Ein Dienstag
Irgendein Dienstag. Heute ist nicht irgendein Dienstag. Der Kühlschrank ist wieder voll. Das erschlägt mich. Ich muß dafür sorgen das nichts verdirbt. Das alles sinnvoll ein leckeres Essen ergibt. Das alles verwertet wird. Und dann soll ich auch noch die Einkaufsbuchhaltung führen. Die Ware bezeichnen, deren Gewicht, Haltbarkeitsangabe und Preis. Damit man später nachvollziehen kann wie sich der Preis entwickelt oder wie luxuriös die Person gelebt hat. Schauen sie doch wie gut es Ihnen geht. So ganz ohne menschlichen Kontakt. Nun sind sie schon dreiundsechzig geworden. Älter als ihr Vater. Das ist doch schon was. Er weiß nicht wie er mich damit trifft. Ich, der Lustige, der aufgeht in Gesellschaft, untergeht in ihr, ganz eins mit ihr wird, der nur in Gesellschaft existiert und der sie doch so sehr meidet, seit alledem, seit dieser Unsägliche, dieser bisher noch niemals Erwähnte, dieser der sich anschlich mit seiner murmelnden Stimme, dieser falsche Münzer, bis der seinen Bericht auf meiner Bettkante vergaß wo er mich beschrieb, dieser Spion. Wo ich auf englisch zwar, aber lesen durfte, was er weiter gab, an die Alliierten Streitkräfte wo er als Hilfslehrer tätig war, was sich dieser Halbidiot innerhalb jener erst hoffnungsvollen weil als lenkfähig eingestuften binationalen Ehe so leistete an Unverschämtheiten und Publikumsbeschimpfung, schaut, wie ich mit ihr umgehe schien sein Stück jedes Mal zu heißen wenn er zwanzig Laborkollegen innen konzentrierte Suppen und Soßen zu ausgesuchten schweren süffigen Roten ihrer südlichen lavendelschwangeren Heimat kredenzte. Und was sie alle so gerne mitsoffen und mitfraßen, die Laborkollegen aus besseren Elternhäusern. Welch Abwechslung, ein Arbeiterkind. Und dann noch mit einem Franzosenmädchen. Und kochen konnten sie, also er hauptsächlich. Und immer diese Beobachter und Spitzel dabei. Die in Wahrheit nur gutmeinende Freunde waren. Das sehe ich alles völlig falsch in meiner nachträglichen Schizophrenie. Ich sehe das alles ganz ganz falsch. Ich bin hier überflüssig. Geworden. Irgendwann. Irgendwann hockte ich alleine in der stillen Wohnung und das gesamte pack hatte sich verzogen. In sein eigenes leben. Und keiner kam je wieder. Der Spitzel machte noch zwei drei Höflichkeitsbesuche in Abständen von einigen Jahren. Aber er traf nur einen Mürrischen und verzog sich schnell wieder. Der Richter mit dem dicken Aktenstapel auf den Knien hatte es auch recht eilig. Man hat mir ja alles Mögliche angeboten. Ich bin der der das alles nicht will. ich verweigere mich. Ich bin schuld an meiner Misere. Ich hatte ja alle Möglichkeiten. Jetzt redet Mutter wieder.