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Mitteilung von Ortfried (8.8.2014 23:31:25):
>>>>Psychiatriereform

>>>Hallo Micha,
>>>Ich bin Rodin.
>>>iCH DARF MEINE sKULPTUREN MICHT MEISSELN WEIL DAS gEBIET LÄRMGESCHÜTZT IST UND SIE MICH WEGSCHLEPPEN WENN ICH
>>>
>>>ICH hatte bisher zwei unbegabte
>>>assistentinnen, sie eine etwas
>>>williger, aber gänzlich unbegabt,
>>>auch nur eine Annäherung an eine m
>>>einer skulture
>>>
>>>n zu erreichen
>>>
>>>ich kniee nieder vor dir
>>>ich nehme eine Pose ein
>>>die pose soll eingefroren und
>>>vervollkommenet werden
>>>
>>>die zuhilfenahmen
>>>geschehen in einer arbeitsathmosphäre
>>>und guter Zimmerdurchlüftung
>>>unter Ausschluss von Stechmücken Spinnen und Fliegen
>>>auch Ameisen oder Katzen oder Hunde sind nicht erlaubt, gar kein getier, steril,
>>>
>>>eine zeichnerin der Kunstschule wird engagiert
>>>sie soll schwarweissbilder zeichnen mit bleistift
>>>
>>>das Bild gehört hinzu in die spätere Ausstellung
>>>das Thema ist gesellschaftlich nach wie vor relevant
>>>es ist eine Verbildlichung dessen was viele Alte erleiden
>>>es ist auf die Schippe genommen vom Kommerz und einer jungen kleinen elitären schönkörpergesellschaft,
>>>es wird, selbstverständlich teuer, verkauft in Erfahrungs und Wochenendseminaren und kürzer härter und schneller bei irgendwelchen Dienstleisterinnen deren Mentalität und Motive besimmt in so manchem Fall fragwürdig sind,
>>>es ist im Netz wohl allgegenwärtig um die Kranken durch Fantasieauslebung von realen Taten fernzuhalten, so lautet bestimmt nicht nur eine Lehrmeinung, ebenso wie es anderslautende gibt. Die Wahrheit ist einzig, und ihre verschiedenen Versionen sind unwahr. Die Wahrheit ist so einzig wie das Individuum. Für meine Bedürfnisse gibt es verschiedene Lebensmodelle. Das betreute Wohnen. Das Psychiatergespräch das nach zehn Minuten in Tablettenempfehlung endet und ich merke, ich werde ihm lästig, der Kontakt zu anderen Gefallenen, meist pyrogallolisch-psyschedelisch-lallomanie-behaftet, der kurze Blick der Kassierer und Kassiererinnen, die nun alljährliche Anfrage ob ich mit in einen Urlaub fahren wolle, das bohrende Fragen in der Backe ob mein schöner großer Eckzahn mit dem ich vortrefflich mitkaue links unten nun auch hinaus soll bevor er eitrig wird oder eine Reihe von Nächten bescheert die alles andere als erholsam sind, womit dann drei Zähne in der unteren Reihe fehlten und das seitlich Schlafen mit den Fingerknochen unter der Backe zu noch schmerzhafteren Kieferverschiebungen führt, weil die Psychiatriereform noch immer nicht eingesehen hat, das eine individuelle, vom Behandelten festzulegende Menge einzelner, von ihm selbst gewähkter Medikamente auch eine Option für langjährig Polytoxikomane sind anstatt hier weiterhin die Vorgaben der forschenden Pharmaindustrie zu befolgen und fleissig und regional verschieden bestimmte neuerungen und etwas ältere Kombinationen statistisch zu testen. Ich verweigere mich diesem gräßlichen Mißbrauch all unseres Wissens um Substanzen und lege Beschwerde ein.
>>
>>
>>
>>Rodin!!!!
>>
>>
>>Bist du es?!
>>
>>Ich kann es noch kaum glauben! Es muss der selbe Rodin sein, der mir den Unterschied zwischen »Skulptur« und »Plastik« beigebracht hat!!!
>>
>>ALS SICH DAMALS DER OPEL CORSA VOR ST. ETIENNE IN SEINE BESTANDTEILE AUFGELÖST HATTE!
>>
>>An mir war es, hunderte von Kilometer zur nächsten Tankstelle (ELF!!!) zu laufen.
>>
>>'Monsieur, monsieur, qu'est que ces't ca, quelque chose 'ill begotten' has happened to nous!!! Help, help!'
>>
>>Der Tankstellenwärter hatte nur ganz ruhig gesagt:
>>
>>alors enfants: ihr Autooo ist eine Sculpture! Wenn man etwas wegnimmt, also, alors, Teile abfallen, dann ist es eine sculpture... fügt man Teile hinzu, so ist es eine 'plastique'
>>
>>"comment? comment? Je vous dirai..."
>>
>>"you are out of luck, my friend, c'est la vie, hie hie hie"
>>
>>Ich bin dann tausende Kilometer zum Wrack zurückgelaufen.
>>
>>"Und, wollte er uns helfen?"
>>
>>"Naja. Teils teils..."
>>
>meine herren, ich bitte um konzentration! wir haben beschlossen, die psychiatrie zu reformieren. ich jedenfalls.

