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Mitteilung von oedipus rector (2.4.2013 19:00:43):
>Meine schönste Büroangestelltengeschichte

>Ich hatte zwei Anwaltsgehilfinnen, die Anja und die Brit. Mit der Anja zusammen habe ich die Kanzlei aufgebaut. Mit der leicht pummeligen Blondine habe ich super zusammengearbeitet: ich war der kreative Chaot, und die Anja die beinharte Pedantin, die stets mit enormem Ehrgeiz dafür gesorgt hat, daß ich auch wirklich das getan habe, was zu tun war – wir waren ein gutes Team gewesen. Und da war dann noch die Brit. Die hatte bei uns die Lehre gemacht, und es war mir eine quasi-väterliche Freude gewesen, zu beobachten, wie sich das reichlich unattraktive käsige teenie zu einer attraktiven, selbstbewußten jungen Frau entwickelt hat unter Anjas und meinen Fittichen. Wir hatten damals ein super Betriebsklima gehabt, sind alle gerne auf Arbeit gekommen, haben viel Spaß gehabt, und ein, zweimal zusammen Kaffeetrinken und locker-fröhlich quaken war Pflicht gewesen. Die Mädels waren genauso stolz wie ich auf unsere anspruchsvollen Mandate und unsere hochmögenden Mandanten, und ich habe ungefähr das Doppelte des in unserer Kleinstadt üblichen Gehaltes bezahlt für die Mädels. Wenn man mit jemand vertrauensvoll zusammenarbeiten will, als Anwalt, dann darf man keine Ausbeuterei betreiben, und dem Ochsen der da drischt, soll man ja nicht das Maul verbinden. Und ich habe entgegen dem branchenüblichen nie an meinen Mädels rumgegrabscht. Ich habe sie zweimal im Jahr berührt: zu dem Ihrigen und dem meinigen Geburtstag, demonstrativ mit endlos lang ausgestrecktem Arm. Das ist sehr wohl verstanden worden von den Mädels und sehr gut aufgenommen worden. Immerhin mußten wir ja häufig unterhalb der Sozialdistanz zusammenarbeiten: wenn wir über Akten brüteten, ich am Schreibtisch saß mit der Mappe der Diktate und die Mädels neben mir standen undsoweiter.
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>Je nun.
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>Wir waren ein glückliches Raucherbüro, und mit meinen Feuerzeugen war ich schon immer ein furchtbarer Schussel, mußte immer wieder ins Büro meiner Mädels Feuer schnorren, und habe deswegen darum gebeten, daß mir mal ein Paket Streichhölzer in den Schreibtisch gelegt wird. Die Mädels sind ja sowieso alle 10 Tage einkaufen gegangen: Kaffee, Tee, Sprudelwasser und so Zeugs. Da hätten sie mir ja locker auch mal so'n Paket Streichhölzer mitbringen können. Aber die Streichhölzer kamen und kamen nicht – vergessen, sorry, tut mir leid Chef, ach nicht so schlimm, äh, habense mal Feuer ? Irgendwann hatte ich genug: förmliche Dienstanweisung ! Nächsten Montag liegt ein Paket Streichhölzer in meinem Schreibtisch, ist das klar ? Ja Chef, tut uns leid, am Montag garantiert, versprochen !
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>Was war am Montag ? Nix war am Montag ! Keine Streichhölzer ! Jetzt langts aber ! Wer ist hier der Chef ? Ans Telefon: Brit soll mal kommen, sofort ! Also Brit ! Streichhölzer ! Ja Chef, sorry, mir furchtbar peinlich ohgottohgott ! Also Brit: Streichhölzer kaufen ! Jetzt ! Sofort ! Jetzt sofort ? Jetzt sofort ! Ein Paket Streichhölzer ! Sonst wird das niemals was ! OK Chef, wird gemacht !
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>10 Minuten später kam die Brit an, und legte mir auf meinen gigantischen Chefschreibtisch ein winziges, einzelnes Päckchen Streichhölzer und grinste dazu, daß man ihr den Spargel hätte quer reinschieben können.
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>Ich bin explodiert. Wie ein Rumpelstilzchen bin ich erst um die Brit, dann auch um die Anja rumgehüpft und habe gebrüllt und getobt, wie der Führer bei der legendären Besprechung am 23.4.1945. Was sich die beiden einbilden, mich so zu verarschen ! Wofür bezahle ich sie gut, um mich so dermaßen für blöd verkaufen zu lassen ! Raus ! Alle beide ! Sofort raus ! Ich kann Euch nicht mehr sehen ! Raus ! Sofort !
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>So richtig das oberfiese Chef-Arschloch habe ich raushängen lassen – und was sollten die beiden armen Mädels machen, sie sind halt mit betröpfeltem Gesicht heim gegangen.
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>"Der Zorn ist kurz – die Reu' ist lang!" spricht der Dichter, und er hat natürlich Recht. Also hab ich am nächsten Morgen zwei fette Blumensträuße gekauft, und zwei Stangen von den Lieblingszichten meiner Mädels, und da haben wir uns dann ausser der Reihe nochmal angefasst – ich mit demonstrativ ausgestrecktem Arm, wie immer bei solchen Gelegenheiten – und ich hab mich zehntausend Mal entschuldigt und die Mädels haben sich zehntausend Mal entschuldigt und in der Mittagspause sind wir zum Italiener Pizza essen gegangen und die Mädels haben sogar drauf bestanden, die Rechnung zu übernehmen, und fanden es ganz, ganz toll, daß ich mich so lieb entschuldigt habe, und wir waren alle drei wieder ein Herz und eine Seele.
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>Aber die Streichhölzer für meinen Schreibtisch – die mußte ich mir dann trotzdem selbst kaufen.

Diese Packung Streichhölzer in meinem Schreibtisch hab ich übrigens niemals angebrochen – wenn ich mal wieder mein Feuerzeug verschusselt hatte, bin ich nach wie vor raus ins Geschäftszimmer, und hab bei den Mädels Feuer geschnorrt.