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Mitteilung von Die Leiche (2.1.2013 13:10:42):
>>>>Die Leiche über »Dummheit«

>>>>[zum Original-Text]
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>>>>> Große Philosophische Systeme, die »-ismen« und Weltreligionen, die Millionen und Milliarden in ihren Bann ziehen, Ursache für Millionenfachen Märtyrer- und Heldentod, Krieg, Vertreibung, Folter und Völkermord sind – die entstehen für gewöhnlich so, daß irgendwo an einem Tresen, einem Angelplatz oder Feuer ein verdammt dummes Arschloch einem ziemlich schlauen Kerlchen mit verdammt dummen Fragen ziemlich auf den Keks geht.
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>>>Oder in der einsamen Schreibstube eines verbitterten, von »Acne Inversa« geplagten Herrn, siehe: Karl Marx.
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>>>Frohes Neues!
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>>Frohes Neues zurück ! Von Umbenennung von Hildburghausen in »Leichenstadt« noch zu meinen Lebzeiten bitte ich freundlichst, Abstand nehmen zu wollen !
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>Obwohl Leichenstadt ja schon was Romantisches hätte.
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>Wenn du in Bruchstücken herumliegst, dann hast du die einmalige Gelegenheit, die ganz bewußt in einer neuen Art und Weise wieder zusammenzusetzen. Die Stunde Null ist nicht jedem vergönnt.
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>http://www.youtube.com/watch?v=ByX4RbKAiio&t=18m28s

Also – die Kommunikation mit Dir macht mir richtig Spaß, muß ich ehrlich mal zugestehen. Du bist ein idealer Partner für Lehrdialoge von geradezu platonischer ... äh ... naja, wie bei Sokrates halt ! Oder Carl Schmitt. In seinem wunderbaren Dialog »Gespräch über die Macht und den Zugang zum Machthaber« (ein Spätwerk aus den 50ern), für eine Hörfunkübertragung geschrieben, gibt es auch so einen »jungen Frager«, der dem weisen »C.S.« die Stichworte wie Bälle zuspielt ... Papi will natürlich wieder, daß Du das liest ! ;-)

Aber erst, wenn Du mit Ludwik Fleck durch bist ! Denn: bei Fleck kannst Du nachlesen, das gerade passiert ist: eine Methapher hat sich verselbstständigt. Methaphern sind Hilfsmittel des Dialoges. Sie dienen dazu, hochkomplexe »umständliche« Be- oder Umschreibungen durch eine knackige Analogie zu ersetzen. Aber der Inhalt einer Methapher stimmt mit dem, was von ihrem Verwender ausgedrückt werden will, nur teilweise überein (wenn überhaupt). Jeder Vergleich »hinkt« eben. Beim Hörer oder Leser jedoch kommt der unumschränkte sprachliche Gehalt der Methaper an, nur roh und durchlässig vom allgemeinen Thema abgegrenzt. Gerade beim Normalfall des rhetorischen Dialoges, bei dem es keineswegs darum geht, durch gemeinsames »lautes Nachdenken« der Lösung eines beide gleichermaßen verpflichtenden Problems näherzukommen – sondern ums Rechthaben, Überlegen sein, den Beifall eines Auditoriums zu erhaschen: da stürzt sich der andere natürlich liebend gerne gerade auf diejenigen Teile der Methaper, die Argumente gegen die gemutmaßte Intention des ersten Sprechers hergeben. Diese Kommunikation ist also »schräg« – und das ist der Normalfall von Kommunikation. Im Normalfall macht das ja auch nix aus, weil sie nicht etwa zur Datenübertragung dient, wie viele Kommunikationstheoretiker heute noch träumen, sondern zur Verhaltenssteuerung. Manipulation ist nicht etwa ein Mißbrauch von Sprache, sondern ihr ursprünglicher Sinn und Zweck. Sprachliches Denken als Erkenntnisinstrument einzusetzen ist dagegen der Mißbrauch eines Manipulationsmittels zu einem völlig anderen Zweck, für den die Sprache nicht gebaut worden ist. Das stellt die grundsätzlich Tauglichkeit von Sprache als Erkenntnismittel nicht direkt in Frage – aber wenn man sich dieser Umstände nicht bewußt ist, und das ist widerrum leider die Regel, merkt man nicht, wie man durch diese »schräge« Sprache zu einer »schrägen Erkenntnis« kommt.
Das steht leider nicht alles bei Ludwik Fleck, sondern vor allem der Teil über die Sprache ist der »nouvelle rhéthorique« entnommen, einer rechtstheoretischen Schule um Theodor Viehweg und Chaim Perelman. Während ich zweifele, ob Viehwegs bahnbrechendes Büchlein »Topik und Jurisprudenz« einem Nichtjuristen empfohlen werden sollte, ist Perelmans »Logik und Argumentation« unbedingt für jederman lesenswert (wenn er wenigstens n vernünftiges Abi vorweisen kann, also nicht so eine G8-Druckbetankung oder so).

Denn, mein lieber Sohn Brutus, so naiv kann selbst so ein junger, noch etwas bildungsferner Mensch wie Du garnicht sein, um anzunehmen, die »Bruchstücke« einer sozialen und psychischen Identität seien der willkürlichen Konstruktion zugänglich, wie Backstein auf einer Baustelle, die Trümmer der von Dir apostrophierten »Stunde Null« – neinnein, so einfach ist es nicht, und es wäre nicht legitim gewesen, Dir einfach ein »naiv!« vor den Wanst zu knallen – es ist eben viel komplizierter. Aber wenigstens teilweise den Schleier über die schiefe Ebene dieser und der allermeisten anderen Kommunikationen ein klein wenig aber dafür sehr demonstrativ und mit meinem üblichen Pomp anzuheben – dessen konnte ich mich nicht entschlagen ! Mahlzeit !