uff ja. Ich fürchte ich kann da nicht soviel dazu beitragen. Ich habe exakt drei Tage meines Lebens mal eine ordentliche Dosis Haldol verabreicht bekommen, dass war bei meiner bereits erwähnten zweiten Entgiftung zweitausendneun. Ich bin durchgeschwitzt wie ein Handtuch in der Notaufnahme gelandet, mit dem Gefühl, als ob sich gleich meine Hauptschlagader von meinem Körper befreien würde, zack. Wie ich es überhaupt bis ins KH geschafft habe ist mir heute weitgehend unklar. Das Urbankrankenhaus hier ist, obwohl sehr zentral, verkehrsmäßig absolut ungünstig gelegen, von der nächsten U-Bahnstation läuft man immer noch gute 20 Minuten die Dieffenbachstr. und dann den Kanal entlang. Januar 2009 war einer dieser geschissen kalten Winter, 2008/2009/2010 waren ja so heftig das hier tw. eine zehn zentimeter dicke Schnee/Eisschicht auf den Gehsteigen war. Tage zuvor beim Bierholen am frühen morgen an der Tankstelle bin ich auf einer Eisscholle nach hinten ausgerutscht und volle kanne neben der Zapfsäule rückwärts auf den Boden geknallt. Irgendwie ist mir dabei der Rucksack nach oben gerutscht so dass ich mit dem Hinterkopf weich auf der Polsterung des Eastpak landete. Glück muss man haben! Da war so ein Typ, der gerade getankt hatte, der hat wohl gemeint, ich müsse tot sein, zumindest habe ich das aus seinen vom spontanen Entsetzen verzerrten Gesichtszügen abgelesen. Ich aber haha bin nur aufgesprungen, Daumen nach oben, internationales Zeichen für 'mir geht es gut, nach einigen Bieren und einer Schachtel Kippen wird es mir noch besser gehen!' Vorgespult wieder, paar Tage später, nachdem ich bei der Aufnahme meine Verköstigungswünsche angegeben hatte (»vegetarisch« »egal« »Schweinefleisch« »meinetwegen... im übrigen wollte ich noch sagen: gl gl gl gl« ... so Clever und Smart-mäßig, nachdem einer der beiden gegen einen Laternenpfahl läuft oder so eine richtig krasse Schelle von irgendeinem katalonischen Wutbürger oder dieser Sekretärin kassiert, Abdruck von fünf Fingern auf der geschwollenen Backe und so) und das Distraneurin, welches eines der größten Wunder der Welt ist, seine Pflicht getan hatte, sah die Welt eigentlich wieder ganz annehmbar aus, nachdem diese selbst (also die Welt und vor allem mein Platz in ihr, »in iis«) wenige (so 12) Stunden zuvor nur einen dermaßen fürchterlichen, einen dermaßen angsteinflößenden, zerschmetternden, einen überdies vor allen Aspekten des Lebens und der menschlichen Wohlfahrt jeden Respekt verweigernden Eindruck im höchlich eigenen, vergifteten Schädel hinterlassen hatte, naja, also dann ging es erstmal.

Bis der Oberarzt erstmalig zur Visite kam, am frühen morgen. Ich hatte, zu meinem späteren Verhängnis, oder fast-Verhängnis, auf die Frage, ob ich Halluzinationen gehabt hätte, wahrheitsgemäß gemeint, dass ich hier und da noch Buchstaben oder Sätze in der Tapete erkennen könne und ich erst mal versuchen würde, mich nicht auf das Geräusch der Lüftung zu konzentrieren, weil ich dann da sonst nur irgendwelches Zeug raushöre, soweit normal. Naja, das Ende vom Lied war, dass ich erstmal ab den Inhalt von zwei anstatt einem kleinen Plastikbecherchen (so Schnapsglasgröße) verabreicht bekam. Ich habe mir nichts dabei gedacht, ach ja doppelt hält besser.

Bis ich dann einige Stunden später aufgewacht bin und mich kaum bewegen konnte, so ein Gefühl, als ob man aus flüssigem Blei besteht, nicht schön. Ich konnte mich kaum umdrehen in diesem verfluchten Krankenhausbett, ich hatte keine Ahnung, was los war. Ich bin am nächsten Tag wieder aufgewacht und fühlte mich wie ein Stück Schiss, als plötzlich der Mann wieder kam.

