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Mitteilung von Freno (17.6.2019 22:12:14):
>>>Wem das historische Verdienst zusprechen? Den Kaiserlichen? Gustav ADOLF?

>>>Gustav Adolf war zugegebenerweise nichts als ein INVASOR! Er verfolgte letztlich schwedisch-imperiale Ziele. Aber ER WAR EIN ADOLF!!!!!!!! Kalmarer Union mein Arsch! Und WICHTIG IST ES, DOLFISCH ZU SEIN!!!
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>>>Wieso aber musste Wallenstein sterben? DER HERZOG VON FRIEDLAND! Was hat DIE LIGA für ein Spiel getrieben? DIE KAISERLICHEN???? Weshalb sprang Hans De Witte in den Brunnen???? War es gar Mord!
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>>>Ich als REICHSGRAF WERDE ES HERAUSFINDEN, UND DIE VERANTWORTLICHEN ZUR RECHENSCHAFT ZIEHEN!!!! KLREEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIISCH!!!! SCHREEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIII!!!! BRÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜLLLLLLLLLLLLL!!!!!!!!!!!!!
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>>Zerr Dir mal Golo Manns »Wallenstein« durch – neben Churchills Werk über den 1. Herzog von Marlborough meine Lieblingsbiographie. Da lernt man mehr über politische Ökonomie, als bei Karl Marx !
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>>Es gehört zu den interessantesten Gedankenspielen, sich auszumalen, wie die Welt heute aussehen würde, wenn Wallenstein »es geschafft« hätte. Ein anderes solches Gedankenspiel wäre: was wäre heute, wenn der geniale Tschekist Reinhard Heydrich nicht 1942 Opfer eines Attentates geworden wäre ? Philip K. Dick hat dieses Spiel in »Der Alter vom Berge« (mit teilweise anderen Schattierungen) virituos gespielt gehabt ...
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>Was genau sollte Wallenstein denn geschafft haben? Die Flucht vor dem Kaiser? Die Friedensverhandlungen?
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>Ehrlich gesagt war er doch schon Ende 1632 ziemlich im Arsch – er hat viel Rückhalt bei den Offizieren verloren nachdem er nach Lützen 13 von ihnen hat hinrichten lassen. Ja vielleicht zu recht – aber ich glaube das hat ihn viel Rückhalt gekostet, wohl einer der vielen Nägel zu seinem Sarg, von da an gings bergab.
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>Seine Friedensverhandlungen mit den Sachsen waren hoffentlich auf den besten ABsichten gebaut – aber mal ehrlich – er hatden Kaiser damit einfach verraten und seine Kompetenzen überstiegen. Schon daß er die Frage ob er die Seiten wechseln würde unbeantwortet ließ wäre zwar heute vielleicht taktisch klug – aber in den damaligen Vorstellungen von Ehre irgendwo ganz unten anzusiedeln. Was er wirklich vorhatte kann man heute nicht mehr plausibel erraten. Fakt ist aber daß er den Kaiser damit hintergangen hatte und schon dadurch seine »Hinrichtung« (Wikipedia schreibt »Ermordung« aber das finde ich unpassend) redlich verdient.
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>Dazu kam daß er von Ende 1632 an eigentlich gar nichts mehr gemacht hat. Ja wäre heute kein Problem wo die Bundeswehr vollversorgung mit Schnitzeln und Pommes über den Luftweg bekommt aber damals war das für Nordwestböhmen eine Katastrophe da es galt daß sich die Armee »vor Ort« Nahrung beschafft – und aus langeweile dann auch noch weiteres.
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>Ja es gab 1633 dieses eine »Geplänkel« bei Steinau – aber obwohl er Thurn gefangen nehmen konnte liess er ihn gegen ein paar Zugeständnisse (Städte in Schlesien) wieder frei, was den Kaiser abermals auf die Palme brachte.
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>Dann kommt noch hinzu daß Wallenstein der Verwüstung von Bayern zugesehen hat während sich sein Heer in Nordwestböhmen die Eier geschaukelt hat obwohl ihn der Kaiser wie so oft angefleht hat etwas zu unternehmen.
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>Natürlich hatte damals ein Feldherr mehr Freiheiten als heute ein General – aber alles in allem würde man Wallensteins Verhalten von Ende 1632 bis Anfang 1634 heute schon fast als »Putsch« bewerten.
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>Ich weiß nicht welche Drogen Wallenstein in seinen letzten 12-18 Monaten genommen hat aber von seinem Ruf war dann Anfang 1634 nix mehr übrig. Wie man heute sagt »Mit dem Arsch zerstört was man vorher mit den Händen aufgebaut hat«.
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>Seine Hinrichtung war wohlverdient.
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>Von daher wieder die Frage – was soll er geschafft haben? Wenn man die Zeit zu Ende 1632 zurückdrehen könnte und man seine unauthorisierten Friedensgespräche (Dümmer hat es in der Geschichte nur Rudolf Heß gemacht), seine Untätigkeit, die fehlende Unterstüzung Bayerns, seine Ignoranz gegenüber dem Kaiser und einige andere Verfehlungen löschen könnte – ja vielleicht wäre er dann als der großartige Feldherr in die Geschichte eingegangen der erhätte sein können.
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>Ja oder falls er der »Ermordung« hätte entfliehen können – tja dann hätte er wohl auch nichts mehr gehabt. Erwäre wohl irgendwo als Säufer mit Gicht in der Gosse umgekommen.
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>Klar wir alle wissen er hat in Eger noch gehofft daß die Schweden eintreffen. Lassen wir die Schweden mal eintreffen – was hätten die denn gemacht? Ihm wahrscheinlich den Kopf abgeschlagen da die auch wussten daß er ein geschlagener Mann war zu dem Zeitpunkt – ohne Rückhalt bei Kaiser oder Heer, auf sich allein gestellt. Daß man ihm einen Posten im Schwedischen heer angeboten hätte war wohl Wunschdenken Wallensteins.
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>Wallenstein war wohl einer der besten Feldherren – wenn man seine letzten 1-2 Jahre ausblendet.

