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Mitteilung von Matthias Schmidt (29.1.2023 17:54:04):
Ich komme aus Eisenhausen

Ich bin Eisenhausener. Mir liegt mein Eisen am Herzen. Ich liebe seine Schwere, seine Kühle, seinen Glanz in allen Oxidationsstufen, die Farben seiner Salze, seine fliegenden Funken. Es tut mir in der Seele weh das Eisen zu bearbeiten, es zu schmelzen es zu hämmern zu glühen es in heißes Öl zu tauchen es spröde oder biegsam zu machen, ihm zutaten zu verpassen, es immer wieder zu biegen und zu zerren ist es doch rein und glänzend am glücklichsten. Mein reines Eisen, verlässlich in Güte und Gewicht, matt und doch brilliant, deine zeit sei vorbei so verkünden viele doch deine zeit ist immer und endet nie, immer wieder gewinnt man dich wieder und seist du noch so sehr mißhandelt und verbogen worden. Mein kleines Eisen mein Herz, Eisen ist es, reines Eisen und kühl und fest schlägt es in der Brust.

Tatsächlich
Ich liebte die Fabrik. Ihr Inneres. Was es da zu schauen, zu entdecken gab. Aber niergends durfte man stehenbleiben. Sofort ging es an den Arbeitsplatz. Ein muffiger klobiger Junger bediente die Stanzmaschine. Bimetallhalbschalen fielen in einem Rytmus in dem unter der Maschine stehenden Eisenkorb. Man hatte nichts zu tun außer auf die Maschine aufzupassen, ab und zu verklemmte sich eine Halbschale ganz leicht im ratternden Schüttelfluß der Maschine was den nachfolgenden Verkehr behinderte und man mußte mit einem Eisenstab ein wenig stochern damit wieder alles in Fluß kam. Man war also ein fehlendes Teil der Maschine das einen unvorhersehbaren kleinen fehler alle paar Minuten auszubügeln hatte. Das war einfach. Das lag mir. Das verstand ich sofort. Ich war gut. Ich war aufmerksam. Ich konnte das sofort genauso gut oder besser als die schon eingearbeiteten. Man mußte das verklemmte Stück nur ganz gezielt anstupsen lernen, da war nicht das eine genau wie das andere. das mußte man einfach sehen. und es war einfach zu sehen. weil es ja etwas physikalisches war. etwas das man zudem konturenscharf sehen konnte und man hatte ein stöckchen mit dem man es erreichte und ganz gezielt schubsen konnte. Ein kleiner Stoß, und alles fließt wieder. ich erreichte sofort die nötige Akkordzahl und darüber hinaus, die Maschine floß quasi ununterbrochen, und den ganzen Tag herumstehen und nur ein bißchen mit dem Stöckchen stochern dazu das eiserne Konzert der vier nebeneinander stehenden Stanzanlagen, sich etwas zuzurufen wäre schwierig gewesen, das eiserne Stampfen der Maschinen die alle gleich und in etwa gleich stampften machen zu viert einen ganz eigenen Rhythmus, einen Rythmus der niemnals ganz gleich ist und dessen geringste Verschiebungen so leise und unmerklich kommen und dann ist irgendwann die Schwelle zum Ton ganz nah und dann wird sie erreicht oder überschritten, ein genaues erreichen das ist bisher niemals geschehen, sie wird immer erreicht oder überschritten, die Grenze zum scharfen Ton, der Ton muß wirklich sehr scharf gewesen sein und ich horchte nur auf diese Musik während ich das Eisenstöckchen schwang und ab und zu damit stieß, in genau gewußter weise.