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SuperUser schrieb am 12.12. 2005 um 16:44:10 Uhr über

Gummihandschuhe

Wie sich Klein Robert in Dolly Dollar verliebte
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»Mach zu
Frau Doktor sprach kalt und streng. Sie saß hinter ei-
nem Schreibtisch und war mit einer Schreibarbeit beschäf-
tigt. Die Ambulanz war überheizt.
Robert verstand nicht gleich.
»Mach zu, oder willst du so gesehen werden
Robert verstand. Er solle zusperren, meinte sie. Er
sperrte die Türe von innen zu.
»Steh gerade
Sie war noch immer in ihre Arbeit vertieft. Sie würdig-
te ihn keines Blickes.
Robert wollte nicht gerade stehen. Er trug nur ein
Nachthemd. Er stand ein wenig vornübergebeugt.
»Wird's bald
Er richtete sich auf.
"Was ist los mit dir? Warum willst du nicht gerade ste-
hen?"
»Frau Doktor ...«
»Sei ruhig

»Und dann
»Dann hat sie mir den Blutdruck gemessen, Euer Ehren
"Wie war sie gekleidet? Erzähle ein bißchen, junger
Mann!"
"Sie trug einen weißen Kittel und in der einen Tasche
ein Stethoskop."
»Wie alle Ärzte
»Ja, Euer Ehren, wie alle Ärzte

Es war sehr warm. Es kam ihm warm vor, weil es in dem
Gebäude so kalt war. Das Licht war grell, ganz im Gegen-
satz zu den Lichtern im Rest des Hauses, an denen sehr
gespart wurde. Draußen fiel der erste Schnee. Die Gänge
waren eisig. Der Schlafsaal wurde nicht beheizt. Klapp-
klapp, die Erzieherin in ihren hölzernen Pantinen, dahin-
ter Klein Robert, lautlos auf seinen nackten Sohlen: Die-
sig die Gänge, schaurig die Treppenhäuser, ungewiß das
Schicksal.
"Die Ambulanz, junger Mann. Ich kann nichts mehr für
dich tun. Du wolltest es nicht anders." Verlogenheit, an
die man sich nie gewöhnte.
Am Blutdruckmessen war nichts außergewöhnliches, außer
daß er gerade stehen mußte und sich schämte.

»Kannst du uns schildern, wie das Zimmer aussieht
"Es ist eine kleine Ambulanz, Euer Ehren. Es gibt eine
Menge Weiß, ein paar Schränke, einen Schreibtisch, eine
Waage und eine starke Neonleuchte, unter der eine weiße
Liege steht."
»In der Mitte des Raumes? Unter der Leuchte
»Ja, Euer Ehren
"Eine kleine Ambulanz mit einer freistehenden Liege in
der Mitte des Raumes?"
»Ja

»Kannst du dich nicht beherrschen
Robert wußte nicht genau, was Frau Doktor meinte.
»Ich weiß nicht ...«
»Dein Penis ist erigiert, junger Mann
»Ich weiß nicht
»Versuche dich zu beherrschen

"Das Gebäude, Euer Ehren, ist nach heutigen Standards
völlig veraltet. Ich gebe zu bedenken, daß die baulichen
Gegebenheiten vielleicht nicht ursächlich sind für die
Vorfälle, die hier zu verhandeln sind, daß sie diese aber
zumindest begünstigt haben."
»Fahren Sie fort, Sachverständiger.«
"Das Gebäude war ursprünglich der Landsitz des Für-
sterzbischofs, bevor es zu einem Priesterseminar umgebaut
wurde."
»Schön gelegen, nehme ich an
"Wunderbar gelegen, Euer Ehren, an einem kleinen See,
im Sommer zum Baden, im Winter zum Schlittschuhlaufen.
Erst in den Fünfziger Jahren dieses Jahrhundert hat sich
das Seminar 'der Welt geöffnet', wie die offizielle Les-
art lautet ..."
»Was bedeutet
"... was bedeutet, daß das Internat heute ein staatlich
anerkanntes Knaben-Gymnasium in kirchlicher Trägerschaft
ist."
"Sie wollten noch etwas zu der Bausubstanz sagen, Sach-
verständiger?"
"Ja, Euer Ehren. Die Bausubstanz ist nach heutigen Be-
griffen für ein Internat gänzlich ungeeignet. Die Schlaf-
säle haben bis zu vierzig Betten. Den Jugendlichen wird
nicht die geringste Privatsphäre gegönnt. Erst in den hö-
heren Klassen gibt es kleinere Zimmer. Nicht einmal
Stellwände sind vorhanden. Die Schränke der Jungen sind
Spinde aus militärischen Beständen, jeweils ein Schrank
für zwei Buben. Die Verhältnisse sind indiskutabel, Euer
Ehren, ein Fall für das Aufsichtsamt."

