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Magarete/Tagesspiegel schrieb am 3.10. 2001 um 21:47:05 Uhr über

Penis



Wissen ist Macht, aber wer was wissen darf, bestimmen wir. Das war immer das
Motto der Mächtigen. Wir Deutschen kennen das: wir haben den Obrigkeitsstaat
erfunden und die Erziehungsdikatur. Zum Glück für die Menschheit ist das Internet
keine deutsche Erfindung. Es gäbe für jeden Mausklick schriftliche
Durchführungsbestimmungen.

Selbst die deutsche Kultur, widmet sie sich den neuen Medien, kann sich aus der
lähmenden Tradition nicht befreien, den Surfer bevormunden zu wollen. Die
Ausstellung »Bilder und Zeichen des 21. Jahrhunderts« im Martin-Gropius-Bau
präsentiert den Besucher Wissen hautnah. Auch die Wissensmaschine Internet:
Computer laden zum Surfen ein. Doch halt: Surfen kann man nur im Prinzip. Wo
kämen wir denn hin, werden sich die Macher gesagt haben, wenn jeder in den
heiligen Hallen nicht ganz jugendfreie Dinge auf die Monitore zaubern könnte?
Deshalb fehlt die Tastatur: eine Kugel bewegt die Maus, und ein Knopf ersetzt die
Eingabetaste.

Das reizt zur Improvisation. Unter der Rubrik »Zivilisation« klicken wir zum
Bundestag, zu den Linksammlungen und privaten Homepages einzelner
Abgeordneten. Von dort eröffnet sich die weite bunte Welt per Mausklick, auch
ohne Tastatur. Klick, klick - schon erscheinen die ersten nackten Brüste, dann
illegale Hacker-Software, dann das Logo der Berliner Autonomen-Zeitung »Interim«.
Nicht unbedingt das, was der brave Besucher auf den sieben Hügeln erwartet.
Beifälliges Grinsen der umstehenden Jugendlichen. Dann eine Überraschung: einige
der Seiten des Autors können nicht gezeigt werden. Es befänden sich dort
kinderpornografische Inhalte. Die Macher haben eine Filter-Software installiert.
Warum, weiß niemand. Ausstellungsleiter Gereon Sievernich will nicht verraten,
welche Firma zuständig war: "Uns wurde zugesagt, man könnte nur Seiten
aufrufen, die thematisch im Zusammenhang mit der Ausstellung stünden." Das ist
natürlich Unfug, auch wenn man dem Surfer aus pädagogischen Gründen die
Tastatur unterschlägt. Die Software verbietet Websites, die bestimmte
Schlüsselworte enthalten, zum Beispiel alle Artikel des Autors im »Tagesspiegel«
über Kinderpornografie. Auch »Penis« ist nicht erlaubt. Falls ein Besucher spontan
die Online-Informationen einer medizinischen Fachzeitschrift über Beschwerden
beim Harnlassen interessierten, senkte sich der virtuelle Schlagbaum. Wer zehn
Minuten im Internet sucht, findet ein Dutzend Artikel, die minutiös nachweisen,
dass die Kriterien von Filter-Software absurd sind, dass diese Programme nichts
nützten und leicht umgangen werden können. Das steht schon in der Broschüre der
Ausstellung: »Die Phantasie kann auf unterschiedliche Weise angeregt werden
Zum Beispiel durch Verbote, sich Wissen anzueignen.


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