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Mitteilung von Schmidt (25.7.2014 14:50:29):
it could happen to you

zwei Dinge sind mir deutlicher geworden. Ich lag gestern abend im Bett, auf dem Rücken mit über der Decke gefalteten Händen, so, wie ich sowieso nie lange liegen kann, aber ich wollte forschen warum nicht. So kamen mir exakte Situationen aus meiner Kinderbettzeit, vielleicht war ich sieben Jahre alt, nein, ich war mindestens neun. Also. Alles wurde groß. Die Hände wuchsen und wuchsen und wurde riesig. Der Körper wurde wie ein Gebirge, sie Decke eine umschlingende Vegetation, eine Bewegung eines Beins eine Verschiebung der Erdkruste, ich lag zitternd und völlig wach, wusste ganz genau um die Irrealität der Empfindung, doch so überaus deutlich war alles, ich machte das Licht an und betrachtete die Hände, doch das Gefühl wich nicht, nein, die kleinsten Äderungen und Flaten der Haut schienen mir gerade noch zu bestätigen, hier ist etwas Riesengroßes am Werk, ich kann es nicht abstellen. Das machte mir Angst. Manchmal glaube ich, legte ich meine beiden Hände fest unter meinen Hintern wie um dieses Gefühl abzustellen, ich erinnere mich nicht mehr weiter.


Dann spielte ich gerade zuvor das Jazz-Stück, it could happen to you, langsamst beginnend, ich möchte manchmal gerne ohne musikalischen Lapsus zum Ende gelangen, nicht so einfach, diese Mischung aus nötiger Entspanntheit und hoher punktueller Konzentration auf die gerade eben nun nötigen Töne und deren Anschlagstärke, und mir wurde wieder während des Spiels eine Kindheitserinnerung bewusst, die auch etwas mit dem Atmen gemein hat. Das Atmen fiel mir als sehr unangenehm auf, im Bett liegend, weil ich es tun musste, weil es mich nervte, daß ich es tun musste, irgendwie schien es nicht von ganz alleine zu gehen, ich weis nicht mehr, ich erinnere mich jedenfalls daß es mich nervte,


und so nervte mich auch, als Kind, das Klavierspielen vor Leuten, ohne Fehler sollte es sein, und einmal angefangen mit einem Stück befand ich mich in einer Zeitmaschine die kein Entkommen erlaubte, nun musste zwingend ein Ton nach dem Anderen abgespielt werden, bis zum Ende der vier Blätter, das ist eine lange Strecke für ein Kind das sich in einer Zwangssituation befindet und sofort schwitzten meine Hände und mir wurde unwohl und doch spielte ich, jeder nächste Ton war eine Qual, jedesmal mit dem möglichen Makel behaftet, zu spät oder falsch, und natürlich kam es zu Unfällen, meist aber erst kurz vor Ende, wo ich fast schon erleichtert war es nun geschafft, fast geschafft zu haben, kam dann ein Leichtsinnsfehler.


Die Krönung war es, nach einem gut gespielten Stück den allerletzten Ton falsch zu spielen.