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Mitteilung von schmidt (2.12.2014 16:37:40):
an meinen bruder

du fürchtest sie zu verlieren, dieses naive gutgläubige wesen das sofort hilfsbereit war, nach amerika, in die truppe, in eine entfernte funktionierende rationalität ohne dich oder mit dir als, na du weist schon, so wie eltern halt nicht wollen das sich ihre kinder über sie hinwegsetzen oder ein ganz eigenes leben haben.

du fürchtest dich vor dem moment der näher kommt wo sie nicht mehr deine kleine freche beschützenwerte tochter ist und eigene wege und töne anschlägt. selbstständig sein will und vielleicht auch ist. Sie hat dir halt gegeben, den fürchtest du zu verlieren wenn sie groß ist.

ich spüre diese angst so deutlich und kann sie dir nicht nehmen.
da gibt es immer so viel was man in ein beginnendes Leben noch hätte sagen und einbringen wollen spricht man hinterher in nächtelangen denken, zu sich, wo man glaubte zu fehlen, was man vergaß zu sagen, do lange hat man sie und doch ist in wahrheit so wenig zeit, das ist das drama. die zeitschlucker, die elektronischen. das ist das drama sich nicht hineinversenken zu können in ein mathematisches problem.

ich lernte das erste Mal in der Kaserne gut, in meinem halben Jahr Innendienst. Frühstück Mittagessen und Abendessen war in der Kantine und dazwischen war viel Zeit um in Büchern zu lesen und Aufgaben zu lösen. Ich habe leider keine Kantine mehr und auch keine Gesellschaft wenn ich auf die Stube gehe. Deshalb geht das mit der Mathematik auch nicht gut. Weil ich dauernd damit beschäftigt bin einzukaufen und zu kochen und meine Suchtmedizin aus den Rinnsteinen zu glauben.

Wenn ich nach einem halben Jahr in München glaubte gerade einmal wieder genesen zu sein wurde ich sofort rückversetzt in mein altes Milieu wo ich noch am Ankunftsabend wieder in die Sucht verfiel. Das war auch allen klar. Es scheint keine Möglichkeiten für mich zu geben. Nicht bei meiner jetzigen Initiativlosigkeit und meiner kurzen Tagesaktivitätsphase. Denken ist völlig unmöglich. Das ginge nur wenn ständig jemand neben mir sitzt, jeden Tag. Und der so tut als ob er genau das Gleiche lernt.