>>>>>>OK, das ist deine Interpretation. Mag sein, daß du andere verfluchst, wenn du ihnen »Du tust mir echt leid« an den Kopf wirfst. Ich meinte damit genau das: Du tust mir leid.
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>>>>>>>>>>>Nein, ich bin Atheist. Ossi-Atheist, um genau zu sein.
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>>>>>>>>>>>>[...]
>>>>>>>>>>>> Empörungs-Sabber [...]
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>>>>>>>>>>>Ich kenne keine Online-Plattform, auf der weniger Empörungs-Sabber fließt als im Blaster. Hast du bei den einschlägigen Foren Hausverbot? Oder wie kommt es, daß du dich hier permanent über nicht vorhandene Empörungs-Sabber und nicht vorhandenes Gutmenschentum echauffierst?
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>>>>>>>>>>Das und was der Blaster für mich ist, und wie er funzen tuhet, habe ich, wie ich meine erfolgreich, in nuce demonstrieren können. Die Formel »Du tust mir leid« als rhetorischer Abschluß Deiner Anfurzung war ein willkommener Anlass zum nachdenken durch die Hand. Der Rest der Anfurzung interessiert eigentlich nicht, darauf zu »antworten« sehe ich keine Veranlassung. Und das ist das schöne am Blaster: man kann sich die Rosinen herauspicken, und den restlichen Müll beiseite lassen – völlig regelkonforom.
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>>>>>>>>>abwehr zur wahrung des grandiosen selbstbildes. ein bemerkung hat zweifel ausgelöst, vage angst und als angriff auf der emotionalen ebene verstanden. dieser wurden wütend erkannt, intellektualisiert und pariert.
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>>>>>>>>>da könnte eine therapie ansetzen. am zweifel. aber weil jeder zweifel im keim erstickt werden muss, ist selbstreflexion unmöglich. man kann nicht über sich nachdenken, ohne zu zweifeln. und bei der abwehr wird es dann interessant. in der klinik oft ganz, ganz großes kino!
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>>>>>>>>>ach ja: ihr seid nicht miteinander verheiratet. ein telefonkabel ist alles, was euch verbindet.
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>>>>>>>>Hihi ... hat das tootsielein auch mal Anna Freud gelesen, wa ? Kompiliment !
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>>>>>>>*erröt*
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>>>>>>>danke!
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>>>>>>Mein Lieblings-Freud ist ja »Das Unbehagen in der Kultur« – u.a. deswegen, weil er wohl einer der wenigen Texte von Pappi Freud ist, für den man keine Familjenpackung Aspirin braucht.
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>>>>>also, ich habe es mit der familienpackung hustensaft probiert... und mich jung gefühlt. sogar c.g. jung!
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>>>>Mit dem fange ich gerade an – Gedanken, Träume, Erinnerungen ... hmja. Nur in homöpatischen Dosen genießbar, im Moment.
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>>>das ding ist, er wurde von freud mit hustensaft oder opium oder so was versorgt und seine ganzen introspektionen sind trippberichte...
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>>>ich habe mir seinerzeit eine art einführung in seine komplexpsychologie zugelegt. die originale lese ich nicht, eher das, was andere daraus gemacht haben...
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>>>hm, seit dem ich eine schnelllesetechnik verwende, könnte ich mich eigentlich auch an die originalschwarten machen. mal gucken, was die stadtbibliothek hergibt. da kann ich dann üben, auf 1000 wörter pro minute zu kommen...
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>>Fotografisches Lesen? Da gab's mal 'ne Zeit lang so Werbung: »Gehen Sie in den Buchladen, Blättern Sie ein paar Physiklehrbücher in 10 Minuten durch, und schon sind Sie Physiker!!« – naja. Irgendwie immer auf die Mitte des Buches schauen und gar nicht versuchen, die einzelnen Wörter oder Sätze bewußt zu erfassen. Das käme dann alles aus dem Unterbewußtsein.
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>>Glaub' ich nicht dran. Lesen heißt ja nicht nur, syntaktisch korrekt Subjekt, Prädikat, Objekt erfassen, sondern vor allem semantisch zu agieren: Inhalte aufnehmen, sie in eigene Sinn- und Erfahrungszusammenhänge einreihen, verarbeiten... Das braucht schon ein wenig Zeit.
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>quark. du verhinderst einfach, dass deine augen stocken und hin und her hüpfen. dazu reicht es, wenn du einen stift oder eine stricknadel unter der zeile lang führst. und wenn du dir das geistige mitsprechen abgewöhnst und nur das mittlere drittel der zeile mit deiner lesehilfe entlang fährst, bist du ganz fix. das ist
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>lesen_2.0
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>das verständnis leidet darunter nicht. ich war auch verblüfft. und ich übe.

Ich habe in all den ca. 40 Jahren des Lesens nie bewußt eine besondere Lesetechnik angewandt. Meiner Erfahrung nach steigt die Lesekompetenz exponentiell mit der Menge des schon Gelesenen an – wobei es noch garnicht einmal so wichtig ist, woraus sich die Menge des schon Gelesenen so konkret zusammensetzt. So wie das Auge sich an den so lange geschähten Großbuchstaben und Wortstrukturen entlanghangeln kann, so hangelt sich der Intellekt durch die, ich sage mal: »Sinnstrukturen«. Man erkennt immer mehr der Topoi, aus denen sich die konkreten Gedanken zusammensetzen. Dieses Phänomen verstärkt sich natürlich, je enger die einzelnen Lektürestücke miteinander thematisch verbunden sind. Historica gehen mir ganz allgemein »runter wie Öl« und Texte über mein Spezialgebiet: das III. Reich, die flutschen nur so durch. Immer häufiger wird es entbehrlich, weite Textteile wirklich vollständig Wort für Wort und Zeile für Zeile zu lesen – man erfasst sie anhand weniger Schlüsselbegriffe, kann weite Textteile diagonal durchblättern, ohne daß ihre Aussagen »verloren« gingen. Ich glaube, mit diesem Phänomen hängt es auch zusammen, daß bei mir neue Bücher grundsätzlich erst einmal »angelesen« werden, dann beiseitegelegt, und erst nach einigen Wochen oder Monaten wirklich zuende gelesen werden. Dieses »Anlesen« setzt vielleicht Prozesse in der neurologischen Datenverarbeitungsanlage in Gang, die das Verständnis des Textes sodann gewaltig erleichtern, wenn man ihn erneut vornimmt.