Armut ist, wenn Du dich als Kind für dein Teuersein schämst. Armut ist, wenn du Dir lieber Mädchen gewünscht hast weil Papa ein Mädchen wollte das er Magalie oder Mireille taufen wollte und nur ein Matthias aus dir heraus wollte und irgendwie mit dem Kopf nicht ganz richtig lag und diese Sache ziemlich lange gedauert haben soll, bis er dann endlich herauskam, halb betäubt, mit einem länglichen Schädel. Armut ist die Geschichten nicht erzählen zu wollen, es gut sein zu lassen wo nichts gut ist, die Vergangenheit ruhen zu lassen, nicht in der Vergangenheit herumzuwühlen, keine Geister zu wecken, seinen Mund halten zu müssen während des Mittagessens, nicht in Papas Hemd zu passen bevor man mitreden kann, Armut ist sich in die ecke zu stellen um sich schämen zu sollen, Armut ist Angst schlechte Noten nach Hause zu bringen, Schuld zu haben weil das Geld nicht reicht, Schuld zu haben für das schlichte Dasein, Armut ist zu sehen wie alle anderen Eltern ihre Kinder laut verteidigen und die eigenen immer von deiner Schuld ausgehen, Armut ist nur mit Fleiss in der Schule zu überwinden. Armut ist wenn Sitzenbleiben die größtmögliche Katastrophe ist. Armut ist kein Mädchen anlächeln zu können. Armut ist Angst zu haben Menschen in die Augen zu schauen. Armut ist wenn Oma sagt, in den Augen kann man alles erkennen. Armut ist wenn man lügen möchte weil man für die Wahrheit bestraft wird und nicht lügen kann weil man in die Hölle kommt und immer wortkarger immer stummer wird als ganz junger Mensch. Armut ist alles was richtig war über Bord zu werfen und alles egal sein zu lassen. Armut, das ist dieses Zittern wenn es mitten in dir rumort und die ganze welt zusammenbricht, du nichts mehr berühren kannst ohne das Gefühl dem Wahnsinn nahe zu sein alles riesengroß wird und unbeschreiblich und du versuchst hilfesuchend und endlich, weil es schon so oft geschah, es zwei ausgewiesenen Erwachsenen die im Türrahmen stehen zu erklären, dir, Mama, und dem Arzt den du gerufen hast, und dann darfst du zwei Sätze sagen bevor man dich unterbricht mit dem satz, das ist die Phantasie des Kindes, das hat er öfter, und du fühlst dich komplett vernichtet und um deine einzige Chance endlich etwas erklärt zu bekommen betrogen. Und das gefühl ist noch immer da. Und es ist dunkel und die Nacht ist lang und du bist allein und alle anderen schlafen. Armut ist, wenn du nur noch manchmal überhaupt denken kannst. Armut ist wenn du nichts mehr bist weil andere für dich reden. Armut ist sich nicht gut ausdrücken zu können. Armut ist nicht klar im Kopf zu sein. Armut ist diese Zustände willentlich und wissentlich immer wieder aufzusuchen um einmal wegzukommen von dem ständigen eingerede, dem ständigen einhämmerungsapparat, dem erziehen am laufenden Band, dem obrigen und untrigen, dem die und wir, ich bin ganz allein auch wenn das so vielleicht nicht ausgesehen haben mag, ich bin geistig ganz alleine, das ist viel übler als das körperliche und das geht auch immer mehr den bach runter, dieser letzte und einzige trost der einem überhaupt bleibt, wir sind doch jeder einfach nur eins und in wahrheit sonst gar nichts.