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Mitteilung von Baumhaus (14.10.2013 23:03:39):
tootsie über »Übersetzer«

tootsie über »Übersetzer«
[zum Original-Text]

> Das ist mein Beruf. Ich bin kein Dolmetscher – nein, ich bin Übersetzer. Ich bin Übersetzer mit Haut und Haaren und Leib und Seele.
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> Ich habe mich früh für meinen Beruf entschieden. Ich bin kein Lehrerkind, meine Eltern sind auch keine Ärzte oder Anwälte. Die haben nicht mal Arbeit und sind das, was man schlicht Asis nennt. Ostdeutsche Asis sogar. Ich bin überhaupt nicht prädestiniert gewesen für diesen Beruf, und das ist mir oft auf die Füße gefallen.
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> Ich habe gezielt auf mein Ziel hin gearbeitet – allen Widerständen zum Trotz. Und ich habe den Fehler gemacht, in Leipzig zu studieren.
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> Die Ausbildung am IALT ist im Diplomstudiengang auf größtmögliche Praxisferne hin ausgerichtet gewesen. Deshalb habe ich das Studium schließlich auch abgebrochen. Es ist ein Wunder, dass ich bei der Sache geblieben bin. Für ein paar Wochen war alles denkbar, alles außer Übersetzen. Alle anderen Abbrecher sind übrigens Physiotherapeuten geworden.
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> Zuerst habe ich Hartz beantragt. Dann bin ich umgezogen, habe meinen Behördenscheiß geordnet und gelernt, auszuschlafen. Nach ein paar Monaten voller Meckern, Zweifeln, Selbstzerfleischen und Selbsttherapieren ging es ganz von alleine los. Ich konnte nur staunend von der Seite aus zugucken. Die Praxis hat mich gelockt. Ich wollte auch endlich mal ARBEITEN und nicht nur Prüfungen ablegen, die nichts mit dem Übersetzen an sich zu tun haben, sondern nur zeigen, dass ich das irgendwie kann. Ich habe einfach gespürt, dass ich das will. Mit ganzer Seele will. Und nichts anderes. Nur das.
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> Hah! Ich habe inzwischen einen kleinen Kundenstamm und kriege jede Woche einen Auftrag. Meine Kunden können Feedback geben, und dieses Feedback ist ist mehr wert als jede Prüfung. Für meine – sehr guten – Noten konnte ich mir nie etwas kaufen. Für das Geld, das ich verdiene, schon...
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> Pervers ist, dass ich durchaus darüber nachdenke, wieder an der Uni einzuchecken. Dann aber in einem Bachelor-Studiengang. Zum Abschluss fehlen vier Module und die Bachelor-Arbeit, die ich übrigens schon schreiben dürfte...
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> Ich mache das, weil es sich lohnen könnte. Aus der Praxis weiß ich, was mir in der Ausbildung gefehlt hat. Ich brauche Jura, denn ich muss wissen,wie ich mit Urkunden oder Verträgen umzugehen habe. Das gibt Geld, aber ich weiß nicht, wie das geht. Ich habe Zeitungstexte übersetzt, die dann benotet wurden.
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> Im Bachelor-Studiengang werden die entsprechenden Lehrveranstaltungen angeboten. Oh Wunder! Es gibt auch Medizin für Übersetzer. Das ist der Jackpot! Ich habe mich auf Medizin und Biowissenschaften spezialisiert – wenn ich noch ein Unidokument hätte, dass ich an meine Qualifikationen heften könnte... Bio habe ich ja, aber das ist eben nicht MEDIZIN.
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> Allein dafür würde es sich lohnen. Ein Jahr, 50 Credits.. und am Ende noch ein Zeugnis, das ich mir an die Wand heften kann. Uff.

Das hört sich mächtig spannend an. Ich drück' Dir alle Daumen, daß Du vielleicht schon ein Stück des Weges geschafft hast.

Ich wollte es anfangs nicht glauben, aber irgendwann merkt man tatsächlich, was einem liegt und was man kann. Und dann ist es nicht mehr weit, bis man ungefähr abschätzen kann, wo man wirklich hin will.
(Klar, es verbietet sich, das zu verallgemeinern. Aber der Text oben deckt sich gewissermaßen mit eigenen Erfahrungen, wenn auch auf einem völlig anderen Gebiet.)