?  
  Hoch: [8]
Links: [4]Liste: [5]Rechts: [6]
Runter: [2]
Mitteilung von Schmidt (4.2.2013 22:16:06):
Vanillecremedingens

Lieber Musikstudent, ich muß ein paar Bemerkungen loswerden bevor mein Licht verblasst, einen Moment der Musik den ich ein paar mal erlebt habe. Sicher, Du lernst nun die verschiedenen Epochen, das mehrstimmige Hören, das analysieren von Klängen, vor allem auch das Reproduzieren von Aufgeschriebenem am Instrument, all das ist sicher wichtig und muß seinen Platz haben in einem Studium. Aber es gibt eine andere Dimension der Musik als das was man gemeinhin als das Technische bezeichnet, ein ganz sicheres gefühl, das, wenn man es einmal kennenlernt, einen nicht mehr loslässt. Man will es analysieren und reproduzieren, aber es gelingt nicht, es gelingt nur in der Selbstvergessenheit, irgendwann während des Übens taucht es plötzlich auf, dann bemerkt man es zunächst kaum, es ist wie, wie soll ich sagen, man fühlt nun ganz genau das man in der Musik ist, jeder Ton hat genau die Lautstärke, genau seinen Ort wo er notwendigerweise hingehört, man hat Freiheit, eine unerhörte Freiheit, wie wenn man den Sinn der Komposition mit einem Mal völlig begriffen hat, ja, genau das hat der Komponist gemeint, hier darf ich dieses so tun, es ist wie eine innere Notwendigkeit die einen ergreift nun ein Teil dieser Komposition zu sein, sie derart zu begreifen und das Ohr ist hingerissen und begeistert, man möchte es analysieren was geschieht, es gleichzeitig während es geschieht in gedachte Worte fassen, und da ist es weg, der Moment verschwunden, nur noch Erinnerung, was hat man gerade getan, eben noch war da Musik und Du mittendrin, beteiligt, es war eine Bewegung, ein im Takt sein obwohl der Takt gerade so frei war, ein Wissen um den Platz der Töne, um ihre Anschlagsstärke, verflucht, und nun ist wieder nur das elende technische Üben, der Zauber verflogen. Auf diese Momente zu achten, und sie werden Dir bei Fleiss passieren, empfehle ich dir ganz herzlich und lass dich grüßen von deinem alten Onkel.