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Mitteilung von Schmidt (11.8.2014 20:25:35):
Bin ich ein Idiot oder wahnsinnig

Ich schreibe jetzt an meine drei Brüder und an Christine.
Heute ist Montag, der 69.ste Jahrestag nach dem Abwurf der zweiten Atombombe auf Japan. Alleine das hätte mir als Mut ausgereicht, ein paar Leute der drei letzten Tage nach Marihuana zu fragen.

Am Samstag lief ich in Wiesbaden umher und ging an drei etwa Zwanzigjährigen vorrüber die in einer einsamen Hofeinfahrt genau als ich vorüberging, eine Kippe zündeten die äußerst kräftig nach Marihuanagras duftete. Ich ging vorbei und biß mir danach mehrere Male symbolisch in den Arsch sie nicht angesprochen zu haben, gebe ich mich doch seit nun zehn Jahren mit den wenigen und unregelmäßigen Funden von speziellen und schmutzigen, zum Teil bepissten Kippen in Rinnsteinen zufrieden.

Am darauffolgenden Sonntag lief ich den kleinen Fußgängerweg zum Eltviller Bahnhof hinauf, dort stehen in zwanzig Meter Abständen drei Bänke, auf denen oft Halbwüchsige sitzen, so auch nun, von denen einer, der vielleicht gerade Achtzehnjährigen, genau als ich vorbeiging, eine ebensostark duftende Kippe zündete. Wieder ging ich vorbei und sagte mir, ich frage solch junge Leute nicht danach, aus Vorbildsgründen, die denken, man kann so alt wie ich werden damit und sieht noch irgendwie passabel dabei aus, naja, passabel, nicht ganz ganz fürchterlich jedenfalls. Ich biß mir nicht ganz so fest in den Hintern, zumal ich von meiner Vorbildwirkung nicht unbedingt überzeugt bin, vielleicht sollte ich ihnen sagen, das Zeug hat mich fertiggemacht über zwanzig und mehr Jahre und ich kann die Finger davon nicht lassen und habe meinen gesamten Beruf, der ein guter war, verloren.

Und heute, Montag, laufe ich jenen kleinen Bahnhofsweg mit den drei Bänken wieder nach oben, und gleich auf der ersten Bank sitzt ein wesentlich älterer, bestimmt dreissigjähriger Bärtiger, der zumal keineswegs betrunken aussieht, in Handwerkerkluft mit beträchtlichem Bart, eine Apfelweinflasche neben sich, und pafft genau diesen gleichen starken Duft. Ich gehe sehr zögerlich vorbei, auch die beiden oberen Bänke sind besetzt, die mittlere mit drei Jugendlichen die nur Zigarette rauchen und auf der Bank oben, eine ältere weibliche Person, ich denke, die beobachtet hier ein Geschehen, sie liegt halb und schaut so halb in die untere Richtung hin zu den beiden anderen Bänken.

Ich laufe vorbei, erledige meine Tageseinkäufe, gehe an den kippenträchtigen Rinnsteinen vorbei, finde eine ganz ganz winzige, ein Fastnichts, das ist enttäuschend, an vielen Tagen muß ich mich sowieso mit nichts zufriedengeben, entweder haben die abendlichen Straßenkiffer ihre Standpunkte verlegt oder die Ggegend ist etwas sauberer geworden, jedenfalls nach der Erledigung der Einkäufe, ich hatte Brot, frischen Kabeljau, Rucolasalat, Fleischwurst und Mandarinensahnetorte, vier Stück gefroren von Lidl zu 1.99 (SEHR GUT); sowie zwei in einer Abfalltonne gefundene Bananen im Rucksack, sitzt der bärtige ältere Typ noch immer alleine da, die anderen Bänke sind nun leer, nur auf der entferntesten davon sitzt ein neuer ordentlich gekleideter blonder Bube von ebenfalls vielleicht achtzehn, und ich laufe wieder vorbei.

