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Mitteilung von Die Leiche (6.1.2013 20:29:54):
>>>>>>Über die eigene Meinung

>>>>Ich mag dieses Glossieren nicht wirklich – ein zusammenhängender Text und Gedankengang wird zerfasert.
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>>>>1) Es gibt keinen öffentlichen Diskurs. Was es öffentlich gibt sind: Diskussionen. Es geht nicht darum, das Richtige herauszufinden, sondern Recht zu bekommen, zu haben und zu behalten. Einen Diskurs mit dem Ziel, das Richtige zu ermitteln, gibt es nur dann, solange und soweit alle Teilnehmer am Thema ein deckungsgleiches, ein kongruentes Interesse haben – „alle dasselbe wollen“. Das ist schon bei privaten Gesprächen nicht immer und niemals vollständig der Fall – bei einer öffentlichen Diskussion aus der Natur der Sache niemals. Gerade dann, wenn einer seine Zuhörer beschwört: „Aber wir haben doch schließlich alle das gleiche Ziel!“ – dann ist das totsicher eine Lüge.
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>>>>2) „Wenn man keine Ahnung hat – einfach mal die Fresse halten !“
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>>>>3) Das Buch für tot zu halten, ist sehr voreilig. Die Jurisprudenz mit ihrer unüberschaubaren, aberwitzigen Menge an Gesetzen, Verordnungen, Gerichtsentscheidungen und der noch unüberschaubareren, grotesk abwitzigen Menge an „Fachliteratur“ eines universitären Massenfaches hat sich schon in den 90ern hoffnungsfroh auf die EDV gestürzt, allen voran der führende juristische Fachverlag C.H. Beck mit seinem „Flaggschiff“, dem „Palandt“, dem Standartkommentar zum BGB, der auf keinem Schreibtisch eines praktizierenden Juristen fehlen darf – ein kiloschweres Monstrum von zig tausend Seiten im Dünndruck, winzig kleiner Schrift und einer radikalen Abkürzung zum Platzsparen, die zu erlernen den Anfänger Monate kostet. Ideal zum digitalisieren dachte man – versuchte es und ... es ging in die Hose, man konnte es kaum glauben, und untersuchte die Sache: je höher der Organisationsgrad der Information, die gesucht wird, und je höher der Vorbildungsgrad des Suchenden, um so mehr ist das Buch der EDV überlegen, weil es einen enormen Kontext liefert bis hin zur Haptik des konkreten Bandes, des einzelnen Exemplars, der die Orientierung in der Datenmenge gewaltig erleichtert. Das merkt man schon, wenn man beim Kollegen sitzt, und mal in dessen „Palandt“ etwas minutenlang suchen muß, was man im eigenen Exemplar sofort zu finden pflegt, und bei der alljährlichen Neuauflage, an die man sich erst dann so richtig gewöhnt hat, wenn wieder die nächste Auflage gekauft werden muß. Da kommt auch kein ebook-reader oder tablet-PC mit. Der „elektronische Palandt“ kam nie über das Erprobungsstadium hinaus, wurde meines Wissens nach nie herausgegeben: die Zugriffszeiten zur Information waren einfach zu lange. Nur da, wo der Organisationsgrad der Information ebenso gering ist, wie die Vorbildung des Suchenden, wie beim Lexikon, in dem die Organisation rein willkürlich ist, da ist die EDV überlegen. Ein Text in einem Buch kann „entscheidungserheblich“ schneller, besser und gründlicher verstanden werden, als auf dem Bildschirm. Das ahnt man schon, wenn man einen am PC geschriebenen oder auch nur gelesenen Text ausdruckt, und dann zum ersten Mal auf dem Papier liest.
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>>>>4) ebooks und digitale Texte verändern die Kultur des Lesens und Schreibens. Schreibt man in einem Forum im Netz einen Beitrag, der das scrollen erforderlich macht, wird doch schon seit Jahren gejammert: „Viel zu lang! Wer soll das denn alles lesen ?“ Was nicht in kleinen Mengen leicht verdaulicher Häppchen präsentierbar ist, hat es schon heute sehr. Nach dem junk-food und den junk-bonds kommt jetzt auch das junk-knowledge, und die eigentliche Ära der gefährlichen Simplifizierer steht uns erst bevor. Unmittelbar schlimm ist das nun auch wieder nicht – weil fast alles, was zu sagen wäre, schon gesagt worden ist und die entsprechenden Bücher zur Verfügung stehen – dem Gebildeten, zumindestens solange, hoffe ich, bis ich tot bin. Mittelbar schlimm ist es schon für diejenigen nämlich, die im Verfolg dieser Verjunkung den Big Mac für das Nonplusultra der Ernährung halten, und dies zur Maxime ihres Handels erheben werden. Und natürlich auch für deren Opfer. Die großen Simplifzierer des 20. Jahrhunderts haben Millionen in den Tot getrieben – dank dem Fortschritt könnten diejenigen des 21. Jahrhunderts vielleicht sogar ganze Milliarden verrecken lassen.