Die Schule war katholisch, elitär und der Andrang war
groß. Zur Aufnahme mußten auch die Eltern vorsprechen.
Die christliche Gesinnung wurde sorgsam geprüft und der
gesunde Konservativismus abgefragt. Das Einkommen mußte
offengelegt werden. Niemand wurde abgewiesen, weil er
sich die Gebühren nicht leisten konnte. Die Klassen wür-
den klein sein, hieß es, und die persönliche Fürsorge
streng. Darauf legten die Eltern besonderen Wert, sagten
sie. Es herrsche Uniformpflicht. Latein sei die erste
Fremdsprache.
Die Klassen waren klein und die Kontrolle umfassend.
Angst war ein ständiger Begleiter. Angst vor Latein,
Angst vor schlecht geputzten Schuhen, Angst vor einer
falsch gebundenen Krawatte, vor schlechten Noten und
Angst vor jener Sorte Eltern, die ihre Kinder in solch
eine Schule steckten.
Des nachts kam diejenige Angst hinzu, um die vor diesem
Gericht verhandelt wurde. Die Verklemmung der Familien
hinter ihrer christlichen Fassade wurde nicht ausdrück-
lich geprüft. Man darf es den Patres und dem weltlich-
männlichen Lehrpersonal zugutehalten, daß diese Angst von
zwei Weibspersonen ausging und daß die Patres nichts da-
von wußten.

»Du weißt, warum du hier bist
»Ich weiß nicht. Ich denke ja, Frau Doktor
»Lerne dich zu beherrschen

"Hat dich Frau Doktor berührt, außer daß sie dir den
Blutdruck gemessen hat?"
»Nein, Euer Ehren
»Hat sie irgendwelche anzüglichen Bemerkungen gemacht
»Anzüglich
»Erotische Bemerkungen
»Ich bin nicht sicher, Euer Ehren

"Die Operation, wenn ich es so nennen darf, Euer Ehren,
verlief auf eine äußerst perfide Art. Stets wurde der
Schein der erzieherischen Maßnahme oder der medizinischen
Indikation gewahrt. Die Kontrollen fanden immer dann
statt, wenn die Nachtschichten einer bestimmten Erziehe-
rin und einer bestimmten Ärztin zusammenfielen. Die Buben
wurden in einem Zustand ständiger Angst gehalten. Niemals
wurde ausgesprochen, womit sich die Kontrollen befaßten,
aber es verstand sich, daß das Abgeholtwerden eine soge-
nannte 'korrektive Maßnahme' war. Das Wort 'Strafe' wurde
stets vermieden. Die Jungen wurden so wie sie waren, bar-
fuß und im Nachthemd, in die Ambulanz verbracht. Entwür-
digung und Demütigung waren ein fester Bestandteil des
Rituals."

"Lerne dich zu beherrschen, oder willst du immer wieder
geholt werden?"
»Nein, Frau Doktor
Die Lage des Jungen war denkbar kläglich. Was sollte er
tun? Er wußte nicht, was ihm bevorstand. Nur eines wußte
er genau: Frau Doktor hielt es nicht mit der Wahrheit.
Noch nie war einer der Buben ein zweitesmal abgeholt wor-
den. Es wurde nicht viel gesprochen über die Abholungen.
Dies war kein Mädchenpensionat. Die einen sprachen nicht,
weil sie noch nichts wußten, die anderen, weil sie sich
schämten. Aber jeder wußte, wen es schon erwischt hatte
und wer noch drankommen konnte.

