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Mitteilung von Schmidt (30.7.2014 14:28:43):
>>So lernt man sich kennen

>>Das liegt sicher nicht nur an meiner Stimme und meiner Neigung die Dinge komplizierter als nötig zu formulieren. Das liegt auch daran, das die Anderen schneller sind. Und brutaler sind sie manchmal auch.
>brutaler als du?

zwei meiner Brüder sind ähnlicher Auffassung, ich sei mit Worten brutal, das wird auch meine erste Frau bestätigen. Sie stellen sogar in den Raum das sei schlimmer als körperlich brutal zu sein. Ich bin anderer Ansicht.

Ich war ein schwaches Kind zumal ich der Jüngste in den Schulklassen war und wurde manchmal verprügelt. Ich wehrte mich so gut ich konnte. Oma konnte mich nicht trösten, sie sagte, später einmal wehrst Du dich mit Worten, das ist viel besser.

Gleich danach kam die Wende 1989 und ich bekam eine, die einzige, Ostzeitung, dichtbedruckt, in die Finger, ich lief zum Mainzer Hauptbahnhof und kaufte sie und las und erschrak.

So bissig, so geschliffen, derart intellektuell, und derart niedermachend, uns, ich sage uns, alles zerbrach in mir, dieses kleine abgewertete Land mit ein paar Verrückten Ideologen kam derart schlau daher, meine Passage der Verwirrtheit begann, ich sah Leute.


Mainz lag im Osten, Hessen gegenüber, lag im Westen, man hatte die Grenzen erstmal verlegt, dafür gab es geheimgehaltene Pläne, ich wohnte also in der Genossenschaftswohnung im Osten und flüchtete eines Nachts um Drei weil die alkoholische tiefste Depression einsetzte in den Westen, zu Inge bei der ich die Nacht durchheulte


Ich blieb bei Inge, meine Mainzer Wohnung wurde in Abwesenheit von den Behörden geräumt, die Grenze die durch Deutschland ging, war nun in Wwalluf angelangt, es gab den Teil wo Inge wohnte, schon wieder war der Osten, und den Teil wo Mutter wohnte, wo das Thema immer nur um Geld ging.

Jahrelang sah ich Leute auf der Straße und schob Bedeutungen in sie hinein. Bis der Zahn so schmerzte, ich hatte längst keinen gültigen Ausweis mehr und keine Krankenkarte, das Inge den Kindergartenzahnarzt überredete mir eine Wurzelbehandlung zu machen gegen drei Gläser Leberpastete.

Ich begann eine Sterbehöhle zu bauen und verkroch mich wochenlang darin. Irgendwann sagte Inge es geht nicht mehr. Dann kamen zwei Polizisten und haben mich abgeholt. Ich habe mich gewehrt aber niemanden verletzt, sie haben mich angeherrscht, wehe wenn ich beiße...

dann haben sie mein Grundstück verschachert und vom Erlös durfte ich mir nicht mein Wunschklavier kaufen sondern bekam ausleihweise, zehn Jahre später eines von Mutters alten Klavieren, sehr spezielle Klaviere, mit Vor- und Nachteilen. Man darf nichts schlechtes über sie sagen. Die übrigen drei Geschwister hat sie ja nicht verprügelt.

Es ist ein Thema das mich mit den beiden entzweit hat und das zur Sprachlosigkeit geführt hat. So fassen wir uns nicht an wie es sich gehört und sprechen auch nicht mehr miteinander. Sondern sind nur noch bemüht und höflich und denken insgeheim, hoffentlich geht das bald vorbei, solch eine verlogene Beziehung.

Und trotzdem ist da, schimmert da, irgendwie hindurch, das alles ganz anders war, das wir uns verstanden haben, ohne großartige Fragen, springend, im Wasser der zurücklaufenden Welle rennend, am Meer, nichts was uns trennte, brutal, das ist anders, und sein achtsam und behutsam und was auch immer er mit dieser schneidend scharfen Stimme verkündet, darauf könnte ich kotzen.