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Mitteilung von Schmidt (15.9.2013 21:31:27):
sonntag vor der wahl

Ich kann gar nicht soviel kiffen wie ich kotzen möchte. Ein kräftiger dickbärtiger dunkelhaariger Nichtmigrationshintergründiger und ein dünnhaariger Schlottriger, es soll zwischen uns ausgesprochen sein und trotzdem werden wir in der Öffentlich nie darüber reden, das Radio, jedenfalls die beiden saßen auf der Bank links der Wiesbadener Ringkirche um die heute herum ein Bürgerfest mit Wahlparteien war, und sie kifften dick qualmend, mein Weg führte gut dreissig Meter an ihnen vorbei und ich stand völlig in einer Duftwolke, mein Gott war ich zerrissen, einfach hinlaufen und um etwas bitten, zudem stand vor ihnen noch ein ganz normales Ehepaar beide um die dreissig, fünfunddreissig und schienen sich nur zu unterhalten. Eine noch unbefangenere Gelegenheit einmal jemanden nach etwas Gras zu fragen würde sich wohl so schnell nicht mehr ergeben. Sie hätten wenigstens nicht weglaufen können wie es die jungen Halberwachsenen immer tun nähere ich mich eindeutig in ihre Richtung. Ich weiche ihnen demzufolge schon immer wieder aus, ich will niemanden wenn auch nur entfernt ängstigen oder ihnen ein Beispiel sein.

Aber immer wieder ganz offen sichtliche Gelegenheiten eine Zeit wegzukommen vom Auflesen der bepissten und dreckigen Kippen aus den städtischen Rinnsteinen nicht zu nutzen, macht mich sehr ärgerlich, wenn nicht sogar, lassen wir das. Es ist heute der siebte Tag daß ich wieder täglich am Abend das Opioid einnehme, ich spüre jetzt deutlich beide Wirkungen, den Entzug und die Depression, das tiefe Schwarzsehen, und die kurzzeitige Erlösung von genau all diesem. Ich werde ähnlich sentimental wie zu Zeiten als ich früher soff, es ist eine ganz ganz ähnliche Sucht und ein ganz ganz ähnliches Gefühl.

Der Kippensammeltag war ziemlich unerfolgreich, sechs sieben RESTE mit sehr wenig Inhalt, eine einzige Kippe mit etwas Gras. Dazu gibt es Lasagne vorfabriziert von Lidl, selbstgebacken. Ich habe noch einen Rest Rotwein, die Flasche ist nun länger als eine Woche auf, ich habe damit eine Soße zu Zwiebelhähnchenoberschenkel fabriziert und den einen oder anderen Schluck genommen. Es erscheint mir nicht mehr sinnvoll komplett abstinent zu bleiben wo doch diese anderen Süchte sowieso viel zu sehr in den Vordergrund drängen. Der Geschmack der roten Tinte erscheint mir wie ein guter alter Bekannter von dem ich weiß daß er sehr unangenehm werden kann. Ich habe mich vor ziemlich genau zehn Jahren von ihm verabschiedet, und nun öffne ich ihm manchmal für ein paar Minuten die Tür auf einen kleinen Schwatz.

Ein kleines schönes Erlebnis hatte ich dann dennoch: Eine zweispurige Stadtstraße (erster Ring), ein breites Trottoir beparkt mit Autos so, daß kein breiter Fußgängerweg bleibt. Ich passiere ein kleines Mädchen mit Rad (sie steht und nestelt an ihrem Anorak), dann zwei Frauen um die dreissig, die zwanzig Meter entfernt auf das Kind warten, ebenfalls auf dem Rad. Ich bin nun also vor ihnen auf diesem Bürgersteig und bemerke alsbald, das sie hinter mir ankommen. Ich stelle mich kurz seitlich zwischen zwei parkende Autos ab und lasse das Trio vorbei. Eine der Frauen sagt danke, und das Kind dreht den Kopf und ruft mir ein deutliches HALLO zu.

In Bayern ist heute Wahl, eine einzige Partei bekommt die absolute Mehrheit und eine
Partei mit dem Wort frei im Namen fliegt aus dem LANDTAG: