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Mitteilung von Freno d'Emergenza (15.7.2015 22:01:41):
>>>>>>>>>>>>>>>>>>>Teufel Alkohol!!!

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>>>>>Du hast schließlich angefangen damit: »König Alkohol«. Du bist kein glücklicher »produktiver« Alkoholiker, sondern einer, der unter der Knute dieses Autokraten leidet. Ich hab zwei produktive Alkoholiker kennengelernt in meinem Leben – der eine war mein Professor, an dessen Lehrstühlchen ich die schönsten 4 Jahre meines Lebens verbracht habe (und die besoffensten). Der ist heute schon längst über 80, und neulich bin ich im Netz noch über eine Publikation von ihm aus 2012 gestoßen. Der andere ist ein ehemaliger Meininger Anwaltskollege – ein kleinstadtbekannter Säufer hoch zehn, aber beruflich kann ich absolut nichts gegen ihn sagen: ein Arbeitstier ohne Ende,
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>>>>Das mit dem »produktiven Alkoholiker« ist meiner Meinung nach eine totale Legende. Die Menschen, die dieses Banner hoch halten, sind Leute, die gehen halt gerne mal raus einen trinken, vor anderen Leuten, lassen sich vielleicht gerne mal auch in der Mittagspause mit einem Bier sehen (wobei das heute ja weitgehend verpönt ist – ich weiß nicht, ob das dieser Professor heutzutage beruflich unbeschadet überstehen würde, vor zwanzig Jahren, veilleicht. Mein Vater hat auch gerne einen auf dem »Job« gesoffen, er war aber 'son propre chef', von daher waren die Leidtragenden seine eigenen Angestellten... und was sollten die machen? So ein Arschloch!) und nach zwanzig-dreissig Jahren oder so landen sie dann kurz vor der Verrentung doch in einer Entgiftung und/oder einer dieser unsäglichen AA-Gruppen etc etc. Naja, und dann lassen die halt Sachen vom Stapel los wie:
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>>>>"Mein Name ist Dings und ich bin Alkoholiker. Ich habe seit meinem achtzehnten Lebensjahr jeden Tag 10 Bier und eine Flasche Aquavit gesoffen. Ich war ein erfolgreicher Geschäftsmann, ich habe alles erreicht, 5 Kinder, 3 Frauen, jedes Jahr einen neuen BMW, bis mich die Leere in meinem Leben irgendwann dazu getrieben hat, mir Gedanken über meinen Alkoholkonsum zu machen! deshalb bin ich hier. Ich freue mich, regen Austausch mit gleichgesinnten zu halten, Freunde, hihi!"
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>>>>Vergiss es! Das sind dann, und ich habe das erlebt, die selben Leute, die ungläubige Augen machen, wenn man denen erzählt, dass man von zwei Wochen Saufen damals Halluzinationen und einen epileptischen Anfall bekommen hat. Die reden dann irgendwas von Kopfschmerzen, pfffff! Ich kann dir sagen: kein echter Alkoholiker bekommt Kopfschmerzen vom Saufen! Schön wäre es, aber nach drei bis vier Jahren wiederholtem Abusus ist das kein Thema mehr. Ich hatte den dreckigsten Scheiß, aber ich hatte seit circa 2003 keine Kopfschmerzen mehr nach dem Saufen. Das Gehirn scheint sich dahin ein wenig zu verändern, anzupassen, ich weiß es nicht. Übelkeit als ob man ein rostiges Brotmesser in den linken Unterbauch gestochen bekommen hätte, trocken kotzen, andauernd, Panik als ob gleich der Weltuntergang bevorstünde, klar. Aber Kopfschmerzen? Näh.
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>>>>Die trinken halt hier mal am Wochenende über den Durst, da ein Bier, da einen Vodka, nüchtern sich aus, mal zwei Tage ohne, dann wieder vier Bier, dann pipapo, und wenn der »shit« den »fan« »hittet« dann lärmen sie rum, von wegen, dass sie seit dreissig jahren jeden Tag zwei Flaschen Schnaps niedergemacht hätten! Na Klar!
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>>>>Das Ding ist, nach spätestens zwei Wochen Hartalk non-stop bist du fertig. Absolut fertig! Nach drei Wochen 12 Bier am Tag genauso. Ich habe es ausprobiert. Irgendwelche Organe im Körper, lass es die Leber, lass es die Bauchspeicheldrüse sein, reagieren dann so avers, so zickig, die schicken dir dann ungefragt irgendwelche fiesen Chemikalien ins Gehirn, so dass du nur noch im Bett liegen willst. Du bist nicht besoffen, du hast auch noch keine Entzugssymptome, aber du hast keinerlei Energie mehr. Null! Das ist, als ob du ausgesaugt worden bist, wurdest, oder was auch immer. Die »echten« Alkoholiker auf der Station erzählen dann davon, dass sie von zwei Wochen saufen ihre Bauchspeicheldrüsenentzündung bekamen, fast verreckt sind etc. Und das sind keine »erfolgreichen Geschäftsmänner« oder Professoren, sondern die Assis der Assis. Die Leute, die das halt richtig betreiben. Und du sitzt dann halt irgendwo in diesem Stuhlkreis und denkst dir: »boah, wieso musst du den Scheiss da mitmachen... Witz oda?«
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>>>>Die spassige, oder vielmehr sehr unspassige Sache ist ja dann auch, wie ich es in der geschilderten Episode 2009 erlebt habe: du wirst mit dem Krankenwagen (die einfache Fahrt, ca, 1,5 Kilometer, kostet den unversicherten 600 Euro, wollte ich nur mal anmerken. Gottlob war ich versichert und konnte meine klüglich getätigten »Ausgaben« bei der AOK »reclaimen«) in so einer Aufnahmestation abgeladen und der Jungarzt macht sich über dich lustig, dass nach zwei Wochen Saufen doch gar nichts sein könne, während man die Pillenboxen in den Regalen an der Wand und die am Eingang eigentlich nicht vorhandenen Blumengemälde lustig tanzen sieht. Ich weiß gar nicht, wieso ich das schreibe, eigentlich ist das alles höchlich disreputierlich. Aber kotzen könnte ich. KOTZEN! Ah.
