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Mitteilung von Die Leiche (27.10.2012 11:54:23):
Lesetip

Friedrich Glauser: »Der alte Zauberer«. Das beste Stück deutscher Prosa, daß ich seit langem gelesen habe – eine brilliante, viritouse Kriminalminiatur des bekannten »Wachtmeister Studer«. Es ist kein Roman, sondern nur eine kurze Erzählung, fast eine short-story. In der mir vorliegenden TB-Ausgabe von Arche (»Wachtmeister Studers erste Fälle – Kriminalgeschichten« – Zürich, 1990) sind es gerade mal 20 Seiten – Wir Logophagen zerren sie uns zwischen Frühstück und Morgenschiss rein, der erste Durchgang braucht vielleicht eine gute Viertelstunde ... aber man nimmt sich das Stück immer und immer wieder vor. Es funkelt – eben wie ein Brilliant, den man im Licht der Kerze langsam dreht.

Die TB-Ausgabe des ja nicht sehr umfangreichen »Wachtmeister-Studer«-Oevres von Glauser hab ich vor ein paar Jahren mal büllich bei ZVAB geschossen, keine 20 Mäuse für 6 oder 7 Bändchen, hab aber zuerst nur die Romane gelesen, »Matto regiert« und so. Das »Supplementbändchen« habe ich schnöde links liegen lassen und mir jetzt mal in die Klinik mitgenommen – so ein Depp bin ich mal wieder gewesen ! Das schönste Stück so lange im Regal rumstehen zu lassen !

Zum Inhalt will ich nix sagen – es ist ja eine Kriminalgeschichte, da soll man ja die Pointe nicht verraten. Der Plot ist konzentriert, Glauser erreicht nahezu eine Einheit von Ort, Zeit und Raum. Wachtmeister Studer stampft durch einen strömenden Herbstregen in einen kleinen Weiler im Berner Oberland, weil ein großer Bauer des Mordes bezichtigt wird. Er besucht die Dorfkneipe, horcht die Thekenmaus aus, einige Bäuerinnen, und landet schnell zum showdown beim »alten Zauberer«. Ein showdown bei Speck, Sauerkraut und Erdäpfeln, einem guten Schnäpslein und dunkelen Stumpen in einer niedrigen Bauernstube, und doch schillert durch das Fenster eine ganze Welt hinein und ihre Geschichte. Einfach nur irre gut !