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Mitteilung von Höflich (17.3.2013 11:06:42):
>>>Betrifft: Schmidt

>>>So, hier weiß ja also Quasi jeder, dass wir es bei dem Schmidt mit einem großen, ja ich möchte sagen, ruchlosen Gangster zu tun haben. Nur: das weiß eben nicht jeder! Oooooooooo nein! Manche Menschen sind der Tatsache gegenüber geradezu arglos. Illustrerweise einer der das am eigenen Leib zu spüren bekam, ja, das war der allseitig geschätzte hessische Landesvater – ehemalige Landesvater muss man sagen – Roland Koch! Der hatte aus seinem Fenster im zweiten Stock der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden eine Weile lang fast jeden Tag beobachten müssen, wie diese dunkle Gestalt mit dem irren Blick auf dem Kochbrunnenplatz unter seinem Fenster vorbeiging, sich ab und an bückend, so als ob er etwas auf dem Boden suchte. Zu der Zeit brütete Koch gerade über 'jüdischen Vermächtnissen' die der Partei vor Jahren von unbekannten Wohltätern gestiftet worden waren. Wie aus einem Traum gerissen musste er da vernehmen, wie dieser schreckliche Mensch, der da auf dem Platz hin und herlief, in ein furchtbares Kichern verfiel.
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>>>"Hihihihih! Hihihihihihi! Hihihihi!" machte er nur. Und das Stunden lang. Roland Koch hatte erst versucht, einfach das Fenster schließen zu lassen, aber das half, wie man hörte, nur wenig. Das Kichern des Mannes ging ihm durch Mark und Bein. Eine Weile lang versuchte er es zu ignorieren. Auf die hessische Polizei war, das wußte Koch, absolut kein Verlass. Die konnte man rufen, sie taten meist auch sehr ehrergiebig, ja: untertänig, aber mehr als einen Platzverweis sprachen die nicht aus. Leider war es nun so, das durch die relative nähe zum Großen Frankfurt sich hier auf dem Platz in der Nähe des Bahnhofs immer wieder, sagen wir: dubiose Persönlichkeiten einfanden. Roland Koch hatte nun mehrfach die Frage an die Beamten gerichtet, so von Staatsdiener zu Staatsdiener und unter Ausdrücklichem Wunsch, man möge diesen Vorschlag nicht an die große Glocke hängen, ob es nicht möglich wäre, diesen oder jenen Miskreanten in die Büsche des nahegelegenen Stadtparks zu zerren, um einmal diese Person kräftig, sozusagen als Abschreckung, zusammenzutreten. 'Nein, Nein!' das sei ganz ausgeschlossen, hatten die Polizisten mehrfach beteuert, solange diese Menschen nicht selbst körperliche Gewalt anwendeten, seien einem hier die Hände gebunden, auch wenn es, und das konnten die Polizisten dem Roland Koch jedesmal glaubhaft versichern, vielen Kollegen – ja, und nicht zuletzt ihnen selbst – geradezu in den Fingern jucke, wenn man bestimmter Personen ansichtig werde. Aber der Herr Ministerpräsident solle sich einmal vorstellen, was passieren würde, wenn dies ruchbar würde! Der Verdacht würde dann automatisch, sozusagen, auf die nahe Staatskanzlei fallen. Nicht nur würden sich die Beamten selbst der Strafverfolgung ausgesetzt sehen, es könne darüber hinaus ein solcher handfester Einsatz – wie gerechtfertigt auch immer – noch zur Regierungskrise führen. Koch, der sich als Jurist der Schranken bewußt war, welche die teilweise in übertriebener Vorsicht entworfenen Vorgaben des Grundgesetzes und des speziellen Strafrechts einer funktionierenden Exekutive setzten, hakte nie lange nach, seufzte viel eher und gab sich – aufs erste – geschlagen. Jetzt aber war er mit den Nerven am Ende. Er ließ seinen Füllfederhalter fallen und stürmte die große Treppe der Staatskanzlei hinab. Unten auf dem Kochbrunnenplatz sah er den Mann, der ihn schon von weitem amüsiert anblickte. Was Roland Koch zudem sah, ließ ihn fast die Fassung verlieren. Der schmutzige Mann, der es sich auf der anderen Seite des Kochbrunnenplatzes bequem gemacht hatte, hielt einen glänzenden Bembel in der Hand! Roland Koch musste nicht zweimal hinsehen, um Gewissheit zu erlangen: es war ein Bembel aus der Kantine der hessichen Staatskanzlei. Schon von der Ferne erkannte man das edle, in einer Sonderanfertigung des Hauses Villeroy und Boch angefertigte Steingut mit dem Markanten Aufdruck. Roland Kochs Augen wurden zu feurigen Schlitzen. Seine feinen, Staatsmännischen Hände verkrampften zu gräßlichen Klauen! Das musste er sich als Herr im Haus der Staatskanzlei nicht gefallen lassen, das ein Penner, denn offenbar nichts anderes war dieser Mann dort, Geschirr aus der Kantine der Staatskanzlei stahl. Er schritt, fest entschlossen, auf den vor sich hin kichernden Idioten zu.
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>>>(Fortsetzung folgt)
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>>Der Mann stank fürchterlich, kein Wunder, denn er – und das konnte der Roland Koch zwar nicht wissen, aber etwas in der Richtung mag er sich schon gedacht haben – hatte den ganzen Vormittag damit zugebracht, in seiner verdreckten Wohnung bei geschlossenen Fenstern vor sich hin zu furzen. Er streckte dem Roland Koch jetzt die schmutzige Hand entgegen.
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>>"Ich bin Naturwissenschaftler! Mein Name ist Schmidt!", sagte er.
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>>Da musste der Roland Koch dann doch lachen. Und er sei der Bundesgeschäftsführer der PDS. Ungeduldig stierte er auf den Bembel in der Hand des Diebes. Großer Zorn, unsäglicher Zorn, war da in ihm. Jetzt hatte der Roland Koch etwas durchaus volkstümliches in seiner Art, was er in seiner Zeit als Ministerpräsident durch stetige Übung weithin zur Blüte der Vervollkommnung treiben konnte. Seine Stimme war also schwer von Mundart, als er mit ansonsten unmißverständlichen Worten den Bembel einforderte! Man musste eben Klartext reden, mit diesen Leuten.
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>>Da geschah etwas seltsames. Im selben Moment, in dem eine Windböe über den Kochhannplatz ging, unmittelbar auf die letzten Worte, die der Roland Koch gesprochen hatte, an den Dieb, ging etwas hartes durch das Gesicht des Mannes. Der schmutzige Fremde bekam einen kaustischen Ausdruck, und ein Knurren schien aus seinem Bart vernehmbar zu sein. Er nahm einen bedrohlichen, ja, gefährlichen Ausdruck an, indem er beide Fenster zur Faust ballte.
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>Naja, 'beide Fenster', beide 'Hände' meinte ich natürlich. Ist ja aber auch ein naheliegender Verschreiber, meine ich, lol!
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>>Koch sah sich um. Der Fremde war durchaus kein Fliegengewicht. Nicht sportlich, aber das allgemeine sich-gehen-lassen in der Lebensführung solcher Leute führte zumeist zu ganz beträchtlichem Übergewicht. Es war gefährlich, die körperliche Kraft solcher Menschen zu unterschätzen, auch wenn sie äußerlich oft genug den Eindruck nasser Säcke erweckten: ein Oberarm mit einem Umfang von 40 Zentimetern blieb ein Oberarm mit einem Umfang von 40 Zentimetern. Da ging der Mann auch schon auf Koch zu. Waren Polizeibeamte in der Nähe? Nein? Wieso nicht. Das war unglaublich! Er wich zurück.
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>>"Ich warne Sie!", sagte Roland Koch.
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Als es passierte, hatten sich wilde Schwärme großer Vögel kreischend aus den Baumkronen des Stadtparks erhoben, um, nachdem sie eine Weile lang wie ein schwarzer Heiligenschein über dem Mansardendach der hessichen Staatskanzlei gekreist waren, über der Spielbank Wiesbaden hoch in den Himmel nach Osten hin aufzusteigen. Einigen Hausfrauen, die gerade – denn es war 16 Uhr und die Männer kehrten wohl bald heim zum Abendessen – aus den umliegenden Geschäften kamen, waren die Einkaufstüten aus den Händen gefallen. Der Pförtner sah wenig später einen wutentbrannten Roland Koch auf sich zukommen. Auf Kochs Backe war der Abruck von fünf schmutzigen Fingern zu sehen. 'N'abend' schnautze Koch dem Pförtner zu. Der sah nur verwundert auf seine Uhr.

