Lieber Westen,
was müsste Putin tun, um sich dein Wohlgefallen zurückzuerobern? Er stieße bei dir auf breite Zustimmung, wenn er Tschetschenien in die Unabhängigkeit und den Ölmilliardär Michail Chodorkowskij aus dem Gefängnis entlassen, die Gesetze zur Stärkung der Machtvertikale zurücknehmen und auf jegliche staatliche Regulierung der Medien verzichten würde.
Das mögliche Resultat deiner edlen Forderungen wäre ein neues islamisch-fundamentalistisches Regime in Tschetschenien (beinhaltet das volle Programm: von Sklavenhaltung bis öffentlicher Hinrichtung), das – ähnlich wie die Taliban-Regierung bis 2001 – Terrorismus exportieren und langfristig die internationale Anti-Terror-Koalition, wie in Afghanistan, zur Invasion zwingen würde. Chodorkowskij würde sein Ölimperium, das 30 Prozent der russischen Ölreserven kontrolliert, an amerikanische Ölmultis verkaufen. Die russische Regierung wäre dann nicht mehr imstande, den strategisch wichtigen Wirtschaftszweig Energie nach eigenem Ermessen zum Wiederaufbau Russlands zur Großmacht zu nutzen. Chodorkowskij, der „Jukos“ vor zehn Jahren durch eine Insider-Regelung mit der Regierung zu einem lächerlichen Preis von 300 Millionen US-Dollar erstanden hatte, würde mit dem heutigen Verkaufserlös von 30 Milliarden US-Dollar, der in seine Tasche fließen würde, für den Kreml zu einem gefährlichen Opponenten aufsteigen, steckte er das Geld in eine Gegenbewegung zu Putin.
Das kann und darf nicht dein Ziel sein, verherter Westen. Bitte durchdenke deine Anklagen und Forderungen bevor du damit wieder unsre immer produktiver werdenden Beziehungen trübst.
Dein wohlwollender Freund und allgehorsamer Untertan
Russland
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