In der ersten Klasse lernten wir, wie man gerade sitzt, mit Hohlkreuz und auf dem Tisch verschränkten Armen, wie man sich schön devot meldet ohne Krähenlaute dabei auszustoßen, wie man der Lehrerin ihre geistige Fotze wunderbar blank leckt.
In der zweiten Klasse hatten wir mal eine Klassenfahrt nach Wolzig gemacht. Dort furzte ich eines Tages mächtig laut im Speisesaal, weil mir danach war. Ich durfte draußen weiter furzen und bekam nichts zu essen, obwohl meine Mutter dafür bezahlt hatte.
In der dritten Klasse, wir sangen ab und zu irgendwelche Lieder, hatte ich einmal gesungen: »Grün ja grün sind alle meine Kleider, weil mein Schatz ein Schwuler ist...« - Tadel! Nicht etwa, weil ich Schwule diskriminiert hätte, sondern, weil ich das Wort in lustigem Zusammenhang benutzt habe (hier mein erstes Zusammentreffen mit PC), wahrscheinlich, weil ich mich als Drittklässler überhaupt traute, dieses Wort zu benutzen.
In Klasse vier fuhren wir wieder nach Wolzig. Diesmal furzte ich nicht mehr im Speisesaal. Ich war ein Roboter geworden.
In der fünften Klasse trat ich einem Biologiezirkel bei, nachdem ich bereits bei Ringen und beim Fußball rausgeflogen war. Der Biolehrer hieß Herr Sedlacek und war eine Koryphäe auf dem Gebiet der Entomologie. Ich war Feuer und Flamme. Dann wurde er rausgeschmissen, weil er staatsfeindliche Hetze betrieben hatte. Mein Interesse an Biologie war im nu erloschen.
In der sechsten Klasse bekam ich einen Tadel dafür, daß ich einer Mitschülerin unter den Rock geguckt hatte, außerdem hatte ich keine Lust mehr, irgendwelche Hausaufgaben zu machen und fiel leistungsmäßig extrem ab. Ich interessierte mich stattdessen für Geschichte, las die Edda, schwenkte auf Ägyptologie um, dann wieder auf Rom, dann die Maya usw.. Leider bekam ich dafür keine Noten, denn dieses Wissen stellte Bildung dar, welche nicht im Zusammenhang mit Erziehung gelehrt worden war.
In der siebenten Klasse trat ich in einen Schachverein ein. Logische Zusammenhänge waren jetzt mein Ding, aber die Logik der Schulfächer ließ mich kalt. Mein eigentliches Ding war mittlerweile erwachsen geworden, was mir wichtiger war als die FDJ.
In der achten Klasse quälte ich Udo Schott, weil er stank.
Was war ich doch für ein toller, braver Hecht geworden.
In der neunten Klasse, während einer Klassenfahrt nach Burg Stargard, wo ich übrigens auch meinen ersten Vollrausch erlebt hatte, bekam ich das erste Mal richtig Kloppe von irgendeinem ortsansässigen Dorfkuseng, der mit seiner Mopedbande angerückt war.
Bei uns war außerdem eine Gruppe SED-Kandidaten untergebracht, welche uns jeden Morgen im Speisesaal mit einem kräftigen »Sieg Heil!« begrüßte.
Ich fand das interessant und machte mir, zuhause angekommen, eine Hakenkreuzbinde, welche ich einige Wochen lang unter dem Pullover trug.
In der zehnten Klasse konnte ich bloß noch auf den prächtigen Arsch und die schamlippenhaften Abformungen im Schritt meiner Deutschlehrerin achten. Mein Interesse an Literatur stieg wieder ungemein.
Jetzt hatte ich also die mündliche Russischprüfung bestanden und rauchte eine Zigarette vor dem Schulgebäude.
Auf einmal machte es plopp und die Wände meines Realitätstunnels wurden durchsichtig. Ich brauchte noch einige Jahre, um zu verstehen, was wirklich los war.
|