SPIEGEL ONLINE - 16. Januar 2005, 18:28
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In-Vitro-Wunder
Rumänin bekommt erstes Baby mit 66
Adriana Iliescu hat große Chancen, als älteste Mutter der Welt ins Guinessbuch der Rekorde eingetragen zu werden. Im Alter von 66 Jahren brachte die Rumänin ein Mädchen auf die Welt. Erwartet hatte sie Zwillinge.
Bukarest - Adriana Iliescus einziges Kind wiegt 1,4 Kilogramm. Mutter und Tochter seien gesund, sagte der Direktor des Krankenhauses, Bogdan Marinescu, der rumänischen Nachrichtenagentur Mediafax. Iliescu war durch In-Vitro-Fertilisation schwanger geworden und hatte Zwillinge erwartet. Doch habe der zweite Fötus, ebenfalls ein Mädchen, sich »nicht zu Ende entwickelt«, hieß es. Sie war zuvor neun Jahre lang wegen ihrer Kinderlosigkeit behandelt worden.
Die 66-Jährige hat nun große Chancen auf einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Bislang wird dort die Italienerin Rosanna dalla Corte als älteste Gebärende geführt, die 1994 im Alter von 63 Jahren ein Baby bekam. Voriges Jahr wurde zudem von einem Arzt aus Indien gemeldet, dass dort eine 65-Jährige Mutter geworden sei.
Als rumänische Reporter Adriana Iliescu zuletzt fotografierten, trug sie pechschwarzes Haar sowie einen eleganten Schlafrock und blickte verträumt in die Ferne. Umgeben von zwei Plüsch-Affen und zwei daumengroßen Puppen wartete die 66-Jährige in der Bukarester Giulesti-Klinik auf ihre Niederkunft. Ihr waren befruchtete Eizellen einer anderen Frau implantiert worden.
Iliescu war nie verheiratet, hat weder Partner noch enge Verwandte und lebt seit Jahren allein in der Zwei-Zimmer-Wohnung einer Bukarester Plattenbau-Siedlung. Nachbarn berichteten den Medien, ihnen sei so gut wie nie Herrenbesuch aufgefallen. Eine Kollegin am Bukarester Gymnasium, wo Adriana Iliescu bis zur Rente rumänische Literatur unterrichtet hatte, erinnert sich, dass die späte Mutter sehr beliebt bei den Schülern war. Skurril habe damals ihre Vorliebe für grellbunte Gummistiefel gewirkt.
Sie habe nur für ihre Bücher gelebt, heißt es. Sogar als Autorin war sie produktiv. 18 Bücher hat sie veröffentlicht, darunter Literaturkritik, aber auch Romane.
Neun Jahre lang hatte sie um die lang ersehnte Mutterschaft gekämpft, erzählte sie den Medien. Zunächst hatte sie sich in einer auf Reproduktionsbiologie spezialisierten Klinik im westrumänischen Temeswar mit Hormonen behandeln lassen. »Als ich zum ersten Mal wieder meine Menstruation bekam, habe ich geweint«, sagte sie. Damals war sie 57 Jahre alt. Nach einem gescheiterten Fertilisationsversuch vor vier Jahren hat es nun geklappt.
Wie sie ihr Kind von ihren schmalen Einkünften als Rentnerin großziehen will, und vor allem wie lange sie das Mutterglück genießen kann, bleibt ein Rätsel. Sie ist aber zuversichtlich: »Meine Eltern sind älter als 80 geworden«, sagt sie, »ich werde bestimmt mindestens 87«.
Von Kathrin Lauer, dpa
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