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Mitteilung von S. (22.6.2021 04:26:37):
04:25h 30 Grad Celsius nach Regen

Etwas Nostalgie

Um drei Uhr Vierzig aufstehen. Eigentlich hat sich zwei Uhr nachts eingebrannt. Das war die zeit einmal im Jahr aufzustehen. Da ging es mit der Ente in den Südfrankreichurlaub für ganze vier Wochen. Das war das Highlight des Jahres für das es sich zu leben lohnte die öden restlichen elf Monate. In der Nacht eine Suppe essen. Bis drei müssen wir spätestens unterwegs sein, bis fünf hinter Karlsruhe spätestens um sieben über der Grenze und ich kannte gewisse unfallträchtige Stellen der Landstraße, ganz besonders eine kurve nahe Bourg en Bresse die man immer zu schnell anfuhr und sehr unterschätzte am Ende auswendig. Wie oft fuhr ich diese Strecke später mit meinem orangenen Käfer, manches Mal fünf Mal im Jahr. Es war eine völlig andere Welt. Ich konnte diese Welt nicht charakterisieren. Aber die sonne gefiel mir damals, Das Meer, die Märkte, die Gerüche, die anders aussehenden Mädchen und Frauen, die rasenden Mofas die von Kindern in Sandaletten gefahren wurden. Der viele Fisch an grünen Algen drapiert, so einen davon hätte ich wahnsinnig gerne mal an meiner Angel gehabt. Ich war sehr zufrieden damals, wenn ich stundenlang da sitzen und angeln konnte. Die Möglichkeit, das jederzeit der Schwimmer tief nach unten gezogen werden konnte faszinierte mich und ich stellte mir das vorsichtige Darunter der Fische vor, ich sah sie zweifeln ob dieser mitten im Wasser hängende sich windende Wurm ein echter Wurm sein konnte da er ja nicht weiter nach unten fiel und sich trotz Bewegung nicht weiter fort bewegte als an Ort und Stelle zappelte.

Die netteste Französin die ich je in meinen Urlauben kennenlernte war gebürtig aus Algerien. Sie sprach wirklich mit mir ohne das ich das Gefühl hatte es ist etwas künstliches an ihr, irgendein Schauspiel. Von ihr lernte ich Schnecken in den Oleanderbüschen sammeln, den Drahtkorb in dem die Schnecken gesammelt wurden vierzehn Tage täglich mit Mehl bestäuben bis die Schneckenkacke rein weis wird, dann die Schnecken zehn Mal immer wieder mit eiskaltem Wasser waschen und immer ist alles voll schleim. Und dann macht man eine Petersilie Knoblauch Butter. Und kocht oder brät die Schnecken. Ihr Mann war der einzige Franzose der sich je die Mühe machte meinen Vornamen richtig betont auszusprechen, für alle anderen war ich eher so ähnlich wie ein Matjes nur mit a, aber das hias, das wollte den anderen alle nicht über die Lippen. Ich muß trotzdem sagen, das ich als Kind den hass auf die Väter- und Großvätergeneration nie wirklich mitgekriegt habe. Aber ich war ja auch in der Partnergemeinde unterwegs wo man als Kind und vor allem als Kind einer Familie mit vier Kindern einen gewissen Schutz, eine gewisse bevorzugte Behandlung, wohl durch den Verschwisterungsgedanken, genoss. Ich habe als Kind die Franzosen freundlich erlebt. Wenn man allerdings einmal in den vier Urlaubswochen ein paar Dörfer weiter die Küste entlang Richtung Cannes fuhr, nach le Lavandou beispielsweise um dort einmal jährlich eine große Fischsuppe zu essen, die ohne den Hummer obendrauf oder die zweitteuerste Variante mit der großen Langoustine zu bestellen, dann konnte man schon mal leicht zwei stunden warten was auch das geduldigste Kind zum austrinken der nach zwei mInuten gelieferten Limonade brachte und ein zweites Glas gab es nicht zumal eine Karaffe mit Wasser Pflicht war. Währenddessen wurde offen sichtlich das viel später gekommene Gäste an Nebentischen mit nicht weniger Personen als wir ihre Fischsuppen schneller serviert bekamen. Dort hat sich auch die Schlüsselszene abgespielt in der Mutter aus lauter Wut ein Blechlöffelchen des Espressos stahl und Papa fast ausrastete als er dies von ihr hundert Meter nach Verlassen des Restaurants gebeichtet bekam und er sie unter Protest aller nötigte das wertlose Löffelchen persönlich zurückzubringen und dort auf einen der tische abzulegen. Und Mutter tat das. Das war mit peinlich. Da war ich auf ihrer Seite. Papa hatte sowieso eine Neurose was Frankreich betraf. für ihn waren die Franzosen das gute Volk schlechthin.