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Mitteilung von (5.9.2014 21:52:57):
>>>>Bewandtnis

>>>>Es hat seine Gründe weshalb ich um die ersten Septembertage ein wenig hier schreibe. Meine Brüder verstehen das. Ich will damit sagen, ich bin gerade da und alles hält sich in Grenzen. Donnerstag bekomme ich einen neuen Kühlschrank geliefert, Gorenje, 113cm hoch, das Nachfolgemodell von Privileg. Ich habe noch exakt zwanzig Tabletten Tramadol von denen ich in den letzten Tagen täglich eine nahm. Ich habe sechs Bananen aus der Mülltonne der Eltviller Tafel gefischt, sie sind das Einzige das noch essbar ist, gerade auch etwas braun. Ich mag das gerne. Ich kann nicht sehr lange rückwärts denken. Ich fürchte, Nachhilfe wird chaotischer werden, mangels guter Konzentration, ich werde im Ansehen des Mädchens enorm abfallen im Vergleich zu vorher, wo ich ihr zu einer glatten Zwei verhalf.
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>>>>Meine ausgesähten Hanfproben entlang des Steinheimerwegs sind von Anderen zum größten Teil abgeerntet worden. Seit der Erinnerung an meine vielen Chloroformnarkosen schäme ich mich nicht mehr wirklich Beschreibungen einiger Freizeitbeschäftigungen wie der Standfesselung zu machen. Ich habe eher Angst, solche Beschäftigungen werden mir in einem Altenheim einmal untersagt werden. Vielleicht sind das auch Hirngespinste und andere Dinge sind mir dann viel wichtiger. Frei in meinem Tun zu sein, wenn ich Andere nicht schädige, ist mir wohl wichtig. Ich bezog das ungeliebt nur auf das selbstbestimmt, ich wollte, das selbstbestimmt, spielerisch von einer liebenden Kraft für Zeiträume außer Kraft gesetzt wissen, mit Stoppfunktion, einfach so, weil es mich entspannt, entlastet, befriedigt. Ich war so lange in Beziehungen initiativ und jedesmal wenn ich Gegeninitiativen forderte scheiterte das. Es war nicht ausgewogen, bisher jedenfalls nicht. Gerne diskutiere ich monatelang um Bedingungen auszuhandeln, wenn dann etwas dabei herauskommt das beiden gerecht wird.
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>>>>Ich glaube, ich bin tief verunsichert, was andere Menschen betrifft. Ich habe den Eindruck ich kann sie überhaupt nicht einschätzen, ich kann Teufel und Engel in ihnen sehen. Ich weis nichts über ihre Motive. Ich versetze mich sehr in sie hinein und denke es gelingt mir bisweilen gut. Ich bin völlig unentschieden ob ein näheres Zusammensein ein Gewinn ist. Es kann genauso gut als Gefängnis empfunden werden. Davor habe ich auch Angst. Sich necken können mit den richtigen Tonfällen. Einmal hattes Du einen so süßen Tonfall, ich glaube du sagtest zu irgendetwas, »das kann ja jeder, ..also auch ich« Ich musste lachen, das war schön. Das steckte so viel Aussage drinnen. Das man Dir einmal wenig zutraute.
>>>>Selbstironie. Mir mangelt es an Tönen zwecks Übung. Sicher bin ich manchmal sehr rauh. Aber ich will das nicht sein, innerlich.
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>>>>Ich will irgendwie da durchkommen mit möglichst ein wenig Spass. Der Tod, reden wir vorerst nicht davon, aber er beschäftigt mich dauernd und immer wieder. Ich schiebe ihn weg. Mutter sagte, der kommt schon noch früh genug, dann kann man immer noch darüber reden. Und vielleicht fegt es einen ja hinweg ganz plötzlich, so wie Vater, vor nun genau fünfundzwanzig Jahren. Mein Gott, mein kleiner Bruder war da gerade erst zwanzig Jahre alt. An ihn denke ich an diesen Tagen am meisten.
>>>>Und der nächste war Vierundzwanzig. Und ich bin nun schon älter als Mutter es war als sie ihren Mann verlor und ganz alleine in diesem großen Einfamilienhaus saß das nicht lange zuvor noch mit sechs Personen bevölkert war.
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>>>>Und ich habe komplett den achtzehnten Geburtstag meiner kleinen Nichte in München vergessen, nicht mal eine Postkarte geschrieben. Naja, sie hat in ihrem Leben ja auch nicht ein einziges Mal sowas wie eine Postkarte geschrieben. Aber das kann man auch nicht erwarten. Erwachsene sind diejenigen die gegenüber den Kindern zu liefern haben. Wenn etwas zurückkommt ist das ein großes, aber auch wahrscheinlich seltenes Glück. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur unbegabt, womit ich mich nicht so leicht abfinden möchte.
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>>>>Lasst alle die Köpfe nicht hängen, ich glaube fest daran, daß es mir auch wieder einmal besser gehen wird. Ich hab noch Suppe auf dem Herd.
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>>>>Ich grüße euch ganz herzlich.
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>>>Wissen deine Geschwister, dass du nichts zu essen hast? Verdammt, du schreibst das hier so, ohne erreichbar zu sein.
>>Ich hoffe, du ordnest es nicht als übergriffig ein, dass ich deinem Bruder Micha einen Link zu diesem Text gemailt hab. Telefonieren wäre schon gut, du lieber Chaot.
>Hier in Dresden gibt es mehrere Schuldnerberatungen, die ich jederzeit erreiche, wenn ich mich wieder mal verrannt habe. Da sind Sozialarbeiter, die mit viel Geduld Inventur mit mir machen. Außerdem habe ich ein Selbsthilfenetzwerk Psychiatrieerfahrener, in dem ich mich mit anderen Betroffenen austausche, und einen psychosozialen Trägerverein neben meiner Psychologin, meiner Psychiaterin und meiner Allgemeinmedizinerin. Die haben übrigens alle in meinem Namen in der Rettungsdienstleitstelle angefragt, wer der anonyme Anrufer war, der den Notarzt für mich angefordert hatte – ein Anruf, der mich massiv verunsichert hatte, da ich mein Leben selbstbestimmt plane und mich inzwischen auch durch die grusligsten Horrornachrichten nicht mehr einschüchtern lasse. Mir wäre schon lieb, wenn du neben deinen scheinbar doch recht ausgiebigen Experimenten zur Optimierung deiner Medikation, zu der du vor Ort viele Ansprechpartner zu haben scheinst, für deine finanzielle Absicherung Gespräche suchst, die über die Ehrenämter hinaus, die du da momentan ausfüllst, deinen Handlungsspielraum zu erweitern helfen könnten. Andererseits kann es auch eine wichtige Erfahrung sein zu erleben, wie es sein kann, wenn man Verantwortung abgibt und im Heim lebt. Aber die Angst vor dem Hunger allein kann nicht auf Dauer Anlass genug dafür sein. Du wirst doch deine Arbeit auch verkaufen können, genau wie die Texte und das Bild. Was hältst du von einem Kurantrag?