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Mitteilung von Freno d'Emergenza (23.8.2015 19:45:10):
>>>>>>Höflichkeitsliga über »Machen«

>>>>>>[zum Original-Text]
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>>>>>>> Das Leben, wie man es machen muss, das geht nämlich so, nie ein Geschmacksurteil abgeben, sondern immer abwägen und vergleichen, alles sammeln, keine Eigene Position einbringen, das ist nämlich, das wäre nämlich eine Dummheit, SELBSTVERWIRKLICHUNGSSCHEISS BRAUCHEN WIR NICHT, ich wäre schon froh wenn ich so einen Bürojob haben könnte, wo ich von acht bis um sechs immer Papiere durchsehen müsste, wo man nebenbei Zigaretten rauchen kann, das ist der Ideale Beruf für mich, alles nebenordnen, IMMER NEBENORDNEN, DAS IST DAS NEUE LEBEN, UND KEIN UNRECHT SOLL SO MEHR AUF DER WELT GESCHEHEN!!!
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>>>>>>Wenn man das heute so liest: da war Höflich regelrecht ein Prophet in eigener Sache. Nur daß mit der Nichtraucherei konnte man damals natürlich noch nicht wissen.
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>>>>>Die Idee vom Büro würde ich im Nachhinein tatsächlich als weit weniger naiv einschätzen (und das will was heißen!), als die Erwartung, dort – oder irgendwo anders – rauchen zu dürfen. Allein die Vorstellung:
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>>>>>zieht sich eine Kippe aus der Schachtel und zündet sie an... in einem geschlossenen Gebäude! HAHAHAHA! Gelächter!
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>>>>>Wobei das mit dem Durchsehen der Papiere tatsächlich so ungefähr hinkommt. Eingescannte Briefe und E-Mails bis zum finalen Erbrechen, bis zum Bersten der Halsarterien durch Blutstau in der nekrösen Leber. 'Be careful what you wish for', sagt ja der Ami und sagen auch seine ähnlich sprechenden Brüder. Dass ich jemals ein schlimmer Zecher werden könnte, das hätte ich mir damals ja nie auch nur im Traum vorstellen wollen. Wie mit dem Nichtrauchen ist es da aber natürlich so: Dinge ändern sich manchmal schneller als man es je für möglich gehalten hätte. Und dann wacht man eines Tages auf, mit 70 leeren Bierflaschen, den sie umkreisenden Fliegen und ohne Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, während unter Beifall des SPIEGELS und hunderttausender von Waschmaschinenschenker eine knappe Million Asylanten, äh, Flüchtlinge an der Tür der eigenen, für heutige Verhältnisse pervers billigen Hinterhofwohnung kratzen. So lässt es sich leben! Hoch die Tassen!
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>>>>Und natürlich: »Das ist alles nur geklaut – e-hoh-e-hoh ! – Das ist alles garnicht Deines ...«
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>>>>"Natülich, sagte ich, wie müde, ich hätte mächtig eingesackt, aber diese Produkt-Timing-Tätigkeit (wo hat ich nur dieses Wort her?) böte mir heute keinen Lebensinhalt mehr, mein einziger Wunsch sei, einfacher Sachbearbeiter in einem Büro wie diesem da zu werden, mit einer kleinen Kartei und einem netten sauberen Schreibtisch, »weg von dem mörderischen Rummel der Projektgruppen-Forschung und der Sales-Promotion.«
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>>>>(Henscheid: »Die Vollidioten«, S. 145 (»Vierter Tag« (Bürofest)))
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>>>!!!
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>>>DAS IST JA WOHL EINE INFAME LÜGE UND UNTERSTELLUNG! MEIN HERR, ICH ÜBERLEGE MIR, RECHTSMITTEL GEGEN DIESE UNBEGRÜNDETE BEHAUPTUNG EINZUSETZEN! DAS WIRD IM GERICHT ENDEN, VOR DEM »KADI«!!!
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>>Ganz abgesehen von diesen anstehenden Rechtshändeln, meine Empfehlung: lesen Sie Strindberg!!!
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>>https://archive.org/stream/dasrotezimmer00stri#page/n5/mode/2up
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>>ich hatte um den immer einen weiten Bogen gemacht, weil der ja als Theaterautor bekannt ist, eine Welt also, mit der ich so rein gar nichts anfangen kann. Theater, das ist noch schlimmer als Kino! Aber die Geschichten von dem, hoho! Ich habe das letzte Jahr im ÖPNV damit verbracht, erstmals wie ein Blöder auf mein Handy zu starren, weil ich da die PDFs vom »Roten Zimmer«, »Am offenen Meer« und »Inferno« gespeichert hatte. Das ist wirklich ein Armutszeugnis, dass die Deutsche Nation im ausgehenden 19. Jahrhundert dem nichts gleichwertiges entgegensetzen konnte! Ich glaube sogar, hier ein Symptom für den Deutschen Sonderweg erkennen zu können!!!! Der berühmteste und beste (was, man muss es sagen, nicht viel heißen mag) deutsche Romanschriftsteller der Zeit, schrieb dagegen Zeilen wie diese:
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>>"In das Zimmer zurückgekehrt, umarmte Schmidt seine Tochter, gab ihr einen Kuß auf die Stirn und sagte: 'Corinna, wenn ich nicht Professor wäre, so würd ich am Ende Sozialdenokrat.' Im selben Augenblick kam auch die Schmolke. Sie hatte nur das letzte Wort gehört, und erratend, um was es sich handele, sagte sie: 'Ja, das hat Schmolke auch immer gesagt.'"
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>>:(
>"... wenn ich nicht Professor wäre, so würd ich am Ende Sozialdemokrat." – Das kann ja eigentlich nur Fontane sein, oder ? »Wenn ich kein Deutschnationaler wäre, dann möchte ich ein Nazi sein!« hat v. Oldenburg-Januschau, der berühmteste Berufsnachbar der deutschen Geschichte, bekanntlich verzapft – und auch er hat nur also nur geklaut. So isses nu' mal: Unser Leben ist ist nur ein schaler Abklatsch unserer guten Romane ! (Und auch das habe ich nur geklaut, genauso wie: »thieves like us«. Vom Bücherlesen am Bildschirm halte ich ja überhaupt nüschdt. Erstens ist die Elektronik im Vergleich zu Papier und Druckerschwärze geradezu elend langsam. Und zweitens ist das klassische Buch dem Ministerium für Wahrheit entzogen, bis eines Tages Ray Bradburys Feuerwehrmänner angerast kommen !

Jessas ! Und dabei hab ich sowas Geistreiches über Strindberg sagen wollen, und das doch glatt vergessen. Und jetzt isses zu spät !