Sein und Haben gibt es auch bei der Persönlichkeit, jedenfalls sprachlich. Fremd ist mir beides, oder wohl eher bin ich ihr fremd. Jemand sei eine Persönlichkeit, meint nicht so etwas wie dass jemand Busfahrer sei, sondern eher Hund, Katze, Maus oder Homosapiens oder unabwaschbar parfümiert von Persönlichkeit, jede Faser seines Wesens ist eben Blabla. Jemand hat eine Persönlichkeit, bedeutet zum einen im Prinzip dasselbe, nur graduell vermindert, dann lässt man auch gern den unbestimmten Artikel weg, also: jemand hat Persönlichkeit. Haken drunter. Jemand hat eine Persönlichkeit, das ist dann aber auch noch mehr fachbegrifflich zu verstehen, also im Sinne von: Jeder hat eine Persönlichkeit, also einen Charakter, Merkmale, die ihn identifizieren, usw. Zwangsläufig würde die Wissenschaft protestieren müssen, wollte man behaupten, nein, man hätte gar keine Persönlichkeit, auch nicht in ihrem nüchternen Sinn, das wäre so, als hätte man kein Gewicht, also gar keins, nicht mal gleich Null. Nun gut, gegen die Wissenschaft kann man nicht leichtfertig schwätzen, schon gar nicht gegen eine, die man nicht versteht. Und wenn sie einem unheimlich ist, dann ist jedes Urteil ohnehin getrübt wie das über eine pelzige Spinne in der Badewanne. Das wäre also nur anmaßend. Allerdings gibt es den Zwischenbereich zwischen Persönlichkeit und Charakter, der heißt dann vielleicht Interessenlage, Überzeugungskonstanten oder Depressionsverhinderungsvektoren, der für die Wissenschaft weniger greifbar ist als für den Introspekteur. Dieser ganze Bereich existiert entweder nicht als eigener Teil, weil er eben von der Persönlichkeit umschlossen wird, dann geht er in der Persönlichkeit auf und man hat eben eine Persönlichkeit, oder aber er ist so diffus, dass er genau genommen leer ist. Äußerlich scheint es vielleicht gar nicht so zu sein, weil das Rad, das sich im Kopf dreht, eine natürliche Trägheit hat, aber die Unwucht, mit der es dauernd und manchmal bis zum Bersten schlingert, nimmt niemand wahr. Dass die Reibung auf Dauer die Unruhe beruhigt, ist auch nur scheinbar wahr, das Trudeln bleibt immer im Kern zurück, nimmt zu und haut jeden Ansatz von Persönlichkeit in Stücke. Definitiv hat die Abwesenheit von Persönlichkeit etwas Unangenehmes an sich, nicht nur für einen selbst. Und ich weiß nicht, was es für eine Krankheit ist, wenn man sie trotzdem nicht so recht haben will.
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