Lance Armstrong hat bei der 90. Tour de France auf einer der verrücktesten und dramatischsten Etappen der 100-jährigen Geschichte wieder das Kommando übernommen. Trotz eines Sturzes beim Aufstieg nach Luz Ardiden schlug der in den letzten Tagen gedemütigte Armstrong am Montag auf der »Königsetappe« in den Pyrenäen in großem Stil zurück. Im Ziel in der 1.715 Meter hoch gelegenen Ski-Station nahm er Ullrich nach 159,5 Kilometern zusammen mit den Bonifikationen für seinen ersten Etappensieg auf dieser Tour 53 Sekunden ab.
Ullrich: »Die Tour ist noch nicht gelaufen«
Ullrich gab sich trotz seines Rückstandes von 1:07 Stunden im Gesamtklassement zuversichtlich: »Die Tour ist noch nicht gelaufen. Lance ist sicher nicht ganz zufrieden, dass sein Vorsprung nicht noch größer ist.« Ullrich war »erst einmal glücklich, dass es so gelaufen ist. Lance war heute der Stärkste. Ich habe auf dieser extrem schweren Etappe alle Register gezogen, doch es hat nicht ganz gereicht.«
Armstrong stürzt - Ullrich attackiert nicht
Elf Kilometer vor dem Ziel war Armstrong, der sich nun wieder Hoffnungen auf den fünften Tour-Erfolg in Serie machen kann, zusammen mit dem Spanier Iban Mayo gestürzt. Er hatte seinen Bremshebel in die Tüte eines Zuschauers eingefädelt. Ullrich konnte ausweichen, wartete aber, bis der Texaner wieder Anschluss gefunden hatte. »Ich habe nicht weiter attackiert«, berichtete Ullrich. Armstrong rühmte ihn als einen »großen Champion«. Genauso fair hatte Armstrong vor zwei Jahren bei Ullrichs Sturz in eine Böschung reagiert.
Vom Sturz beflügelt: »Jetzt erst recht«
»Nach dem Sturz ging ein Ruck durch mich, und ich habe mich gefragt: Lance, wenn du die Tour gewinnen willst - dann jetzt. Der Sturz war vielleicht auch ein bisschen meine Schuld, weil ich zu nah am Rand gefahren bin. Das war heute ein großer Tag für mich und die Tour. Es bewahrheitet sich immer wieder, was ich sage: Die Tour ist erst auf den Champs-Elysées zu Ende. Es passiert hier immer etwas«, sprudelte es aus ihm heraus.
Erster Schlagabtausch am Tourmalet
Der Schlagabtausch zwischen Armstrong und Ullrich begann schon 48 Kilometer vor dem Ziel auf dem Anstieg zum Tourmalet, der zum 74. Mal im 100-jährigen Tour-Programm stand. Ullrich attackierte zu Beginn des 17,1 Kilometer langen Anstiegs, Armstrong fiel kurz zurück, kämpfte sich aber mit zusammengebissenen Zähnen wieder an Ullrich heran. Danach herrschte erst ein Mal Waffenstillstand, und die beiden Tour-Giganten setzten den Anstieg gemeinsam fort.
Winokurow fällt zurück
Nicht nur Ullrich wurde auf der vorletzten Pyrenäen-Etappe in die Schranken gewiesen. Bei seinem Parforce-Ritt distanzierte Armstrong besonders Alexander Winokurow. Der Kasache aus dem Telekom-Team wurde nur 8. und hat vor dem morgigen Ruhetag und der letzten Pyrenäen-Etappe am Mittwoch als Dritter 2:45 Minuten Rückstand auf den Führenden und 1:38 auf Ullrich. (joe/dpa)
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