?  
  Hoch: [8]
Links: [4]Liste: [5]Rechts: [6]
Runter: [2]
Mitteilung von Matthias Schmidt (12.8.2021 10:24:55):
Meine Eltern

Da ging es immer aufwärts. Und ich hab das ganz von Anfang an miterlebt. Von der Bahnhofstraße ohne fließend Wasser, aber es gab einen Brunnen direkt im Hof, über die Johannisbrunnenstraße, der Himmel, jetzt gab es Wasser aus dem Hahn nur warm war es noch nicht, und ein winziges Zimmerchen für zwei Buben und Kohlegeruch, ein Ofen war im kleinen Wohnzimmer und ein großer Ofen stand in der Küche und untendrunter wohnten auf Gleicher Fläche Eltern die hatten zehn kInder. Dann kam ein Autochen dazu, eine Ente, eine graue, wir waren die ersten im Hof des Sechsfamilienhauses die ein Auto hatten und fortan gab es GRoßeinkäufe beim ersten Albrecht hieß der Aldi damals noch und es gab einen in BIebrich und einer von zwei wagen wurde immer mit Brotlaiben vollgepackt und mit Kisten Voller H-Milch.

Da war das eine Bubi noch winzig und das andere gar nicht geboren. Dann arbeitete Papa jedes Wochenende und baute dem Engel das Haus in das wir dann als MIeter einziehen durften für sechshundert Miete statt für sechshundertfünfzig. Weil Papa soviel gebaut hatte. Abgemacht gewesen war das nicht sagte Mama, aber der Vermieter habe ihnen gedroht, er würde auffliegen lassen das Papa schwarz gearbeitet habe und sie solle mit dem monatlichen Mietnachlass zufrieden sein. Ursprünglich versprochen war bei Einzug eine Einmalzahlung einer erklecklichen Summe zur Inneneinrichtung. Das fand aber nicht statt zur Enttäuschung meiner Eltern. Das war meine erste Konfrontation mit der Lügensfähigkeit der Leute bei denen ich nun zu wohnen hatte und der Frau die meine erste Klavierlehrerin war.

Papa arbeitete weiter schwarz, im gesamten Dorf gab es ein großes Jahrzehnt ständiger Bautätigkeit und wurde irgendwann in die Verwaltung zum Bauamt der Gemeinde als Sachbearbeiter über die Bauangelegenheiten und Baugenehmigungen berufen, zu zwar geringerem Gehalt, weil ab da er nicht mehr so viel schwarz arbeiten konnte und nur noch bei ganz guten Freunden die meist Akademiker und somit feine Leute waren und höchstens mal im Innenraum, wo man nicht gesehen wird neue wandkacheln anbrachte. Die alten abzuklopfen ist eine heidendrecksarbeit. Während Mutter einen Versandhandel vom Wohnzimmer aus betrieb, SChwab und Otto. Und ich lieferte aus und kassierte Raten in den Sozialwohnungen und kam so in einigen Häusern rum und schnappte verschiedene Gerüche auf die in den Häusern so waberten. Selbst die dicksten speckigsten Menschen in stinkenden Wohnungen tragen gerne luftige neue Kleider und bezahlen sie ratenweise ab. Jedenfalls reichte das Geld der Eltern um jedes Jahr, und wirklich jedes Jahr mindestens bzw, genau vier Wochen und mindestens dreieinhalb, aber meist ganze vier Wochen in Urlaub nach Südfrankreich zu fahren. Und wenn es eine Holzhütte auf einem brütend heißen artischockenfeld ohne Strom oder wasseranschluß war. Schließlich war Urlaub und das Meer war blau und die Restaurants führten Fischsuppe und unter aufgehäuften Kieseln versteckten sich Oktopusse mit irisierendem Farbenspielen die kopfumgestülpt und ausgenommen zu Knoblauch und Tomate im sChmortopf zu reis landeten.


Als die beiden ältesten der vier Buben dann zwischen fünfzehn und siebzehn waren wurde das Haus enzianweg gebaut, genau gegenüber dem Staatssekretär der selbst fünf kInder hatte und mit deren Familie wir einmal Urlaub in Italien mit einem Venedigbesuch gemacht haben, das war das erste und letzte Mal das wir mit denen weggefahren sind sagte Mama danach. Die waren schon immer ein wenig pingelig. Jedenfalls sparten wir beim Hausbau wo wir konnten mit Eigenleistung. Die beiden Pimpfe waren kleine Kinder, elf und sieben, und ich schippte drei Tage lang Kies Kalk Sand und Zement in den kleinen Mischer nur um die Bodenplatte zu betonieren während reichere Nachbarn die Sache mit einem bestellten Mischwagen von Dyckerhoff in einem Nachmittag erledigten. Nun, der kleinste der Pimpfe hat das Haus nun zum Spottpreis erworben. Nur am Rande. Das Haus in dem mir beim mauern eine ausgefahrene baustahlstütze auf den Schädel fiel. Das Haus das mich wegen eines ins Auge eingebrannten Funkens ein Semester kostete in dem ich fast täglich in die Augenklinik in der kapellenstraße in Wiesbaden fuhr und mich nur noch an ständiges unerträgliches kratzen und zahlreiche Lasersitzungen erinnere.

Was schreibe ich hier eigentlich. Das ich mir mein Fahrrad mühsam ersparen musste und mein kleines brüderchen keine Achtung vor Eigentum hatte und mehrere neue Fahrräder von den Eltern geschenkt bekam die er achtlos in einer ecke fallen ließ während ich mein Rad sorgfältig auf den Ständer stellte. Das ich diesem brüderchen meine sparsame wElt aus der ich kam nicht vermitteln konnte. Das hat mich wirklich verzweifelt gemacht. Diese zwei kleineren, die hatten von beginn an einen Reichtum erlebt wie ich ihn damals niemals erträumt hätte. DSelbstverständlich lImonade und Pommes frites, gar keine FRage, das war Füße mich etwas das es einmal im Jahr gab, im Urlaub. Man darf solche Gefühle haben als Sechzehnjäriger. Man muß die Welt und die nächste Generation nicht verstehen als sechzehnjähriger. Aber ich war ja vielleicht auch schon siebzehn. Und ich war der Älteste. und Älteste müssen Rücksicht nehmen. und Älteste müssen sich hinten anstellen. Älteste müssen immer vernünftig sein. SYchließlich haben Älteste Verantwortung für ihre kleine Geschwister. ich Gallone irgendwann habe ich Mutters Sprüche alle im hohen Bogen hinter die mauer geworfen hinter die ich auch die stinkenden Knochen der Leiche die ich entsorgt habe warf und dachte, da hinter der mauer, da war noch keiner, da geht nie ein mensch hin, da ist das Päckchen gut aufgehoben und kann in ruhe verwesen. Verwesen war ein grauenhaftes wort meiner kIndheit. und leichengift. Alles war voll leichengift. Wenn man einen Toten nur kurz anfasste hatte man schon Leichengift an den Fingern. Ich weiß nicht wer mir solche Dinge einflüsterte. Ich kann mit keinem meiner drei Geschwister herzlich lachen. Das ist mir gestern aufgefallen. Das finde ich unglaublich schade. Ja, das ist sehr sehr schade. Sie finden mich nicht amüsant. und ich finde sie nicht amüsant. Der eine plappert nun den habeck nach. Es wird zeit mich von ihnen zu verabschieden. Ich bin derjenige der sich selbst ausgrenzt.