Als es dann wirklich Abend war, etwa 3 Stunden später, 19 Uhr – die Staatskanzlei war beeits weitgehend verweist – schlich sich Roland Koch hinab ins Erdgeschoss, in die Kantine des Gebäudes. Neben ihm war nur eine Putzfrau im Saal, sowie eine Angestellte des Caterers, die Brezeln und Wecken in Zellophan verpackte und dann in eine große Plastikbox verbrachte. Den Roland Koch störte das nicht. Er war zu sehr in Gedanken. Mit ausdruckslosem, wenn auch leicht bebendem Gesicht ging er auf den fast in der Mitte des Raumes stehenden chrom- und glasglänzenden, mit echten Weinreben verzierten Selbstbedienungsstand zu. Koch achtete nicht auf die liebevoll angerichteten Salate und kleineren Speisen, nur der Chrombaldachin über ihnen interessierte ihn. An dessen vier Seiten hing eine Auswahl der herrlichsten Bembel, die Wiesbaden, ja, Hessen je gesehen haben mochte. Steingut und Glasur mussten in jedem Betrachter und Bembelliebhaber Verzückung hervorrufen. So auch in Roland Koch. Er hatte nie verstanden, wieso diese herrlichen Bembel hier so exponiert, im Grunde öffentlich zugänglich in der Kantine der STaatskanzlei über einem Salatbuffet hingen. Er hatte sich einmal überlegt, ob er nicht vielleicht das Facility Management darauf hinweisen sollte, dass... Er hatte schließlich darauf verzichtet, ahnend, was für einen kleinbürgerlichen Nachgeschmack so etwas hinterlassen könte, wenn weiterkolportiert. Denn sicher konnte man sich nie sein, wer vom Personal nicht vielleicht einen verborgenen Groll gegen ihn hegen mochte: 'Wiesbaden: Roland Koch lässt wertvolle und herrliche Bembel aus der Staatskanzlei wegsperren'. Nein, das ging nicht, das war gar nicht möglich.