Und habe mir wieder in den Arsch gebissen und auch nicht. Die unterschiedlichsten Szenarien wie eine Kontaktaufnahme hätte ablaufen können schießen mir den gesamten Heimweg von einer halben Stunde zu Fuß durch den Kopf.
Natürlich hätte ich eine größere Menge gekauft wenn er sie hergegeben hätte. Aber ich weis auch, mit allen größeren Mengen konnte ich in den letzten zwanzig Jahren nicht ein einziges Mal vernünftig umgehen. Ich sagte ja bereits einmal, die optimale Lösung wäre eine Apotheke in gehöriger Laufweite, so das ich meinen täglichen Spaziergang antrete die mir genau eine kleine Tagesdosis medizinisches Marihuana aushändigt.

Trotzdem ist das irgendwie sehr verlockend gewesen, der Gedanke, einmal, nach nun schon mehr als zehn Jahren, wieder einmal einen Abend zu haben, an dem ich nicht diesen bepissten Straßendreck in meine Zigaretten hineinkrümele, sondern wieder Teile einer Pflanze.

Ich sage das nicht so gerne, aber ich hätte gerne jemanden bei mir wenn ich etwas rauche, ich bin dann fast gesprächig und im Gegensatz zu sonst erscheint mir das gesprächig sein dann ganz seltsamerweise nicht als Bedrohung. Ich habe den Eindruck, das ich dann mit meiner Art zu sprechen in der Lage bin, eine echte Verbindung zu dem Menschen herzustellen. Dieses Gefühle habe ich sonst eher nicht. Sonst, besteht mein Verhalten in sehr baldigem Zeigen einer Abneigung.

Ich empfinde dann auch sogar das Gespräch ganz alleine schon als beglückend, selbst wenn zutage dadurch kommt, das wir auf völlig verschiedenen Planeten leben und keinerlei Übereinkunft besteht.

Ich erinnere mich sehr gut an die Sehnsucht und die empfundene Unmöglichkeit je ein Empfinden mitteilen zu können. Dafür ist LSD VERANTWORTLICH:

Ich saß vor dem Berg und sah von ferne Leute daran kratzen. Es gab kleine Hütten darauf. Ich sah, das alles vergehen würde, Generationen von anderen Leutchen würden weiter am Berg kratzen, vielleicht ein paar andere Hütten darauf bauen, aber der Berg, das schien den nicht zu kratzen, der würde im Grunde mit ein paar Schürfwunden so bleiben. Mir erschloß´sich ein Bild der Ewigkeit, symbolisiert durch diesen Berg mit seinen Bewohnern. Si geht es auf der Welt zu, sie scheert sich nicht um uns, vielleicht spuckt sie uns alle eines Tages in einem Hustenanfall aus.

Das wollte ich damals meiner jungen Verlobten erklären. Aber ich ließ es nach ein paar unbeholfenen Versuchen bleiben, da ich an ihren ersten Reaktionen merkte, sie war auf einem ganz anderen Trip, von Familie und Kindern und schaute nach wenigen Worten komplett verständnislos.

Eigentlich war das meine innerliche Trennung, oder der Beginn davon, der erste Nadelstich.

Ich habe die Frage im Titel gestellt, weil ich die offensichtich mir seit vielen Jahren das erste Mal dargebotene Möglichkeit, einen älteren Menschen nach Gras zu fragen (sonst sind es ja fast alles noch Kinder), zweimal nicht genutzt habe, und ich ja weiß, das dieser Straßendreck schädlicher ist.

Mein Gegenargument war nur, wenn ich tatsächlich eine größere Menge bekomme, rauche ich mich vielleicht wirklich tot, ich war zweimal an diesem Punkt und ich wusste, das ist, wenn es noch ein wenig so weitergeht, lebensgefährlich, und zwar ganz direkt und unmittelbar lebensgefährlich. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich auch Diazepam von meinem Hausarzt der es verweigerte, keine Indikation vorhanden sagt er.
Dieses Runterkommen war eine Hölle.

Jetzt habe ich etwas Kopfweh. Und ich habe keine Lust zu kochen. Und jemand der das für mich tut wäre gerade der Himmel.