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Mitteilung von Schmidt (2.10.2019 23:33:13):
>>>>>>Vorbei die Zeiten etwas längerer Geschichten

>Matthias?


Fliegen war mein Traum. Ich saß auf einer Schildkröte die durch Münch's Haushaltswarenladen kroch wo ich Luftgewehrpatronen erwarb. Die Äsculabnatter sah gefährlich bunt aus und war am nächsten Morgen aus dem Schuppen der Johannisbrunnenstraße5a verschwunden. Keiner sorgte sich um die entkrochene zwei Meter lange Natter. Der alte Abel hatte eine Pistole und als der Bürgermeister davon erfuhr mußte der Abel ihm die Pistole überreichen. Der alte Abel war ein dünner kleiner Mann und er hatte mehr als zehn Kinder. Die Hofeinfahrt erschien mir als Kind riesig um mit dem Roller hinunterzufahren. Wenn ich heute daran vorbeilaufe erscheint sie mir klein. Ich war in ein kleines Mädchen namens Michaela verliebt, aber Michaela kam aus besserem Haus und man versuchte mich mit einem sehr robusten Lockenkopf namens Birgit zu verkuppeln, die mochte ich nicht da sie mir nur Befehle gab und hübsch war sie auch nicht, ich stahl ihr nur ein Matchbox Auto was meine Mutter bemerkte und ich schämte mich weil ich es ihr zurückgeben musste. Außerdem hatte ich einen falschen alten Zehner in den Kugelkaugummiautomaten gesteckt, am Lebensmittelgeschäft in der Kirchgasse gegenüber dem Klee von dem man sagte daß er Nazi gewesen sei ebenso wie der Drogist Jansen und der Getränkehändler Binowetz. Ich weiß nicht wie Mutter das Herausbekam, aber ich musste in das Geschäft gehen, mit ihr, der Ladenbesitzerin meine Verfehlung beichten und ihr einen echten Zehner geben. Ich stiftete alle Kinder des Hofes an mit ausgebuddelten Wackersteinen den Bretterzaun zu zertrümmern den Gemeindearbeiter Tags zuvor gezimmert hatten um den Hof von einem grasbewachsenen Nachbargrundstück abzutrennen. Dafür bekam ich merkwürdigerweise keine Prügel sondern wurde nur ausgeschimft. Als Strafe sollte ich bei Oma im Dorf bleiben während die anderen einen Ausflug nach Bremen machten. Das war mir Recht. Bei Oma gab es Limonade. Außerdem hielt ich mich gerne am Rheinufer zwischen den stinkenden toten Aalen und dem angeschwemmten Schiffsteer auf. Ich habe immer gerne gerochen. Gerüche sind sehr in mir verankert. Wenn du heiratest ist jede Mark nur noch fünfzig Pfennig sagte mir Oma. Ich betrachtete die Eisblumen die sich im Winter an ihren Fensterscheiben bildeten.
Ich bin für Oma zu Scharhag einkaufen gegangen. In Paula's Gemüsegeschäft sollte ich grüne Bohnen kaufen und eine davon durchbrechen ob sie knackig springe um zu hören daß sie frisch sei. Es gab zwei Bäcker, zwei Metzger, eine Apotheke, eine Drogerie, einen Edeka-Laden, eine Konditorei, einen Änderungsschneider, eine Wäscherei mit Mängel, einen Haushaltswarenladen, Paula's Gemüseladen, und eine alte Frau mit einem Stühlchen und Tisch auf dem kleinen Stück Rasen neben der Bushaltestelle die Kräuter verkaufte und die als Petersilienfrau im Dorf bekannt war. Einen Kiosk und ein Schreibwarenladen gab es auch. So. Und heute gibt es nichts davon mehr im Unterdorf. Bloß noch einen Fertigbäcker einer lokalen Kette. Und einen zweiten Bäcker, kifferle, der einzige den es seit damals gibt. Ja, und eine kleine Pizzatogo in Paula's Gemüseladen und der Haushaltswarenladen ist ein fair-Geschäft geworden, wo teure normale Tafeln Schokolade und hsndgeflochtene Körbe verkauft werden und ich sehe nie das irgendjemand da was einkauft. Dafür hat die Gemeinde aber auf ihr Ortsschild geschrieben, wir sind eine fair trade Gemeinde. An den Ortsausgängen, weit draußen für Gehbehinderte steht Aldi, DM, Penny und Rewe. Dafür ist am Rheinufer, genau dort wo einmal im Jahr die Kerbeleut den Autoscooter aufgebaut haben jetzt eine Fläche zum Sitzen für Weintrinker entstanden, mit Fässchen das von mehreren Winzern des Ortes betrieben wird. Das Leben das früher im Dorf stattfand findet heute nicht mehr statt. Und soviele Kinder wie damals auf den Straßen herumtoben und rannten und herumschrieb, die gibt es heute auch nicht mehr. Einen Laden für hochwertige Dekostoffe gibt es noch, wo die neue Apotheke stand und wo vor dem Bau der Apotheke es eine steile unregelmäßige Treppe tief hinunter zur Johannisbrunnenquelle gab zu der ich regelmäßig zum Trinken ging.


Als ich acht Jahre alt war zogen wir aus der Johannisbrunnenstraße aus in den Tulpenweg zu dem Theaterschauspieler und der Akkordeonlehrerin denen mein Papa in Schwarzarbeit ein Haus gebaut hatte. Dafür bekam er fünfzig Mark Mietermässigung vom Hausherrn für zehn Jahre statt der versprochenen größeren Summe mit der Begründung er habe sich ja strafbar gemacht. Auf den Rasen dürften wir auch nicht, was wir als Kinder gar nicht verstanden. Ich habe mich dann auf dem Spielplatz ausführlich dem Buddeln von Klickerlöchern und dem Klickerspiel gewidmet um in der Hierarchie der spielenden Buben mindestens den dritten Platz einzunehmen. Fast jeder lief mit einem kleinen Beutel Glasperlen herum um die gespielt wurde und man zeigte sich untereinander seine Schätze. Der Trenn und der Siggi hatten immer die meisten. Aber ich war auch nicht schlecht. Außerdem gab es Hochschaukeln-Weitsprungwettbewerbe an den beiden Schaukeln, derart daß eine regelrechte Einsprunggrube entstanden war die wir immer wieder mit Sand voll Schaufeltennis damit man weich aufkommt.