Hätte er es nicht dennoch veranlassen sollen? Zitternd zählte Koch die Bembel, 'o ihr herrlichen Bembel!', sagte er still bei sich. Er nahm einen in die Hand, und befühlte ihn, die Struktrur und das Relief waren atemberaubend. Da sah er aus dem Augenwinkel, wie die Frau vom Catering kurz inne gehalten hatte und womöglich ihren Blick auf ihn richtete. Schnell hing er den geliebten Bembel wieder an den dafür vorgesehenen Haken, der vom Baldachinrand über der Salattheke baumelte. Dann ging er einmal komplett um den Stand herum, leise und konzentriert die Bembel zählend. 19, 20, 21... Er wurde kreidebleich. Die schrecklichen Gedanken in seinem Kopf wurden zu einem wilden Kreischen:

»Einer fehlt! EINER FEHLT! 22 MÜSSEN ES SEIN! GOTT! 22 MÜSSEN ES SEIN! BEI GOTT!«

Er schlug sich an die Stirn und ging eilig aus dem Saal. Draußen, denn jetzt musste er nicht mehr an sich halten, rannte er mit zusammengebissenen Zähnen und tiefrotem Kopf hoch in den ersten Stock, wo er krachend die Flügeltüren zu seinem Arbeitszimmer von innen zuwarf, an seinen großen Schreibtisch stürzte, auf den er immer wieder mit seinen zwei großen Fäusten einschug, immer wieder, fester und fester, dabei Dinge schreiend wie 'DER VERBRECHER!', 'DIESER GANGSTER!', 'DER BEMBEL!' und so fort.

Einige Kilometer weiter westlich indessen, ging ein dubios aussehender Mann am Rande des Rhein-Main-Schnellwegs durch die Felder der Abendsonne entgegen. Während linkerhand der Verkehr vorbeirauschte, PKWs, Lieferwagen, riesige Lastwagen, griff er in seinen alten speckigen Rucksack. Er warf eine Weile lang einigen Unrat zu Boden, schien immer mürrischer zu werden, da er wohl nicht fand, was er suchte. Dann plötzlich nahm er ein Einweckglas hervor, betrachtete und schüttelte es. In ihm waren Zigrettenstummel. Er packte es zufrieden wieder weg, bevor er, und nun hellte sich seine Miene ganz außerordentlich auf, ja, er fing leise an zu glucksen, einen kleinen grauen Krug mit blauer Glasur in Händen hielt. Er hielt den Krug am ausgestreckten Arm in die Abendsonne vor ihm: dies war vielleicht der wundervollste Bembel, den er jemals in Händen gehalten, ja, den er je gesehen hatte, oder den er sich auch nur ausmalen, den er sich auch je nur hätte vorstellen können. Er war hochzufrieden, ja, glücklich!


(Fortsetzung folgt)