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Stöbers Greif schrieb am 14.2. 2000 um 12:44:21 Uhr über

Geschmack

Geschmack bezeichnet in der Ästhetik und Kunsttheorie seit dem 17. Jahrhundert üblicherweise die subjektiven Grundlagen ästhetischer Werturteile. Die Bedeutung von Geschmack als einem besonderen Urteilsvermögen geht auf Gracián zurück, dessen »Weltmann« seinen guten Geschmack gerade darin beweist, daß er die Dinge frei von subjektiver Täuschung beurteilen kann. Im englischen Sensualismus wird der Geschmack (vor allem bei Shaftesbury) zu dem Vermögen, das Wahre subjektiv in Form der Schönheit wahrzunehmen, während bei Burke (1757) der Geschmack ein sinnliches Vermögen darstellt, das zwar allen Menschen gleichermaßen zukommt, aber erst durch Schulung und durch den Verstand zu einem ästhetischen Urteilsvermögen, dem »guten Geschmack«, geschärft werden muß. In Kants »Kritik der Urteilskraft« (1790) erfährt dann der Geschmack seine zentrale ästhetische Bestimmung: Geschmack ist das »Beurteilungsvermögen eines Gegenstands oder einer Vorstellungsart durch ein Wohlgefallen, oder Mißfallen, OHNE ALLES INTERESSE. Der Gegenstand eines solchen Wohlgefallens heißt SCHÖN«. Damit wird der subjektive Geschmack zur Quelle der Bestimmung des Schönen. Allerdings gehört es zur paradoxen Struktur des Geschmacksurteils, daß es, obwohl subjektiv, allgemeine Geltung beansprucht. Es fordert zwar nicht jedermanns Zustimmung, aber es sinnt jedermann eine »Einstimmung« an. Daß dieses Urteil einerseits in der subjektiven Erfahrung gründet, andererseits aber auch einen Anspruch auf Verbindlichkeit erheben kann, erklärt Kant durch das universalisierende Prinzip des »Gemeinsinns«, der es erlaube, das eigene Schönheitsempfinden mit anderen zu teilen.
Im 19. Jahrhundert verliert der Geschmack seine zentrale ästhetische Bedeutung, um im 20. als eher soziologische Kategorie wieder aufzutauchen. So ist der Geschmack etwa bei Bourdieu Ausdruck jenes durch soziale Herkunft und Bildung bedingten ästhetischen Distinktionsverfahrens, durch das in einer nur vordergründig egalitären Gesellschaft die »feinen Unterschiede« zwischen den Menschen und sozialen Gruppen als Unterschiede der geschmacksbedingten ästhetischen Vorlieben und Präferenzen kommuniziert werden.


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Tolle englische Texte gibts im englischen Blaster

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