Ich muß gestehen, die Wallenstein-Biographie nicht mehr präsent zu haben und mich deswegen um Detailfragen weitgehend drücken zu müssen. Und ich gebe auch gerne zu: zur Zeit seiner … äh … Tötung in Eger war er nur noch eine lebende Leiche gewesen: bis auf seine Leibgarde von allen Truppen verlassen, pleite und obendrein auch noch schwerkrank. Er litt an Gicht und – meiner Meinung nach – an Akne inversa, wie ich selbst und Karl Marx. Der Friedländer war also in bester Gesellschaft mit seinen Krankheiten.

Wallenstein war ein genialer Stratege und Kriegsökonom – seiner Zeit weit, weit voraus. Insbesondere war er ein Meister der indirekten Strategie. »Wallensteins Lager« (Schiller) vor Nürnberg, in dem er sich justament auf Gustav-Adolfs Rückzugs- und Versorgungslinien breit gemacht hatte, war sein Meisterstück: ohne Schlacht zwang er Gustav-Adolf zum Rückzug aus Bayern und Franken, bis weit ins Sächsische hinein. Er war auch ein Ökonom 1. Klasse. Seine Herrschaften blühten auf, »boomten« bis zu seinem bitteren Ende.

Er hätte das Zeug zum Kaiser gehabt, zu einer radikalen Reichsreform, welche die Dynasten mit ihrem Klein-Klein beiseite geschubst und durch fähige »Macher« seines Schlages hätte ersetzen können. Ein »Heiliges Römisches Reich Wallensteinscher Nation« wäre mit Ludwig XIV und den Türken nonchalant fertig geworden, hätte das im europäischen Maßstab werden können, was Preußen 250 Jahre später in deutschem Maßstab geworden war. Es hätte ein nicht nur formelles, sondern hoch effizientes »Reich« entstehen können, daß die heutigen Staaten BRD, Dänemark, Benelux, Polen, Tschechien, Slovakei, Ungarn, »Yugoslavien« und auch Norditalien und Elsass-Lothringen umfasst hätte ...

Aber er hat den Zeitpunkt zum Absprung verpasst. Als er dazu endlich bereit gewesen war, war er selber »fertig« gewesen – nur sein Ruf war ihm geblieben. Zu lange war er auf der kayserlichen Seite geblieben, zu viel Geld hatte er dem Kaiser geliehen und nie wiederbekommen. Er war ein äusserst lästiger, schier unerträglicher Gläubiger geworden.

Das Tragische an Wallensteins Schicksal ist im Grunde eine Expansionskrise, die er nicht bewältigen konnte, aus vielerlei Gründen, nicht zuletzt seiner maroden Gesundheit.