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>>>Soweit ich weiß, unterscheidet man beim Alkoholismus mehrere Stadien oder Stufen, von denen ich selbst allenfalls die ersten erklommen hatte in meinem Leben. Wovon Du hier sprichst, sind wohl die letzten Stadien.
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>>>Von meinem Anwaltskollegen kann ich insofern wenig berichten, weil ich mit diesem nur wenig persönlichen Kontakt hatte. Bei meinem Professor sah das anders aus. Der trank Tag für Tag seinen halben Kasten Franziskaner-Dunkel, regelmässig ab der Mittagszeit, aber auch ein Frühschoppen war mal drin. Und dann gab es die besonderen Gelegenheiten, die sich mehrfach wöchentlich einzustellen pflegen. 2-3 x pro Semester war gemeinsame Mittagspause beim Chef. Der Weißwein wurde vom Chef gestellt bzw. bezahlt, sein Essen mußte man selbst mitbringen. Pro Nase 1-2 Flaschen Wein war völlig normal, gelegentlich gab's auch ne Flasche Kirschwasser oder sowas. Auch Sekt haben wir gerne getrunken. Und wer Geburtstag hatte, mußte natürlich eine Büroparty ausrichten mit Sekt, Wein und Schnaps ohne Ende und was zu picken dazu. Ich bin selbst mal sturzbesoffen in den Audimax gewankt, und hab eine Klausurrückgabe »gehalten«, die seinerzeit zu den Semesterlegenden gehört hatte – so eine dieser liebevoll gepflegten Erinnerungen. Ich habe vor vollem Haus und mit ständigem dröhnenden Applaus ca. 2 h »überzogen« – bis der Hausmeister keine Geduld mehr hatte.
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>>>Wir waren die Uni-bekannten Säufer gewesen damals, aber: wir waren der Hochleistungslehrstuhl, der 28 – in Worten: achtundzwanzich – Semesterwochenstunden angeboten hatte. Wenn unser Chef gesagt hätte, ich mach nur noch die 8 Stunden, die in meiner Berufungsvereinbarung stehen, wären von jetzt auf gleich ein halbes Dutzend Studiengänge kollabiert. Wir waren nicht nur harte Säufer, sondern auch harte Arbeiter gewesen. Deswegen waren wir Freiherren. Und weil wir das 3,5-fache des üblichen Deputats an Lehre abgesondert haben, waren wir auch bei den Studenten und deren Gremien enorm beliebt gewesen. Es ist auch immer wieder passiert, daß harmlose Studies, die eigentlich nur am Lehrstuhl ihren Schein oder ihre Klausur abholen wollten, in diese Büro-Orgien reingezerrt worden waren, und 3-4 h später und einem fetzenmässigen Vollrausch wieder ausgespien worden sind. Den Schein oder die Klausur haben wir diesen armen Opfern dann gnädig mit der Post nachgeschickt. Unser Professor war auch als solcher 1 Amtsperiode lang kommisarischer Präsident, und 2 Amtsperioden lang Vizepräsident gewesen – und übrigens ein Landsmann von Dir: aus Nermberch !
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>>Da ist ein sinnstörender Schreibfehler: statt falsch »2-3 x pro Semester« muß es richtig heißen: »2-3 x pro Woche während des Semesters« also während der Vorlesungszeit.
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>10 Weißbier am Tag! Ohne dass man dadurch im Abseits landet. Das ist meiner Meinung nach in jeder Hnsicht ein erfülltes Leben!

Der 60. Gebu von dem Prof war natürlich ne Riesensause gewesen, zu der wir Assistenten alle dienstverpflichtet waren. Nicht zum Bier holen oder so, sondern wegen der Mauerblümchen, die wir zu betütteln hatten. Bierholen wäre easyer gewesen, glaub ich. Diese ganzen verstörten Wissenschaftler ... naja, kennse ja. Das war nur besoffen zu ertragen. Den dazu nötigen Manöverschnaps gab's in der Küche. Die Sause war nämlich beim Prof zuhause. Festzelt im Garten, das Haus war für die Familie reserviert, zu der die Assis dazugehörten. So nannten wir uns: »die Lehrstuhlfamilie.« Wir haben auch alle da gepennt – nicht nur bei dieser Sause. Der Prof hatte so ein altes Kutschhaus vom Bergbau mit endlos vielen Gästezimmern. Ja – und am nächsten Morgen ... äh ... Mittag, haben wir n bischen geholfen abzubauen. Leider haben wir die Zapfanlage »vergessen«, weil da war ja noch ein angezapftes 50er-Fässchen. Und hinter dem Hibiscus fand sich noch ein frisches 50er-Fässchen. So haben wir dann fröhlich the day after gefeiert: Der Prof, seine Frau und wir Assis. Mampf war ja auch noch genug da. Irgendwann war der Prof verschwunden, und Frau Prof ging ab und zu mit einem schön gezapften 0,5-er Krug ins Haus, und kam sofort wieder zurück. »Wo ist den eigentlich der Chef abgeblieben ?« – »Der sitzt oben in seinem Arbeitszimmer und korrigiert Staatsexamen.« Darauf gab's nur eine passende Antwort: *schluck!*