»Na und wie fühlen wir uns heute?«

»Mmm... nicht gut... (zu sagen, dass ich mich wie ein Stück Schiss fühlte erschien mir nicht angebracht, zumindest aber gefährlich...)«

»Aaah, Sie machen aber schon einen viel besseren Eindruck als gestern...«

»Ja?«

Ich habe dann den Nachmittag damit verbracht, meinen 'Mitbewohner' (das dritte Bett war leer, am Jahresanfang herrscht da wohl verminderte Nachfrage, aus welchem Grund auch immer, was ich nicht so verstehen konnte, eine Silvesterfeier hat mich damals ehrlich gesagt ein wenig über die Reling geschickt, naja, drei Wochen später ist man auf der qualifizierten Entguftung lustig. Zum Glück war ich da noch Student und musste nicht zur Arbeit. Den Job hätte ich verloren...) dabei zu beobachten, wie er langsam irgendwelches Abdeckklebeband, welches die Maler irgendwann in den neunziger Jahren am Türrahmen hinterlassen haben mussten, unter größtem Interesse abgezogen hat.

»uuuh, was machst du?«

»Ich renoviere!!!«

»du renovierst???«

»Ja!«

Wenn ich gekonnt hätte, ich hätte schon ein wenig gelacht. Oder geLOLt Ging irgendwie nicht. Egal. Am nächsten Tag hat mir der Stationsarzt dann erzählt, auf interessietre Nachfrage, weil ich so einen beschissenen Zustand bisher bei keinem Alkoholenzug kennengelernt hatte, und die Wirkung vom Distra war das auch nicht, naja, hatte der mir dann eben nebenbei erzählt, dass er mich ein wenig auf 'Neuroleptika' eingestellt hat, wegen der Sache mit der Schrift auf der Wand und der Musik aus der Lüftung. Ich habe das Zeug dann verweigert, als die nächste türkische Stationsschwester mit ihrem schwarzgüldenem Adidas-Anzug herkam. Vergesst es. War dann auch okay.

Nur vor dem Entlassungsgespräch, nach all diesem ganzen Quark, den man in so einer Woche durchmacht, Gruppenvorstellung im Gemeinschaftsraum von den Anonymen Alkoholikern, den Guttemplern, Synanon, etc etc. Wutanfällen, haltlosem Gelaber, Streiterein und fast-Schlägereien unter Mitinsassen, hat es mir ein wenig gegraut. Der Mann (Stationsarzt) wollte mich glatt von diesem Unsinn in eine Tagesklinik schicken, bei der er, wie sich herausstellte, Teilhaber war, financial stake. Financially stale. »Da lernen Sie, sich richtig zu bewegen, sich richtig darzustellen, richtig zu reden, mit den Problemen des Alltags angemessen umzugehen...«

Ich hatte mir da nur gedacht »Alterchen, wenn du einen Monat rund um die Uhr richtig durchsäufst, mit Halluzinationen und letzter Kraft in die Notaufnahme einläufst nur um dann zwischen unerbaulichen bis wahnhaften Gruppensitzungen, Sport mit Medizinbällen und therapeutischem Zeichnen den Haldolhammer auf die Fresse gebläut zu bekommen, bewegst du dich auch erst mal eine Woche + nicht so richtig elegant... Habe dann aber nur gemeint 'klar, mach ich. Wo muss ich unterschreiben?«... und bin abgehauen.

Fun times. Kotz,
>es wäre nett. zumindest wäre es professioneller, als betroffener eine taskliste zu erstellen statt sich instrumentalisieren zu lassen. ich gebe ja zu, dass es von der leichenrede bis zur auferstehung immer noch etwas geduld braucht, verdammt, ich hab mir grad wieder erklären lassen, dass ich ein so nicht zu hypnotisierendes forschungsobjekt sei, dessen konzentration bereits beim hören von zwei stimmen konzentrationsstörungen bekommt. aber es war tatsächlich so, dass peter die cd offensichtlich schon sooft gehört hatte, dass es ihm bei seinem erweiterten selbstgespräch gar nicht auffiel, dass ich, die tapete zur cd, überhaupt nicht hörte, geschweige denn verstand was er sagte, da er sich eigentlich mitr der cd unterhielt und mich nur als zeugen für den moment brauchte. allerdings fährt er derart achterbahn, sobald er diese cd nicht hört, dass ich angst habe, dass er mir wegbricht, falls ich auch nur ansatzweise explodiere. es war zum ersticken. meine angst hat sich also zur regelrechten panik ausgewachsen.