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>>>>5) Wissen, Verstand und Bildung war stets ein Privileg einer Minderheit und wird es auch bleiben. Dadurch, daß sich die Menge der dummen Schwätzer und des dummen Geschwätzes exponentiell vervielfacht hat, wird nichts besser. Mußte man früher, als alles besser war, Monate oder Jahrelang hinter einem einzelnen Buch hinterherhirschen, muß man heute Monate oder jahre damit verbringen, aus Hektatomben von Datenmüll das herauszufischen, was von Belang ist. Während man früher hinter dem Buch hinterherhirschte, konnte man nachdenken. Heute verbringt man den ganzen Tag damit, Unsinn zu identifizieren.
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>>>>6) Mit jedem Teilnehmer, um den eine Diskussionsrunde größer wird, sinkt die Wahrscheinlichkeit, daß etwas Vernünftiges dabei herauskommen könnte, und die Entscheidungsfindung wird schwieriger. Am Ende bleibt nur noch, abzustimmen – es zählen nicht mehr Argumente, sondern nur noch Mehrheiten. Und da in jedem größeren Gremium die Qualifikation seiner Mitglieder mehr oder weniger der Gausschen Normalverteilung entsprechen muß heißt das: es entscheiden die Mittelmässigen und die Dummen – bzw die sie steuernden Demagogen.
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>>>>7) Mit Kommunisten und Theologen als solchen kann man keinen Dialog führen – denn sie wollen nur eines: die Unterwerfung. Nur über ihre privaten Hobbys kann man angenehm mit ihnen plaudern – Theologen sind häufig exzellente Rotwein-Kenner, Kommunisten brillieren gerne als Hinrichtungsexperten.
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>>>Das einzige, was mich an deinen Ausführungen stört, ist, daß du permanent darauf beharrst, zweifelsfrei entscheiden zu können, was
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>>>- Unsinn
>>>- vernünftig
>>>- relevant
>>>- Verstand
>>>- Bildung
>>>- Wissen
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>>>ist.
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>>>Bist du Maß aller Dinge? Ich glaube nicht. Ich glaube, du bist ein Dinosaurier.
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>>Ja sag mal ... wenn es darum geht, was
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>>- Unsinn
>>- vernünftig
>>- relevant
>>- Verstand
>>- Bildung
>>- Wissen
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>>sein soll – verlässt Du Dich dann dadrauf, was andere Leute sagen ?
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>>"Hast Du keine eigene Meinung?"
>>
>>;-)))))
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>>Du bist süss ! *Knutsch*
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>Eben nicht.
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>Du aber offensichtlich schon, denn für dich kommt Bildung ja »zu 90% aus Büchern« (die andere Leute geschrieben haben).

Ich spiele mal wieder Papi – lies:

http://www.sapientia.ch/E-Buecher/Philosophie/N.%20Macciavelli%20-%20Der%20Fuerst.pdf

Durch den link kriegst Du den gesamten »Fürst« – aber worauf es mir ankommt ist: der unter gebildeten berühmte Brief Machiavellis an Vettori vom 10.12.1513. Ich hoffe, Du wirst erstaunt sein, wie wenig sich in 500 Jahren geändert hat !

Zum Vorverständnis nur ein paar Worte:

Machiavelli war ein hoher Beamter der kurzlebigen florentischen Republik gewesen, und nach der Restauration der Medici auf ein kärgliches, ererbtes Landgütlein verbannt worden. Von dort aus schreibt er diesen Brief an einen alten Freund, der immer noch in hohen Ämtern aktiv ist. Wenn es in diesem Brief um Holz geht: Machiavelli hatte, um eine Steuerschuld zu begleichen, ein Wäldchen abholzen lassen.

Ich küsse Deine Arschfotze !