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Mitteilung von Matthias (27.10.2012 00:17:04):
>>>>>>>Schmidt über »Notfallmedikament«

>>>>>>wenn wieder einmal die dröhnende elektrische Musik der Halle gegenüber durch meine Wände zittert
>>>>>
>>>>>was hält dich dort? warum ziehst du nicht an einen ort, an dem du auch arbeit findest?
>>>>>
>>>>weis nicht
>>>
>>>wo wärst du, wenn es tatsächlich nur darauf ankommt, was du willst? was würdest du dort tun? was würdest du dazu verändern?
>>
>>eigentlich ist es mir ziemlich egal geworden was ich tue, wenn es nur keine Hetze ist oder in unangenehmer stinkender Umgebung, wichtig ist mein eigener, mittlerweile langsamer Rhythmus, und Licht
>>
>>aber all das scheitert weil ich im Grunde niemals aus dieser Einsamkeit entkommen konnte, ich erhasche manchmal einen Zipfel des Lebens wie es sein könnte, kann aber nicht danach greifen oder es gar festhalten, alles hängt daran daß ich einsam bin und nicht in der Lage das zu ändern.
>>
>>Bitte sag' mir jetzt nicht ich solle in einen Verein gehen. Ich bin auch unter Leuten einsam.
>>
>>Das Mittelmeer im Winter war schön. Ich würde alles verändern. Ich weis absolut nicht mehr was ich will. Ich möchte geborgen sein. Und frei sein. Und spazierengehen. Und manchmal nicht selber kochen müssen. Fürs Klavier bin ich nicht mehr gut. Zu lange danebenstehen oder sitzen und unwillige Schüler. Da bin ich kein Profi. Ich kann nur ein paar Tips geben. Du mußt daran arbeiten die Hände voneinander zu lösen. Deine Hände hängen irgendwie reflexartig zusammen, das lässt sich mit Übung vermindern, sogar ganz auflösen. Es ist eine neue Klangwelt die sich dann erst erschließt. Ich habe mich sehr an die Einsiedelei gewöhnt. Ich habe Angst es schlechter zu treffen wenn ich etwas ändere und nicht mehr zurück zu können. Dabei war ich einmal einer der sich wirklich auf fast alles einließ hatte man es einmal in Gedanken durchgespielt.
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>Was im Einzelnen erlebst du als Einsamkeit? Wo genau am Mittelmeer magst du sein? Was hältst du von einer täglichen Ich-Will-Liste, um dich allmählich wieder an das heranzutasten, was dich trägt und was du trägst? Was ist Geborgenheit? Worin besteht sie? Wie hängt sie mit der Einsamkeit zusammen? Gibt es etwas, was dich fesselt, so sehr, dass du es mehr willst als alles andere? Wie müsste die Geborgenheit aussehen, damit sie dich nicht einengt? Gibt es Begleitendes, das die Geborgenheit suggeriert? Wie engmaschig sollte diese Begleitung sein? Welche Art der Interaktion dürfte sie umfassen? Würde es dir genügen, dich betreut zu fühlen oder wäre dir der Zustand zu passiv? Wobei willst du am stärksten eingreifen können? Genügen dir dazu Buchstaben auf Internetseiten? Wenn ja, wie müssten die vernetzt sein? Was magst du verändern?


Meine Freundin fragt mich eine ganze Menge. Ich bin nun fast müde und möchte nun erst mal kurz antworten. Vielleicht antworte ich noch ein zweites Mal auf genau die gleichen Fragen. Ich bin so zwiespältig, doch weis ich genau was ich möchte. Ich kann es nicht wirklich formulieren. Ein Tonfall könnte erkennen lassen ob es gut ist. Nun zu den Fragen.

