>Info zum Stichwort Platsch | >diskutieren | >Permalink 
RTLIEHT schrieb am 27.12. 2013 um 01:23:32 Uhr über

Platsch

Einen ähnlichen Charakter trägt die Sage von dem jungen Ritter, der, als er einst, in einer Villa bey Rom, mit einigen Freunden Ball schlug, seinen Ring, der ihm bey diesem Spiele hinderlich wurde, von seiner Hand abzog, und damit er nicht verloren gehe, an den Finger eines Marmorbildes steckte. Als aber der Ritter, nachdem das Spiel beendigt war, zu der Statue, die eine heidnische Göttinn vorstellte, zurückkehrte, sah er mit Schrecken, daß das marmorne Weib den Finger, woran er seinen Ring gesteckt hatte, nicht mehr grade wie vorher, sondern ganz eingebogen hielt, so daß es ihm unmöglich war, den Ring wieder von ihrem Finger abzuziehen, ohne ihr die Hand zu zerbrechen; welches ihm doch ein seltsames Mitgefühl nicht erlaubte. Er ging zu seinen Spielgenossen, um ihnen dieses Wunder zu berichten, und lud sie ein, sich mit eignen Augen davon zu überzeugen. Doch als er mit seinen Freunden zurückkehrte, hielt das Marmorbild den Finger wieder grade ausgestreckt wie gewöhnlich, und der Ring war verschwunden. Einige Zeit nach jenem Ereigniß beschloß der Ritter in den heiligen Ehestand zu treten und er feyerte seine Hochzeit. Doch in der Brautnacht, als er eben zu Bette gehen wollte, trat zu ihm ein Weibsbild, welches der oberwähnten Statue ganz ähnlich war an Gestalt und Antlitz, und sie behauptete: dadurch daß er seinen Ring an ihren Finger gesteckt, habe er sich ihr angelobt und er gehöre ihr als rechtmäßiger Gemahl. Vergebens sträubte sich der Ritter gegen diesen Einspruch; jedesmal wenn er sich seiner Anvermählten nahen wollte, trat das heidnische Weibsbild zwischen ihm und ihr, so daß er in jener Nacht auf alle Bräutigamsfreuden verzichten mußte. Dasselbe geschah in der zweiten Nacht, so wie auch in der dritten, und der Ritter ward sehr trübsinnig gestimmt. Keiner wußte ihm zu helfen und selbst die frömmsten Leute zuckten die Achsel. Endlich aber hörte er von einem Priester Namens Palumnus, der sich gegen heidnischen Satansspuk schon öfter sehr hülfsam erwiesen. Dieser ließ sich lange erbitten, ehe er dem Ritter seinen Beystand versprach; er müsse dadurch, behauptete er, sich selber den größten Gefahren aussetzen. Der Priester Palumnus schrieb alsdann einige sonderbare Charaktere auf ein kleines Stück Pergament und gab dem Ritter folgende Weisung: er solle sich um Mitternacht in der Gegend von Rom an einen gewissen Kreuzweg stellen; dort würden ihm allerley wunderbare Erscheinungen vorüberziehen; doch möge er sich von allem was er höre und sähe nicht im mindesten verschüchtern lassen, er müsse ruhig verharren; nur wenn er das Weibsbild erblicke, an deren Finger er seinen Ring gesteckt, solle er hinzutreten und ihr das beschriebene Stück Pergament überreichen. Dieser Vorschrift unterzog sich der Ritter; aber nicht ohne Herzklopfen stand er um Mitternacht am bezeichneten Kreuzwege, wo er den seltsamen Zug vorüberziehen sah. Es waren blasse Männer und Frauen, prächtig gekleidet in Festgewanden aus der Heidenzeit; einige trugen goldene Kronen, andere trugen Lorbeerkränze auf den Häuptern, die sie aber kummervoll senkten; auch allerley silberne Gefäße, Trinkgeschirre und Geräthschaften, die zum alten Tempeldienste gehörten, wurden vorübergetragen, mit ängstlicher Eile; im Gewühle zeigten sich auch große Stiere mit vergoldeten Hörnern und behängt mit Blumenguirlanden; endlich, auf einem erhabenen Triumphwagen, strahlend in Purpur, und mit Rosen bekränzt, erschien ein hohes, wunderschönes Götterweib. Zu dieser trat nun der Ritter heran und überreichte ihr das Pergamentblatt des Priesters Palumnus; denn in ihr erkannte er das Marmorbild, das seinen Ring besaß. Als die Schöne die Zeichen erblickte, womit jenes Pergament beschrieben war, hub sie jammernd die Hände gen Himmel, Thränen stürzten aus ihren Augen, und mit verzweiflungsvoller Gebährde rief sie: „grausamer Priester Palumnus! du bist noch immer nicht zufrieden mit dem Leid das du uns zugefügt hast! Doch deinen Verfolgungen wird bald ein Ziel gesetzt, grausamer Priester Palumnus!“ Nach diesen Worten reichte sie dem Ritter seinen Ring und dieser fand in der folgenden Nacht kein Hinderniß mehr seine Ehe zu vollziehen. Der Priester Palumnus aber starb den dritten Tag nach jenem Ereigniß.


   User-Bewertung: -1
Denke daran, dass alles was Du schreibst, automatisch von Suchmaschinen erfasst wird. Dein Text wird gefunden werden, also gib Dir ein bißchen Mühe.

Dein Name:
Deine Assoziationen zu »Platsch«:
Hier nichts eingeben, sonst wird der Text nicht gespeichert:
Hier das stehen lassen, sonst wird der Text nicht gespeichert:
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | »Platsch« | Hilfe | Startseite 
0.0123 (0.0048, 0.0060) sek. –– 821903572