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Mitteilung von Schmidt (11.1.2015 23:08:57):
>>Die Relativität der Zeit

>>ist gut zu erkennen vor und hinter der Klotür. Eine Minute davor ist etwas völlig anderes als eine Minute dahinter.
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>Ich habe da meine eigene, wie ich finde: merkwürdige Erfahrung gemacht, nämlich im Rahmen meines Motorradtrainings nach Bernt Spiegel: Die obere Hälfte des Motorrades, welches ein ungeheuer gescheites Buch ist, dem ich sehr viele Anregungen auch über das Motorradfahren hinaus verdanke.
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>Ich habe nach diesem Buch »schnelles Motorradfahren« erlernt bis zu dem Punkt, daß meine Kumpels sagten, ich müsse auf die Rennstrecke, auf der Straße käme ich jetzt nicht mehr weiter. Ich hatte schon angefangen, nach entsprechenden Kursen zu suchen, aber da ist mein Zusammenbruch dazwischen gekommen.
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>Sicher Motorradfahren kann man nur, wenn man schnell Motorrad fahren kann. Denn die spezifischen Risikosituationen beim Motorradfahren sind ausschließlich durch »blitzschnelle« und »eiskalte« Reaktionen zu bewältigen. Die bringt das Motorrad – im Gegensatz zum Auto – auch locker, sofern der Fahrer sie nur draufhat.
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>Bei dem Training für diese blitzschnellen und eiskalten Reaktionen, konkret: das Ausweichen eines aus einer »blinden« Kurve auf Kollisionskurs entgegenkommenden PKW, habe ich nun genau diese Erfahrungen gemacht:
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>Tritt die Gefahrensituation, auf die man sich durch entsprechende Übungen vorbereitet hat, zum ersten Mal tatsächlich ein, dann erlebt man, wie sich die Zeit unendlich zu dehnen scheint. Nach dem Gefühl – messen kann man sowas ja kaum – lief die Zeit etwa um den Faktor 0,1 – 0,2 verlangsamt ab. Ich sah mir selbst zu, hörte mir selbst zu, wie ich überlegte, welche Manöver ich zu fahren hatte, wo der Fluchtweg war usw. und sah mir dann zu, wie ich diese Manöver geradezu lehrbuchmässig absolvierte. Sogar an die zu Tode erschrockenen Gesichter des Fahrers und Beifahrers kann ich mich heute noch erinnern. Die meinten, daß es jetzt ganz furchtbar krachen täte. Erst als das Auto schon lange an mir vorbei war, ich aus der Kurve wieder heraus war, die Gefahrensituation also überwunden war, schlug die Normalzeit wieder über mir zusammen, und mir haben nicht nur die Knie gezittert. Ich mußte anhalten und hatte Mühe, eine Kippe gedreht zu bekommen. Später dann habe ich solche Manöver wirklich »eiskalt« durchgezogen, auf jeder Ausfahrt ein paar Mal. So ist das halt, wenn man schnell fährt. Ich will nicht versuchen, die einzelnen Fahrtechniken zu beschreiben, das würde viel zu weit führen. Aber sie laufen darauf hinaus, daß man größtenteils aus dem Unterbewußten heraus fährt, mittels Handlungsprogrammen, die in subkortalen Hirnschichten gespeichert worden sind. Daher kommt auch dieses Erlebnis, »wie ein unbeteiligter Zuschauer« das Geschehen »von aussen« zu beobachten: das Bewußtsein – dessen biologischer Sitz ja die Cortex ist – ist wirklich nahezu unbeteiligt an diesen Prozessen. Nur so geht »blitzschnelles« Handeln beim Motorradfahren, Fliegen, Fechten und ähnlichen Betätigungen. Die Cortex ist viel zu langsam und neigt zum »sich aufhängen«.
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>Das Evidenzerlebnis, Zeit durch willkürliches Handeln – eben dieses Training – sehr stark dehnen zu können, hat mich tief geprägt. Das, was wir Mesokosmos nennen, ist dynamisch, zu einem erheblichen Teil kulturbedingt, und kann in die eine wie die andere Richtung verändert werden.
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>Von daher sehe ich auch die sogen. »Nahtod-erlebnisse« in einem ganz anderen Licht. Ich vermute inzwischen, daß es wirklich möglich ist, daß sich der »Augenblick« des Todes subjektiv so weit ausdehnen kann, daß dieser Augenblick zum »Wiedererleben« des gesamten (!) Lebens ausreichend sein kann.




Nun, ich schaffe es immerhin auf eine Verdoppelung der Zeit, wenn auch nur in bestimmten Momenten. Seit sich meine Hände beim Klavierspiel voneinander zu lösen beginnen und fast unabhängig voneinander gewisse Stellen bewältigen, tritt ein wirklich beeindruckendes Phänomen auf: man erlebt eine spontane Verdopplung der Geschwindigkeit, gefühlt vervierfacht, ohne das Gefühl der Eile zu haben, also obwohl die Hände sich noch einigermaßen ruhig bewegen ertönt ein wahre sehr schnell aneinandergereihte Tonfolge die in Spitzen äußerst dynamisch sein kann, wieder ohne Eile zu fühlen. Es ist echt beeindruckend und ich arbeite immer wieder ein wenig daran. Leider bin ich noch nicht so weit es in jeder erdenklichen Lebenslage demonstrieren zu können, es »passiert« mir noch zu oft, diese Mechsanismen zu durchschauen bewußt einen Reflex abzuschalten sind nicht ohne