Alle erlebe ich als Einsamkeit. Nur wenn ich träume, schön träume, Absurdes, dann bin ich manchmal gemeinsam und es ist leicht und gut. Das Aufwachen nicht. An einem Strand der rechts und links mit flachen Felsen gesäumt ist die man entlanglaufen kann, in einer Wohnung mit Terasse und Blick aufs Meer, einem Herd in der Küche, Bett, Bad und einem Fischgeschäft in der Nähe. Ich will den Tag heil und ohne Schmerzen überstehen und am Abend einschlafen können, etwas Gekochtes essen, meine unmittelbare Umgebung sauber halten, mich waschen, und immer gutes Brot, Butter, Tomaten Pfeffer und Salz im Haus haben. Ich will ab und zu meine Fleischsuppe mit Markklössen kochen und manchmal an ein Klavier mit einem guten Klang gehen können. Ich möchte in der Sonne sitzen und Menschen vorüberlaufen sehen. Ich möchte Gespräche.
Ich habe mich wahnsinnig gerne an die andere Haut herangetastet. Ob ich sie tragen kann oder sie mich, das weis ich nicht. Aber heben kann man üben. Es gibt nicht Etwas das mich fesselt, das können nur Menschen sein. Ja, das will ich mehr als alles andere. Das ist Geborgenheit die mich nicht einengt. Wie die Geborgenheit aussieht, wie ein Embryo, eine Katze, eine hängende Marionette, ein sich am Boden Windendes, sie sieht ganz schrecklich aus, ich kann sie gar nicht betrachten, so ein großer Mensch so jämmerlich zusammengeschnürt, das Begleitende, das diese Geborgenheit suggeriert, das sind die Bilder der gefesselten Frauen, ästhetisch schön, aber die Suggestion ist nicht zufriedenstellend, sie erweckt das Bedürfnis ebenso zu sein. Ein ganz klein wenig kann die Vorstellung helfen, aber die Sehnsucht nach dem Echten bleibt. Die Begleitung sollte sehr engmaschig sein aber nicht zu spüren. Sie dürfte nur vorher besprochene Interaktionen umfassen. Es würde mir genügen mich nur betreut zu fühlen. Ich möchte das Handeln selbst unter Kontrolle behalten. Ich kann den aktiven Part nur an eine Person abgeben die ich liebe und von der ich das Gefühl habe sie liebt mich. Am stärksten eingreifen möchte ich wenn ich glaube Kinder (Menschen) ungerecht behandelt zu sehen. Gar nix genügt mir. Buchstaben sind besser als nichts, Buchstaben können trösten. Hände und ein Gesicht dagegen sind sehr viel mehr. Ich verstehe nicht viel von Vernetzung. Sollen mich doch alle lesen, ich habe oft meinen Geschwistern, die mir vorwarfen ich sei ja nicht erreichbar, gesagt, da, schreibe ich, seit längerem. Aber niemals hat einer die Möglichkeit genutzt. Meine ganzen Erinnerungen haben sie weggeworfen ohne mir Bescheid zu sagen. Im aufwachenden Traum höre ich mich auf sie schimpfen, heiser geredet. Was ich verändern mag, in erster Linie meinen Gesundheitszustand. Aber ich habe nicht sehr viel Energie. Oft erschöpft sie sich im Naheliegensten. Meinem damaligen Wunsch, als ich einige Wochen in der psyschiatrischen Klinik war, die ja Teil eines großen Klinikums war, mich gründlich durchzuchecken wurde nicht entsprochen. Ich dachte, einige Jahre nach dem Alkoholentzug kehre meine Energie wieder, dem war nicht so. Ich bin lediglich geistig wieder ein wenig fitter.

Nochmal zur Einsamkeit. Ich habe schon Gespräche erlebt, die wollten nichts und ließen sich ein und waren klug, zurückhaltend und doch ganz offen, manchmal mit Gras, aber auch ohne, da wurde mir die Einsamkeit zwar bewußt, aber sie wurde erträglicher weil ich mich für diesen Moment verstanden/angenommen fühlte, für den Gesprächsmoment wir gemeinsam waren, umso schwerer wieder voneinander zu lassen, aber notwendig, Einsamkeit ist wie ein guter Freund geworden im Laufe der Zeit, nur manchmal nerft sie gewaltig, aber das tun Freunde oder Kinder anscheinend auch wenn ich mir meine Brüder so anhöre. Mein Betreuer sagt, mit sechzig ist das nicht mehr lustig, da wo ich wohne. Na der macht mir vielleicht Mut. Ich bin Jahrgang 1958.