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Sendetermine:
Dienstag 22.10.02
6:00 Uhr
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»Sex« ist heute Gesprächsthema Nr.1 – kaum eine Zeitschrift, kaum eine Ratgebersendung, kaum eine Talkshow kommt ohne das Thema aller Themen aus.
100 Jahre zuvor gehört Sexualität noch in die Intimsphäre des Einzelnen. Man spricht darüber weder zu Hause noch in der Öffentlichkeit. Lediglich Mediziner und Sexualwissenschaftler erforschen und diskutieren Sexualität, bringen Aufklärungsschriften und -filme heraus und bieten Sexualberatung an.
In den 20er Jahren macht man sich frei von den verknöcherten Moralvorstellungen der Kaiserzeit. Nacktheit ist kein Skandal mehr, die Ehe wird in Frage gestellt, und Dreiecksbeziehungen oder die »freie Liebe« werden ausprobiert.
Die Nazis schließen die Sexualberatungsstellen oder wandeln sie in Eugenikberatungsstellen um. Freizügige Darstellungen verschwinden aus der Presse. Sexualität dient nun der Zeugung von »rassereinem« Nachwuchs in »ehelicher Gemeinschaft«.
Nach dem Krieg propagiert der ostdeutsche Staat eine strenge Sexualmoral für den »neuen sozialistischen Menschen«. Prostitution und die Darstellung von Nackten in Zeitschriften oder Büchern werden verboten. Einzige Ausnahme ist die Zeitschrift »Das Magazin«. Hier darf der entblößte Körper dezent gezeigt werden.
Auch im Westen verschwindet Sexualität zunächst völlig aus der öffentlichen Diskussion. Erst der amerikanische Sexualwissenschaftler Alfred C. Kinsey sorgt für einen großen Liberalisierungsschub. Er weist nach, dass sich das tatsächliche sexuelle Verhalten der Bürgerinnen und Bürger ganz wesentlich von dem unterscheidet, was Kirche und Staat als gültige Moral vorschreiben.
In den 60er Jahren kommt die Antibabypille auf den Markt, in der Schule gibt es den ersten Sexualkundeunterricht, und Aufklärungsfilme wie »Helga« laufen in bundesdeutschen Kinos. Von »sexueller Revolution« ist in dieser Zeit überall die Rede.
Auch in Ostdeutschland kommt in diesen Jahren der Aufklärungsunterricht in die Schulen. Die Pille wird als ein willkommenes Instrument zur Familienplanung begrüßt und die Sitten werden lockerer.
In den folgenden Jahren fallen im Westen viele überholte Verbote, wie zum Beispiel der Kuppeleiparagraf. Junge Paare erhalten nun auch ohne Trauschein ein Hotelzimmer, »oben ohne« am Strand wird toleriert, Sex-Shops entstehen, und PAM-Kinos zeigen Pornofilme. Im Zuge dieser Liberalisierung wird auch die Homosexualität nach und nach gesellschaftlich akzeptiert.
Mit der Entdeckung der Immunkrankheit Aids geraten seit den 80er Jahren aber wieder die problematischen Seiten des Sex in die Schlagzeilen. Die Sexualmoral wandelt sich: Häufiger Partnerwechsel kommt in Verruf. Die Zeiten der »freien Liebe« und »ungezwungenen Sexualität« scheinen zu Ende zu sein.
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