"Angeklagte, die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor,
eine Namensliste der Buben geführt zu haben."
Frau Doktor beriet sich mit ihrem Anwalt. Sie hatte
bisher keine Aussage zur Sache gemacht und würde auch
weiterhin keine machen.
»Verehrtes Gericht«, sagte der Anwalt, "wir werden in
dieser Sache keine Aussage machen."
Tatsächlich hatte sich die Liste nicht in der Obhut der
Ärztin, sondern in der der Erzieherin befunden, die die
Auswahl durchführte. Als Stichproben verbrämt, schaute
sie unter die Decken der Jungs und fand meist, wonach sie
suchte. Es war besser, auf dem Bauch zu liegen und sich
schlafend zu stellen, wenn sie Nachtschicht hatte. Aber
sie hieß die Jungs auch sich umdrehen, wenn sie dies für
erforderlich hielt.

»Wie heißt du
»Robert
»Weißt du, was ein Samenerguß ist
»Ich denke, ja. Ich bin nicht sicher, Frau Doktor
»Leg dich hin

»Hat sie sich ausgezogen oder sonstwie entblößt
»Die Frau Doktor
»Ja, die Frau Doktor. Hat sie, oder hat sie nicht
»Nein, Euer Ehren, ich glaube nicht
»Du glaubst nicht
Dies ist die Zeit für die Frau vom Jugendamt.
"Euer Ehren, ich darf Sie auf den speziellen Zeugen-
schutz für Minderjährige hinweisen. Die Pause ist bereits
überfällig."
»Stattgegeben. Das Gericht macht eine Pause

Das Licht über der Liege war grell. Es war eine starke
Neonröhre in einem blanken, stählernen Reflektor. Robert
hielt die Knie etwas angewinkelt. Er wollte sie nicht
ausstrecken. Frau Doktor, die in einem der weißen Schrän-
ke hinter dem Kopfende der Liege etwas suchte, bestand
darauf, daß er sich ausstrecke. Er solle sich zu beherr-
schen versuchen, sagte sie. Wenn er nicht immer wieder
hierher zitiert werden wolle, dann müsse er sich zu be-
herrschen lernen. Sie wiederholte sich. Man werde es ihm
schon austreiben, sagte sie, worauf er sich verlassen
könne.

Die Frau vom Jugendamt verwahrte sich gegen alle Fragen
an den jungen Zeugen, die sich unmittelbar mit den pseu-
domedizinischen Handlungen der Angeklagten an ihm befaß-
ten.

Frau Doktor machte sich an der Liege zu schaffen. Sie
senkte das Kopfteil ab. Sie hatte sich Gummihandschuhe
angezogen. Sie senkte das Kopfteil weiter und weiter ab,
bis sein Kopf hintüberhing.
»Wie war nochmal dein Name, junger Mann
»Robert
Jetzt, wo sein Kopf hintüberhing, konnte er in den
Schrank am Kopfende sehen. Er war voll mit Gummiklamot-
ten. Sie sahen aus wie Taucheranzüge. In einer der Türen
hing ein Bild von Dolly Dollar in ihren besten Tagen.
»Robert wird uns etwas vorspritzen
Das Nachthemd wurde hochgeklappt.
Robert machte eine rasche Bewegung mit der Hand.
»Die Hände bleiben, wo sie sind
Und so war es. Die Hände blieben, wo sie waren. Sie
zuckten ein bißchen, aber sie waren diejenigen Körpertei-
le, die Robert am besten unter Kontrolle hatte. Ansonsten
schien ihm die Kontrolle umso mehr zu entgleiten, je mehr
Beherrschung die Ärztin von ihm verlangte. Und sie ver-
langte sehr viel Beherrschung von ihm. Sie war geradezu
besessen davon. Jedes zweite Wort handelte von der Be-
herrschung und wie er sich zu beherrschen lernen müsse,
wenn er einmal ein Mann werden wolle.
Sie


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