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Mitteilung von baumhaus (3.1.2013 00:51:47):
>>>>>>>>Die Leiche über »Dummheit«

>Naiv ist ok, solange der Normalzustand »herrscht«. Wenn indessen der Ausnahmezustand »ausbricht«, kann Dich Naivität den Kopf kosten – oder sogar noch mehr.

... oder eben gerade nicht. Im bescheidenen Fundus an Lebenserfahrung, den ich in einigen wenigen (wenngleich heftigen) Unbilden und Sonnentagen sammeln konnte, finde ich, daß Menschen, die sich weniger mit intellktuellen Anstrengungen befassen, die sozusagen, »einfach Leben«, häufig unbeschadeter durch Ausnahmezustände kommen als jene, die sich anmaßen, kraft ihres Geistes alles erschließen, erklären und ermessen zu können. Davon abgesehen, daß die ständige Hirnschwurbelei einsam macht, bringt sie bei Lichte betrachtet vielleicht den einen oder anderen erfüllten Moment eines »ich hab's erkannt, so läuft das also« – im Großen und Ganzen jedoch nicht viel mehr als ein Pendeln zwischen Überdruß und Resignation: Der »Normalzustand« ist durchschaubar und im höchsten Grade langweilig, die Ausnahmezustände hat man längst gelernt zu umschiffen. Also strickt man sich schöne bunte Glasperlenspiele, die die meisten anderen entweder nicht verstehen wollen oder können – oder beides.

>"Die Kunst des Handelns unter dem Druck der schwierigsten Bedingungen" (meine geliebte Strategiedefinition des Feldmarschalls Moltke) kommt einem nicht zugeflogen.
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>Mein Lieber ! Ich bin heilfroh, daß ich diese Kunst wenigstens in ihren »ersten Ansätzen« beherrsche, und im Ausnahmezustand nicht völlig die Nerven verliere, handlungsfähig bleibe, und damit eine Chance behalte.

Nervenverlieren hat nichts mit Intellekt oder Naivität zutun.

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>Könnte ich das nicht – ich glaube, ich hätte das, was ich durchmachen mußte und noch durchmache, nicht überlebt. Zumindest nicht so, daß ein Neuanfang, eine »Stunde Null«, eine reale Möglichkeit ist.

Es ist doch ein aufbauender Gedanke: sich rückschauend Löwen-Mut attestieren zu können. Zu wissen, daß man in der Lage ist, selbst wenn gerade das große Wichtige, mit dem zu identifizieren immer der allerheiligste Mittelpunkt des Lebens war, sang- und klanglos den Bach runtergeht, daß man selbst in einer solchen Lage irgend ein inneres Lämpchen hat, das weiterleuchtet – ein kleines Notsystem, das zumindest die Grundfesten bewahrt und heil durch den Sturm zu bringen in der Lage ist.

Wie gesagt: Das ist keine Frage des Intellekts. Das ist eine Frage der inneren Haltung. Letztlich eine Charakterfrage. Der eine wird mit Charakter geboren, der andere erarbeitet ihn sich hart – und der Dritte hat keinen. Keiner von den Dreien muß dafür sonderlich intellektuell sein.